# taz.de -- Machtkampf in Sachsen-Anhalt: Kein Kompromiss, eine Kapitulation
       
       > Auch Verantwortungsethik hat Grenzen. Die Kenia-Regierung in
       > Sachsen-Anhalt, als Bollwerk gegen die AfD gestartet, ist nur noch ein
       > löchriger Zaun.
       
 (IMG) Bild: Die Grünen – hier auf dem Weg in die Staatskanzlei am Montag – wären besser standhaft geblieben
       
       Realpolitisch gesehen [1][hat Reiner Haseloff das Magdeburger Drama erst
       mal beendet]. Auf der Habenseite kann man verbuchen, dass das peinliche
       Schauspiel eines gemeinsamen Nein von CDU und AfD zum Medienstaatsvertrag
       ausfallen wird. Auch die malade Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen
       scheint noch am Leben zu sein, wenn auch nah am Koma. Haseloff hat nebenher
       seinen nach rechts blinkenden Widersacher Holger Stahlknecht aus dem Spiel
       genommen. Es wird keine Neuwahlen mitten in der Pandemie geben und auch
       keine absehbar zähe Regierungsfindung im Frühjahr.
       
       Haseloff, [2][SPD und die Grünen] wollen Stabilität in der Coronakrise –
       und den rechten Flügel der CDU irgendwie halbwegs in der Mitte halten. Das
       sind passable Gründe. Und so wirkt dieses Nein zum Staatsvertrag nicht
       schön, scheint aber in misslichen Umständen das Beste, das möglich ist.
       Realpolitik halt: das Schlimmste verhindern, das Unvermeidliche in Kauf
       nehmen.
       
       So kann man es sehen. Doch auch Verantwortungsethik hat Grenzen. Diese
       Lösung ist kein Kompromiss, sie ist eine halbe Kapitulation. Die
       Kenia-Regierung, als Bollwerk gegen die AfD gestartet, ist nur noch ein
       löchriger Zaun. Haseloff hat zwar das Bild – AfD und CDU sagen Nein zum
       Staatsvertrag – verhindert, doch um den Preis, dem Staatsvertrag
       eigenhändig den Garaus zu machen. Das wirkt wie Selbstmord aus Angst vor
       dem Tode. SPD und Grüne spielen bei dem Nein zum Staatsvertrag
       widerstrebend mit. Haseloff hat sie geschickt eingebunden, oder besser:
       eingewickelt. So nicken SPD und Grüne das Ganze betrübt ab und verweisen
       matt darauf, dass diese Entscheidung ganz allein auf Haseloffs Kappe gehe.
       So ist es nicht. SPD und Grüne sind keine Zuschauer, sie sind die Akteure.
       Ihre gesammelten Schwüre, Ja zum Staatsvertrag zu sagen, sind jetzt im
       Altpapier.
       
       SPD und Grüne wären, trotz Pandemie, besser standhaft geblieben. Denn wer
       einmal so erfolgreich mit politischen Erpressungen war wie die
       CDU-Fraktion, macht das noch mal. Nach dem Motto: Wenn ihr nicht tut, was
       wir wollen, stimmen wir mit der AfD. Die CDU-Rechte wird dieses Stück
       bestimmt noch öfter aufführen.
       
       Das Ergebnis ist trostlos: Der Machtkampf in der CDU zwischen gemäßigtem
       und rechtem Flügel ist nur vertagt. Die Kenia-Koalition ist nur noch eine
       Notgemeinschaft ohne Agenda und Zukunft. Und 31 CDU-Abgeordnete in
       Magdeburg haben, ohne dafür die Hand heben zu müssen, zusammen mit der
       AfD-Fraktion den Staatsvertrag kaputtgemacht, einen zentralen Baustein der
       Medienpolitik der Bundesrepublik. [3][Das ist der Preis dieses Manövers].
       Er ist zu hoch.
       
       8 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Haseloff-verhindert-Abstimmung/!5730732
 (DIR) [2] /Reaktionen-auf-Streit-in-Sachsen-Anhalt/!5730731
 (DIR) [3] /Koalitionskrach-in-Sachsen-Anhalt/!5731053
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
 (DIR) Reiner Haseloff
 (DIR) Staatsvertrag
 (DIR) Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
 (DIR) Sachsen-Anhalt
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
 (DIR) Rundfunkbeitrag
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
 (DIR) Rundfunkbeitrag
 (DIR) Kenia-Koalition
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) CDU in Sachsen-Anhalt: Das Abgrenzungsproblem
       
       Die Nähe der CDU in Sachsen-Anhalt zur AfD ist notorisch: Ein
       Rechtsextremer wurde in Wernigerode offen von der CDU für ein Amt
       empfohlen.
       
 (DIR) Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF: Gute Chancen in Karlsruhe
       
       Die Öffentlich-Rechtlichen wollen den Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro beim
       Bundesverfassungsgericht durchsetzen. Das könnte klappen.
       
 (DIR) Reaktionen auf Streit in Sachsen-Anhalt: Schlecht und schlechter
       
       Die CDU in Sachsen-Anhalt habe ihre Regierungsfähigkeit eingebüßt, sagt
       Grünen-Chef Habeck. Er verteidigt den Verbleib seiner Partei in der
       Regierung.
       
 (DIR) Haseloff verhindert Abstimmung: Radio Anhalt
       
       In Sachsen-Anhalt gelingt es dem Regierungschef mit einem Kniff, dass die
       CDU nicht mit der AfD stimmt. Unklar ist, ob seine Strategie aufgeht.
       
 (DIR) Aus für Erhöhung des Rundfunkbeitrags: Wie man einen Rundfunk bespart
       
       Weil Sachsen-Anhalt sich querstellt, fehlen den öffentlich-rechtlichen
       Sendern ab Januar Milliarden. ARD und Deutschlandradio wollen klagen.
       
 (DIR) Streit über Erhöhung des Rundfunkbeitrags: Haseloff zieht Staatsvertrag zurück
       
       Nächster Schlag in der Krise in Sachsen-Anhalt: Der CDU-Ministerpräsident
       verhindert, dass über eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags abgestimmt wird.