# taz.de -- Mehr Bedürftige, weniger Angebot: Tafel bleibt ungedeckt
       
       > Um 20 bis 30 Prozent ist die Zahl der Bedürftigen bei der Hamburger Tafel
       > seit Beginn der Pandemie gestiegen. Es fehlt nun an Großspenden.
       
 (IMG) Bild: Die Vorräte werden knapp: Mehr Hamburger*innen brauchen Lebensmittel von der Tafel
       
       HAMBURG taz | Die Schlangen werden länger, die Vorräte knapper: Die
       Hamburger Tafel vermeldet eine steigende Zahl bedürftiger Menschen an ihren
       Ausgabestellen. 20 bis 30 Prozent mehr seien es seit Beginn der
       Coronapandemie geworden. Gleichzeitig fehlt es an gespendeten
       Nahrungsmitteln.
       
       „Vor allem wegen der ausbleibenden Großspenden kommt nicht genug Ware
       rein“, sagt Julia Bauer von der Hamburger Tafel. Es ist eine Krise, die
       sich jetzt mit erwartetem Verzug bemerkbar macht: „Es treten die Probleme
       ein, die wir schon im März befürchtet hatten“, sagt Bauer.
       
       Bei vielen Leuten, die im März in Kurzarbeit geschickt wurden oder ihren
       Minijob verloren haben, seien die finanziellen Polster mittlerweile
       aufgebraucht. „Jetzt registrieren sich in allen Stadtteilen zunehmend mehr
       Menschen“, sagt Bauer. In Stadtteilen wie Eidelstedt, Tonndorf oder
       Rahlstedt sei die Zahl der Berechtigten zur Abholung von Lebensmitteln
       besonders gestiegen.
       
       „Hier haben wir bislang keine hohe Dichte an Ausgabestellen“, sagt Bauer.
       Deshalb wollen die Ehrenamtlichen zusätzliche Ausgabetage anbieten – auch,
       um wegen der Infektionsgefahr keine zu großen Warteschlangen zu haben.
       Schon vor der Pandemie gab es täglich rund 30.000 Lebensmittelausgaben pro
       Woche. „Jetzt sind wir deutlich darüber“, sagt Bauer.
       
       ## Weniger als Hartz-4
       
       Für den Sozialverband SoVD ist das kaum überraschend. Zwar gehören diese
       Stadtteile nicht zu den ärmsten, allerdings liegen sie auch unter dem
       Hamburger Durchschnittseinkommen. „[1][Die Lebenshaltungskosten sind in
       Hamburg insgesamt zu hoch] und dann reicht es hier sogar trotz eines Jobs
       häufig nicht mehr“, sagt Heide Pusch vom SoVD. Die Mieten steigen
       schließlich weiter. Mehr als 100.000 Hamburger*innen haben [2][ein
       Einkommen unterhalb der Niedriglohnschwelle.]
       
       Damit stehe man finanziell kaum besser da als Hartz-4-Empfänger*innen, sagt
       Pusch. „Überdies sind besonders diejenigen betroffen, die sich vor der
       Pandemie noch mit einem Minijob durchschlagen konnten“, sagt sie. Viele
       Minijobs sind durch die Pandemie weggebrochen.
       
       Um den Tafelbetrieb aufrecht zu erhalten, braucht es Großspenden. „Wir
       brauchen jetzt mehr Ware, nur bekommen wir derzeit zu wenig“, sagt Bauer.
       Es gibt kaum Messen, kaum Konferenzen und die Hotels haben weiter wenig
       Gäste: Die üblichen Großspender*innen haben mittlerweile kaum noch Nahrung
       abzugeben. „In sämtlichen Bereichen der Nahrungsmittelbranche wird nur
       extrem vorsichtig bestellt“, sagt Bauer.
       
       Dabei ist die Tafel logistisch für größere Spenden aufgestellt. Kühllaster
       und Transporter sind ausreichend vorhanden. Schließlich ist die Hamburger
       Tafel auch eine Art Dreh- und Angelpunkt für viele Tafeln im Norden, die
       zum Teil von Hamburg mitversorgt werden. „Wir können – 'leider’ muss man
       angesichts des wachsenden Bedarfs sagen – mit großen Mengen problemlos
       umgehen“, sagt Bauer. Kleinere Spendenmengen seien zwar nett gemeint, aber
       logistisch zu arbeitsintensiv.
       
       Immerhin: Die Arbeit der Ehrenamtlichen funktioniert mittlerweile wieder
       weitgehend problemlos. Zu Beginn der Pandemie war [3][die Sorge um die
       Ansteckungsgefahr nicht nur wegen der Warteschlangen vor den Ausgabestellen
       groß].
       
       Es musste auch Rücksicht auf die Gesundheit der Ehrenamtlichen genommen
       werden. „80 Prozent unserer Ehrenamtlichen sind über 60 Jahre alt“, sagt
       Bauer. Einige Ausgabestellen waren vorübergehend geschlossen. Doch das
       Hygienekonzept habe funktioniert, auch vermehrt Jüngere hätten sich
       engagiert.
       
       15 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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