# taz.de -- Investor steigt bei Oatly ein: Hafermilchfans wittern Verrat
       
       > Das schwedische Hafermilchunternehmen Oatly braucht Kapital – und holt es
       > sich ausgerechnet bei der US-Investmentgesellschaft Blackstone.
       
 (IMG) Bild: Oatly will größer werden – so wie hier im Supermarkt im Kühlregal
       
       STOCKHOLM taz | Hafermilch schmeckt lecker. Und die vegane Alternative zu
       Kuhmilch ist auch noch wesentlich klimafreundlicher, hat [1][Stiftung
       Warentest gerade bestätigt: 69 Prozent weniger Treibhausgase.]
       
       „Hey food industry, show us your numbers“, lautete die Werbebotschaft, mit
       der [2][der schwedische Hafermilchproduzent Oatly] im vergangenen Jahr mit
       einem großen Wandgemälde in der Stockholmer Södermannagatan Aufmerksamkeit
       erregte. „Sie machen es nicht, wir machen es“, sagte Oatly-Chef Toni
       Petersson im Juli in einem Interview mit Svenska Dagbladet: „Unsere Kunden
       wissen, dass ein Liter Hafermilch einen Klimafußabdruck von nur 0,35
       Kohlendioxidäquivalenten verursacht. Und wir sind stolz auf unsere Zahlen.“
       
       Zu Recht. Oatly befindet sich in einer rasanten Wachstumsphase: Die
       100-Millionen-Euro-Umsatz-Hürde wurde im vergangenen Jahr genommen, 200
       Millionen sollen es in diesem Jahr sein, 2023 eine Milliarde. Aber
       Expansion braucht Kapital. Und das besorgt sich Oatly bei Blackstone, an
       das man für 200 Millionen Dollar 10 Prozent der Unternehmensanteile
       verkauft hat.
       
       Ausgerechnet Blackstone, kritisiert Fredrik Gertten, ein schwedischer
       Filmemacher, der sich mit Dokus zu Umweltthemen mehrere Preise gewonnen
       hat. Blackstone habe massive Investments in der Sojaindustrie, die den
       brasilianischen Regenwald zerstört: „Das Soja wird dann nach China
       verschifft, wo es in einer gigantischen Agrarindustrie an Schweine, Hühner
       und Fische verfüttert wird.“ Also eine Industrie, gegen die Oatly ihre
       Marke aufgebaut habe.
       
       Petersson mag darin keinen Widerspruch sehen. Im Gegenteil. Blackstone
       werde Oatly nicht verändern. „Wer sich bei uns einkauft, weiß, dass wir
       eine deutliche Agenda haben.“ Er glaube eher, dass dieses Beispiel die
       Entscheidungen von Investmentgesellschaften verändern könne, in welchen
       Sektoren sie investieren sollen: „Das schickt doch extrem starke Signale an
       den Kapitalmarkt.“
       
       Petersson ist überzeugt, „Kapital grün machen“ zu können: „Sollen wir nur
       an der Seitenlinie stehen und rufen oder versuchen, von innen etwas
       bewirken zu können?“ Außerdem könne ein Investor, der Kapital in Oatly
       stecke, das schon nicht mehr in die Förderung umweltzerstörender
       Aktivitäten investieren.
       
       „Wir hatten lange Gespräche mit Blackstone“, betont
       Oatly-Kommunikationschefin Linda Nordgren: „Die glauben wirklich an unsere
       Vision und bemühen sich um haltbare Zukunftsinvestitonen.“ Es sei
       „faszinierend“, wie Oatly eine Marke zum Thema „So retten wir die Tiere und
       unseren Planeten aufgebaut hat“, sagt Eva Ossiansson,
       Warenzeichenforscherin an der Universität Göteborg: „Die Marke wurde zu
       einem Statement.“ Für viele Kunden „haben die Produkte regelrechten
       Kultstatus“.
       
       Doch das ist auch eine Gefahr, meint Nikodemus Solitander,
       Managementprofessor an der [3][Handelshochschule Helsinki]: „Wenn
       Verbraucher ihre Vorstellungen zu Ethik und Moral auf ein Unternehmen
       projizieren, können sie ganz leicht enttäuscht werden.“
       
       ## Wer verändert wen?
       
       Für ein Unternehmen wie Oatly gehe es in erster Linie um Wachstum: „Sie
       müssen mehr Kapital hereinholen und das Kapital ist eben nicht immer
       ethisch.“ Für Blackstone gehe es darum, sich mit Investitionen, die als
       „grün“ gelten, zu profilieren.
       
       Es sei eine Illusion zu glauben, dass ein kleines Unternehmen wie Oatly
       einen Riesen wie Blackstone dazu veranlassen könne, sich beispielsweise von
       Firmen, die den Amazonas zerstören, zu trennen: „Da baut die linke Hand
       eben auf, was die rechte zerstört.“ Auch Jakob König, Projektmanager bei
       der Verbraucherorganisation [4][Fair Finance Guide] Sverige, hält es für
       problematisch von Oatly, sich mit Blackstone „einen weiteren kontroversen
       Eigentümer ins Boot zu holen“.
       
       Da ist nämlich schon einer: China Resources, das vom chinesischen Staat
       kontrolliert wird, ist mittlerweile zusammen mit dem belgischen
       Investmentunternehmen Verlinvest, das dem weltweit größten Bierkonzern
       Inbev gehört, Oatlys Haupteigentümer. Als sich das Anfang des Jahres in der
       Kundschaft herumsprach, hatte es bereits empörte Reaktionen auf der
       Oatly-Website gegeben: „Mir hat Oatly gefallen und ich war stolz, bis ich
       heute erfahren habe, dass der chinesische Staat eine großer Eigentümer ist.
       Wie könnt ihr so ahnungslos sein und euch von einer Diktatur, die Menschen
       verfolgt, kaufen lassen? Ich verstehe gar nichts mehr. Heute ist mein Stolz
       über Oatly verschwunden.“
       
       „Ich verstehe, wenn man solche Fragen stellt“, gesteht Petersson: „Als
       Kunde würde ich da auch Fragen haben.“ Natürlich sei man für
       Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenrechte: „Das ist doch
       selbstverständlich.“ Aber diese Eigentümer hätten nichts mit der Strategie
       des Unternehmens zu tun. „Wir sind ein selbständiges schwedisches
       Unternehmen und unsere Unternehmensleitung allein bestimmt unsere
       Strategie.“
       
       2 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.test.de/Haferdrinks-im-Test-Drei-schmecken-sehr-gut-5602858-0/
 (DIR) [2] https://www.oatly.com/de/
 (DIR) [3] https://www.aalto.fi/en
 (DIR) [4] https://www.fairfinanceguide.de/ffg-d/start/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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