# taz.de -- Kohlekraftwerk in Hamburg: Unmut nach dem Fall
       
       > Die Ankündigung von Vattenfall zur Stilllegung des Kohlekraftwerks
       > Moorburg ist umstritten. Auch der Zeitplan ist unklar.
       
 (IMG) Bild: Vollbremsung mit Ansage: Gewinnbringend war das Kohlekraftwerk Moorburg für Vattenfall nie
       
       HAMBURG taz | Moorburg fällt, so viel ist sicher. Doch nach [1][der
       Ankündigung von Vattenfall, sein hoch defizitäres Kohlekraftwerk stilllegen
       zu wollen], bleibt weiter offen, wann die Abschaltung erfolgt – und wie es
       mit dem Standort weitergeht. Dabei befürchten CDU und der Industrieverband
       bereits Versorgungsengpässe. Alles kein Problem, sagt hingegen der
       Umweltverband BUND. Und irgendwo dazwischen findet sich der Senat wieder.
       
       Am Freitag gab Vattenfall bekannt, dass es an der Auktion zur Stilllegung
       von Kohlekraftwerken der Bundesnetzagentur teilnehmen wolle. Mit dieser
       Auktion will die Bundesregierung die Stilllegung von Kraftwerkskapazitäten
       gegen Entschädigung voranbringen. Dabei ist jedoch unklar, ob Vattenfall
       gegen andere Bewerber den Zuschlag erhält.
       
       Die Entscheidung der Bundesnetzagentur wird erst für Dezember erwartet.
       Grundlage der Entscheidung ist einerseits die Höhe der Entschädigung – wer
       weniger Geld fordert, hat bessere Chancen. Die zweite Richtschnur für die
       Entscheidung ist die Summe des eingesparten CO2-Ausstoßes im Fall einer
       Stilllegung.
       
       Weil Moorburg zu den modernsten Kraftwerken gehört, ist die Effizienz höher
       – je erzeugter Stromeinheit wird andernorts deutlich mehr CO2 ausgestoßen.
       Sollten sich mehr stilllegungswillige Betreiber von Kraftwerken bewerben,
       könnte es für Vattenfall eng werden.
       
       ## Ist Moorburg systemrelevant?
       
       Wenn Moorburg bei der Aktion einen Zuschlag erhält, prüft die
       Bundesnetzagentur noch, ob sie es als systemrelevant für die
       Energieversorgung einstuft. „Sollte dies der Fall sein, müssen die Anlagen
       weiterhin betriebsbereit sein, falls sie zur Versorgungssicherheit benötigt
       werden“, sagt Fiete Wulff von der Netzagentur in Bonn. Dann würde Moorburg
       nicht sofort stillgelegt werden, aber nur noch in diesen seltenen Fällen
       Strom produzieren.
       
       Die Hamburger CDU schnauft schon vor Wut. „Das effizienteste Kohlekraftwerk
       Europas abzuschalten, während das älteste und schmutzigste Kohlekraftwerk
       in Wedel auf unbestimmte Zeit weiterläuft, ist an Absurdität nicht zu
       überbieten“, echauffiert sich Stephan Gamm, energie- und
       klimaschutzpolitischer Sprecher der Fraktion.
       
       Einhergehen damit Sorgen des Wirtschaftsverbands. „Die größte deutsche
       Industriestadt Hamburg, unter anderem mit Metallerzeugung, Petro- und
       chemischer Industrie, ist auf eine zuverlässige Energieversorgung dringend
       angewiesen“, sagt Matthias Boxberger, Vorstandsvorsitzender des
       Industrieverbands Hamburg (IVH). Der IVH fürchtet nämlich um eine ständige
       Verfügbarkeit von Strom für die energieintensiven Unternehmen in Hamburg.
       
       Manfred Braasch vom BUND, [2][der über Jahre hinweg gegen das Kraftwerk
       juristisch vorgegangen war], hält das hingegen für schwache Argumente, die
       kaum haltbar seien. „Der Mechanismus der Auktion sorgt dafür, dass auf
       möglichst effiziente Weise der höchstmögliche CO2-Ausstoß beendet wird“,
       sagt Braasch.
       
       ## Senat mit widersprüchlichen Reaktionen
       
       Zudem würden zugunsten Moorburgs keine älteren Kraftwerke weiterbetrieben.
       „Durch steigende CO2-Zertifikatspreise und die immer günstiger werdenden
       Alternativen kommt es automatisch zu einer Marktbereinigung, die zur
       Abschaltung der ineffizienten Kraftwerke führt“, sagt Braasch.
       
       Er glaubt aber nicht, dass Vattenfall in Moorbug weiter Strom produziert,
       wenn es keinen Zuschlag bei der Auktion erhält. „Der laufende Betrieb lohnt
       sich für Vattenfall nicht.“
       
       Im Hamburger Senat sind seit der Stilllegungsankündigung widersprüchliche
       Reaktionen zu vernehmen. Während Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne)
       jubelte, scheinen in der von Michael Westhagemann (parteilos) geführten
       Wirtschaftsbehörde die Sorgen zu überwiegen. „Es stellen sich jetzt, auch
       hinsichtlich der Versorgung, viele Fragen“, sagt Behördensprecherin Susanne
       Meinecke.
       
       Gleichwohl will die Behörde an einer [3][Machbarkeitsstudie über eine
       alternative Nutzung des Standorts] festhalten. „Wir wollen weiterhin ein
       Zukunftskonzept für ein fähiges Kraftwerksgelände“, sagt Meinecke.
       
       8 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Vattenfall-will-Klimakiller-abschalten/!5709411&s=moorburg/
 (DIR) [2] /Umweltschuetzer-setzen-sich-durch/!5074863/
 (DIR) [3] /Koalitionsverhandlungen-in-Hamburg/!5687252&s=moorburg/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) André Zuschlag
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Moorburg
 (DIR) Vattenfall
 (DIR) Umweltbehörde Hamburg
 (DIR) Kraftwerk
 (DIR) Kohle
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Klima
 (DIR) Grüne Hamburg
 (DIR) Energiewende
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kohlekraftwerk verringert CO2-Ausstoß: Eine Schippe weniger in Wedel
       
       Das Kohlekraftwerk Wedel sollte eigentlich längst abgeschaltet sein. Jetzt
       will Hamburg es mit einem kleineren CO2-Ausstoß fahren.
       
 (DIR) Vattenfall will Klimakiller abschalten: Moorburg kann weg
       
       Konzernchef Magnus Hall bietet Abschaltung des Kohlemeilers gegen
       Millionen-Entschädigung an – weil er nach Klagen des BUND unwirtschaftlich
       ist.
       
 (DIR) Koalitionsverhandlungen in Hamburg: SPD und Grüne auf der Zielgeraden
       
       Die Verhandler sind sich beim Streitthema Wirtschaft und Umwelt einig. Die
       Grünen sind jetzt für den Bau der Autobahn, dafür darf der Wald bleiben.
       
 (DIR) Saurer Teilchenregen in Wedel: Kraftwerk geht ins Auge
       
       Wedeler Bürger wollen das Heizkraftwerk Wedel per Eilantrag stilllegen
       lassen. Sie sehen sich durch ätzende Partikel gefährdet.