# taz.de -- Sechs Jahre Pegida: Erstarrte Protestrituale
       
       > Zum sechsten Jahrestag von Pegida ist nicht mehr viel übrig von der
       > Organisation. Sie hat sich als diskursunfähig erwiesen und ist in
       > Ritualen erstarrt.
       
 (IMG) Bild: Ohne Hut, dafür mit Mütze: ein Demonstrant während eines Pegida-Protestmarschs im März 2016
       
       „Wir werden siegen“, behauptete eine der wenigen verbliebenen
       [1][Pegida-Fahnen] am Montagabend auf dem Dresdner Altmarkt unverdrossen.
       Doch von einer Selbstfeier zum sechsten Jahrestag des ersten Aufmarsches
       2014 konnte schon vorab keine Rede sein. Auf eine Versammlung am Sonntag
       verzichtete die fremdenfeindliche Bewegung angeblich wegen der
       Corona-Auflagen. Und zum Auftakt der „Geburtstagsfeierwoche“ am Montag
       blieb die Teilnehmerzahl deutlich unter der von 390 zu ihrem Schutz
       eingesetzten Polizeibeamten. In nur 50 Metern Entfernung hielten 200
       trommelnde junge Gegendemonstranten lautstark dagegen.
       
       Genugtuung mag ob der grotesk anmutenden Reste von Pegida dennoch nicht
       aufkommen. Denn die 25.000 Demonstranten und eine noch höhere Zahl von
       Sympathisanten, die Anfang 2015 gegen so ziemlich alles motzten, was
       außerhalb ihres Horizonts lag, sind nicht verschwunden. Sie sind heute
       [2][Wähler der AfD] oder engagieren sich sogar in dieser Partei, wo sie den
       gleichen [3][restaurativen Ungeist] vorfinden. Zwischen die „Alternative“
       und Pegida passt denn auch im Mutterland Sachsen kein Blatt Papier des
       Grundgesetzes. AfD-Landeschef Jörg Urban und der vorerst ausgeschlossene
       „Flügel“-Mann Andreas Kalbitz redeten auf den „Abendspaziergängen“ von
       Pegida.
       
       Pegida-Häuptling Lutz Bachmann hatte immerhin schon 2016 erkannt, dass sein
       Pegida-Haufen politisch nicht handlungsfähig ist – schon die angekündigte
       Gründung einer Pegida-Partei blieb kläglich stecken – und vergeblich einen
       Anschluss an Institutionalisierte wie die AfD versucht. Tatsächlich haben
       viele Abendlandsretter der ersten Stunde den schrumpfenden
       „Widerstandspartys“ den Rücken gekehrt. Einzelne sitzen immerhin im
       Stadtrat oder in Dresdner Ortsbeiräten.
       
       Pegida erstarrte in Ritualen und immer gleichen Rufen. An den
       „Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes“ kann man
       den Niedergang einer rein destruktiven Protestbewegung studieren. Sie hat
       sich als diskursunfähig und politisch nur über die große Schwester AfD
       anschlussfähig erwiesen. Ob Bachmann sein prahlerisches „Dresden zeigt,
       wie's geht“ selbstironisch meint?
       
       ## Nachhaltige Schäden
       
       Beim kurzen Montagstreff war dennoch davon die Rede, dass Pegida Geschichte
       geschrieben habe. Das trifft leider auf makabre Weise zu. Den Nimbus
       Dresdens als sehenswerte Kulturstadt haben die Motzkis zwar nicht zerstören
       können: Es reisen wieder mehr Touristen an. Viel nachhaltiger haben diese
       sechs Jahre Dresdner Mentalitäten in Misskredit gebracht. Wo immer man
       Dresden erwähnt, wird der Ruf der Stadt sofort mit Pegida und der rechten
       Apostrophierung als „Hauptstadt der Bewegung“ in Verbindung gebracht.
       
       Diese Assoziationen wirken hartnäckiger nach als das reale Erscheinungsbild
       von Pegida. Spät hat das auch die so genannte „bürgerliche Mitte“ von CDU
       oder FDP in der Stadt begriffen und seit 2018 für Demokratie und
       Menschenwürde mitdemonstriert.
       
       27 Oct 2020
       
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