# taz.de -- Widerstand gegen Garzweiler II: Baggerbesetzer im Hungerstreik
       
       > Sie sind gegen das Abbaggern von Braunkohle. Zehn AktivistInnen müssen
       > deshalb in Gewahrsam – auf umstrittener Rechtsgrundlage.
       
 (IMG) Bild: Proteste gegen die Braunkohleförderung gibt es in der Region Garzweiler seit Jahren
       
       AACHEN taz | Acht vorläufig festgenommene BraunkohlegegnerInnen in
       Nordrhein-Westfalen sind seit diesem Montag im Hungerstreik. Noch am
       Wochenende hatten sich abermals an die 2.000 Menschen am Tagebau Garzweiler
       II nahe Erkelenz versammelt, um sich der Enteignung der AnwohnerInnen
       entgegenzustellen und den [1][Abriss von sechs Dörfern für das Abbaggern
       von Braunkohle zu verhindern.]
       
       Die Demonstrationen begannen mit einer Baggerschaufel-Performance der
       Aachener Gruppe Artists for Future unter dem Slogan „Heimatfresser.
       Schaufelei ist vorbei“. Für sieben Aktivistinnen und drei Aktivisten endete
       der Tag im Knast.
       
       Zwölf AktivistInnen von [2][Extinction Rebellion (XR)], [3][Fridays for
       Future] und [4][Ende Gelände] hatten einen RWE-Braunkohlebagger besetzt,
       der schon direkt vor dem Örtchen Keyenberg wühlt. Polizeikräfte aus Aachen
       rückten mit Höheninterventionsteams an und nahmen sie nach neun Stunden
       Baggerblockade vorläufig fest.
       
       Zehn BesetzerInnen weigerten sich, ihre Identität preiszugeben, und hatten
       ihre Fingerkuppen mit Sekundenkleber versehen, um Fingerabdrücke zu
       verhindern. Sie verweigern die Angabe ihrer Namen, um später
       Unterlassungserklärungen zu verhindern sowie mögliche
       Schadenersatzforderungen des Energiekonzerns RWE. Ein XR-Sprecher hatte bei
       zwei Inhaftierten von Fridays for Future Zweifel, „ob die überhaupt schon
       volljährig sind, so jung wie die aussehen“.
       
       ## „Mittel der Einschüchterung und Bestrafung“
       
       Laut Polizeigesetz der Laschet-Regierung von 2018 können in
       Nordrhein-Westfalen Personen bis zu sieben Tage in dauerhafte
       Ingewahrsamnahme genommen werden, also weggesperrt. Verkauft wurde das
       Gesetz damals als Mittel gegen Hooligans, terroristische Gefährder, Clans
       und Rechtsradikale. Die Garzweiler-Festgenommenen sollen bis mindestens
       Freitag auf den Polizeiwachen bleiben. „Vollkommen unverhältnismäßig“, sagt
       Carla Hinrichs von XR. Da werde „präventiver Gewahrsam als Mittel der
       Einschüchterung und Bestrafung missbraucht. Das untergräbt den
       Rechtsstaat.“
       
       Die zehn Festgenommenen wurden zudem auf sieben Orte im Rheinland und im
       Ruhrgebiet verteilt. Das erschwert Kontakte und Solidaritätsbekundungen.
       Absprachen verhinderte es allerdings nicht: Seit Montag verweigern acht der
       zehn Inhaftierten die Nahrungsaufnahme, mindestens zwei von ihnen auch das
       Trinken. Einer musste nach 36 Stunden ohne Flüssigkeit im Krankenhaus
       behandelt werden und beendete daraufhin den Durststreik.
       
       Ein Polizeisprecher bestätigte, dass es das richterliche Einverständnis
       „zum Langzeitgewahrsam“ gebe. Warum die zehn auf unterschiedliche Orte
       verteilt wurden? „Weil die Kapazitäten in den Wachen nicht ausreichen. Das
       ist alles sehr aufwändig.“ In Aachen sei indes niemand, sagt er, das neue
       Präsidium sei Anfang der Woche im Bereich der Zellen wieder umgebaut
       worden. Schon am Dienstag hatte die Aachener Polizei mitgeteilt, es werde
       „fortlaufend die Gewahrsamsfähigkeit geprüft“; und die sei „nach
       Einschätzung der Ärzte weiter gegeben“.
       
       Seit Dienstagmorgen, 1. September, finden an mehreren Orten Solimahnwachen
       statt. Das Motto: „[5][Unsere Solidarität] gegen ihre Repression!“
       
       2 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Müllender
       
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