# taz.de -- Die Wahrheit: Beim Treffen der Obleute
       
       > Ob diese Kolumne nicht zu weit geht? Soviele Obs in einem Text... obwohl,
       > ob der Häufigkeit der Silbe in einem einzigen Artikel – lesen Sie selbst!
       
 (IMG) Bild: Die Fuchtelweltmeisterin Klara Geywitz
       
       Obmänner und Obfrauen trifft man im Bundestag, bei den Kleingärtnern, im
       Sportverein – sie sind allgegenwärtig. Aber wo kommen sie her? Eine Frage,
       die mich bis in meine kühnsten Träume hinein beschäftigt.
       
       „Ob wir wohl Ihre Eintrittskarte sehen dürften“, werde ich kürzlich von
       einem etwas tatterig wirkenden Herren begrüßt. „Ich bin von der Presse und
       wohl auf der Gästeliste“, entgegne ich. „Ob das wohl stimmt“, murmelt der
       Herr, „obwohl ja. Oben. Oben stehen Sie“, stellt er fest. Und schon sind
       wir drin.
       
       Wir setzen uns zu redselig scheinenden Obleuten und machen Small Talk: „Wo
       kommen Sie denn alle so her?“ – „Aus „Oberursel! Oberhausen! Obernburg!
       Oberhof! Oberammergau!“, schallt es fröhlich. Dann stellt sich eine Dame
       aus Rheda-Wiedenbrück vor. Ein wenig frustriert verabschieden wir uns und
       recherchieren weiter.
       
       Auf unserem Weg durch die Konferenz werden wir vom Ober mit einem lauten
       „Obacht!“ zur Seite gedrängt. Er serviert Obatzter an einen Tisch mit
       bayerischen Obleuten, die vor dem Abbild eines spitz aufragenden
       Steinpfeilers zechen. „Was für ein obskurer Obelisk“, tönt es neben uns.
       Der Obmann vermutet beim Künstler eine „geradezu obszöne Haltung zu
       Phallussymbolen. Fast wie bei meiner Frau“, lacht er. Sie arbeite in der
       Urologie. „Als Oberärztin“, erzählt er ungefragt. Er selbst sei auch Arzt,
       Gerichtsmediziner. „Ich sage aber lieber Obduzierer.“ Und da lernen wir
       seine Frau schon kennen, denn die Oberurologin ist ebenso Obfrau. Sie
       erscheint etwas verspätet zur Obleutekonferenz. „Oberleitungsschaden bei
       der S-Bahn“, entschuldigt sie sich.
       
       Das Paar begibt sich ins Obergeschoss an einen Tisch mit anderen Obleuten.
       Wir folgen den beiden, um mehr über die beruflichen Hintergründe der
       Obleute zu erfahren. Ob dessen lernen wir einen Oberst, einen
       Oberbürgermeister und eine Oblatenfabrikantin kennen.
       
       Obleute stammen offenbar aus der Oberschicht, werfen wir rhetorisch fragend
       in die Runde. „Das ist wahrlich zu oberflächlich“, kontert ein Mann im
       Obelix-T-Shirt. „Obrigkeiten sind uns vollkommen egal“, ergänzt eine Mutter
       Oberin. Das Auswahlkriterium sei Leidenschaft. „Oder Besessenheit!“, wirft
       ein anderer Obmann ein. „Man sagt heute: Obsession“, verbessert die Mutter
       Oberin, die uns zum Beweis für diese objektive Haltung auf eine Dame im
       Raum aufmerksam macht: Ludmilla stammt aus Berdsk in Russland und ist
       Gärtnerin. „Obstgärtnerin?“, fragen wir nach. „Auf Ludmillas
       landwirtschaftlichem Objekt wird ausschließlich Gemüse angebaut“,
       bescheidet uns die Obfrau streng.
       
       Der Ober kommt auf uns zu. „Soll es noch was sein, obendrein?“ Wir ordern
       Obstler. Während wir den Obolus entrichten, stimmt die Band ein Lied von
       den Beatles an: „Obladi-Oblada“. Und just da wir den Schnaps trinken, fällt
       es uns auf: Alle Menschen hier haben unglaublich ausgeprägte O-Beine. Oh
       mein Gott! Dann wache ich auf.
       
       12 Sep 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Günter Flott
       
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