# taz.de -- Reisewarnung für Türkei: Hurra, die Deutschen kommen
       
       > Deutschland hebt seine Reisewarnungen für Teile der Türkei auf – und die
       > Tourismusbranche freut sich. Doch die Corona-Infektionen steigen wieder.
       
 (IMG) Bild: Noch ist der Strand in Antalya leer, das könnte sich nach Aufhebung der Reisewarnung bald ändern
       
       ISTANBUL taz | Der größten türkischen Tageszeitung Hürriyet ist es einen
       Aufmacher wert: „Deutschland öffnet seine Tore“. Am Dienstagnachmittag gab
       das deutsche Außenministerium bekannt, dass die Reisewarnung für die
       Provinzen Izmir, Aydın, Muğla und Antalya mit sofortiger Wirkung aufgehoben
       wird.
       
       In diesen vier Provinzen liegen die wichtigsten [1][Urlaubszentren der
       Türkei am Mittelmeer und an der Ägäis], von Çeşme bei Izmir über Bodrum und
       Marmaris in der Provinz Muğla bis zur türkischen Riviera von Antalya bis
       Alanya. Als Grund für die Aufhebung gibt die Bundesregierung an, dass die
       Infektionszahlen in diesen Provinzen bislang sehr niedrig sind.
       
       Die türkischen Hoteliers und Touristikunternehmen sind hocherfreut,
       darunter auch der Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy, dessen Familie
       selbst im Tourismus tätig ist. Die Entscheidung der Bundesregierung ist
       wohl das Ergebnis massiver türkischer Lobbyarbeit.
       
       Ersoy und der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu waren Anfang Juli
       nach Berlin gereist, um dort Auflagen und Hygienekonzepte für Hotels und
       andere touristische Einrichtungen vorzustellen. Sie versprachen, dass jeder
       Deutsche dort sicher Urlaub machen könne. Aber auch deutsche
       Tourismuskonzerne wie TUI haben Druck gemacht, denn die Türkei ist der
       drittgrößte Reisemarkt für deutsche Urlauber. Nicht zuletzt dürfte auch die
       große Zahl von Deutschtürken, die verunsichert waren, ob sie ihre Familien
       in der Türkei besuchen können, eine Rolle gespielt haben.
       
       ## Rückflug nur mit negativem Testergebnis
       
       Die türkischen Behörden haben nun zugesagt, dass jeder deutsche Urlauber
       vor seinem Rückflug einen Coronatest in der Türkei machen muss und [2][nur
       mit einem negativen Testergebnis] in den Flieger steigen darf. Wer positiv
       getestet wird, muss für zwei Wochen in der Türkei in Quarantäne bleiben.
       Wie das bei Reisenden durchgeführt werden kann, die mit dem Auto in die
       Türkei gekommen sind, ist unklar.
       
       Ob die Aufhebung der Reisewarnung nun tatsächlich noch zu einem großen
       Ansturm auf die türkischen Strände führen wird, ist allerdings zweifelhaft.
       In Spanien, Italien und Griechenland zeigt sich, dass die [3][Deutschen mit
       Auslandsreisen sehr zurückhaltend] sind. Die Wiederaufnahme von
       Charterflügen aus Großbritannien und Russland in die Türkei vor einigen
       Tagen hat ebenfalls gezeigt, dass die Anzahl der Touristen aus diesen
       Ländern sehr begrenzt bleibt.
       
       Dennoch waren in den letzten Tagen viele Strände der Türkei brechend voll –
       mit einheimischen Urlaubern. Das Opferfest, Kurban-Bayram, das mit
       Weihnachten vergleichbare wichtigste religiöse Fest im Islam, fiel in
       diesem Jahr auf Ende Juli und Anfang August. Die damit verbundenen Ferien
       führten zu einem regelrechten Ansturm aus Istanbul, Ankara und anderen
       Großstädten auf die Urlaubsregionen an der Ägäis und am Mittelmeer.
       
       Viele Medien berichteten von überfüllten Strände, an denen die Leute alle
       Abstandsregeln außer Acht ließen und keinen Mundschutz trugen. Sämtliche
       Experten, einschließlich Gesundheitsminister Fahrettin Koca, waren
       alarmiert und warnten vor neuerlichen Ansteckungen.
       
       ## Intensivstationen sind wieder voll
       
       Tatsächlich gehen die Zahlen der täglichen Neuinfektionen mit dem
       Coronavirus wieder dramatisch in die Höhe: Erstmals seit Mai sind sie
       offiziell wieder über die Marke von 1.000 gestiegen. Doch das ist laut
       vielen Experten völlig untertrieben. Die [4][Tageszeitung Cumhuriyet]
       berichtet am Mittwoch, dass es laut der zuständigen Ärztekammer allein in
       der Hauptstadt Ankara mehr als 1.000 Neuinfektionen an einem Tag gegeben
       hat.
       
       Die Zeitung zitiert den Oberbürgermeister von Ankara, Mansur Yavaş, mit den
       Worten: „Wir sind wieder da angekommen, wo wir Anfang März waren.“ Auch in
       Istanbul berichten Ärzte und anderes medizinisches Personal, dass die
       Intensivstationen der Krankenhäuser wieder voll seien.
       
       Für die jetzt [5][von der Bundesregierung von der Reisewarnung befreiten
       Urlaubsregionen] gibt es zwar noch keine neue Zahlen, doch die Konsequenzen
       der Bayram-Ferien werden sich erst in einigen Tagen zeigen. Möglicherweise
       kommt die Aufhebung der Reisewarnung gerade im falschen Moment.
       
       5 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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