# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Kamm für Zappa
       
       > An diesem Montag wäre Frank Zappa, der große Zampano der Beatmusik, 80
       > Jahre alt geworden. Gut, wenn man mal auf einem Konzert von ihm war.
       
 (IMG) Bild: Frank Zappa ist in Bad Doberan dabei – als lebensgroße Puppe
       
       Damals besaß ich einen Kamm. Er war aus Metall, das war modern, und er war
       bei Rockkonzerten nützlich. Einige Bands mieden Westberlin, die Anreise
       durch die DDR war ihnen zu umständlich. Aber der bedeutendste Musiker des
       20. Jahrhunderts kam gern in die Stadt. Zwischen November 1971 und April
       1988 spielte Frank Zappa zehnmal in der Deutschlandhalle. Fünfmal waren
       meine Freunde und ich dabei, und wegen meines Kamms kostete das keinen
       Pfennig.
       
       Die Tickets konnten wir uns nicht leisten. Wir hatten aber herausgefunden,
       dass es in der Deutschlandhalle eine Hintertür ohne Klinke gab, die
       eigentlich nur von innen geöffnet werden konnte. Mit dem Metallkamm ließ
       sich die schwere Tür jedoch von außen aufziehen. Merkwürdigerweise wurden
       wir nie geschnappt.
       
       Ich hatte von dem Zappa-Konzert 1968 im Sportpalast gehört. Weil ich zu
       jung war, durfte ich nicht hin und verpasste den legendären Auftritt, der
       immer wieder von der Kommune I unterbrochen wurde, die lieber diskutieren
       wollte, sodass Zappa beinahe nach Hause gegangen wäre. Aber 1971, beim
       ersten Konzert in der Deutschlandhalle, war ich dabei. Natürlich hing das
       Klo-Poster von Zappa mit heruntergelassener Hose schon in meinem Zimmer.
       
       Zappa eröffnete mit dem Klassiker „Call Any Vegetable“, und zum Schluss
       spielte er den Turtles-Song „Happy Together“, weil die beiden
       Turtles-Sänger Mark Volman und Howard Kaylan der Band angehörten.
       Dazwischen lagen 25 umwerfende Songs. Zappa waren die Texte meist genauso
       wichtig wie die Musik. Der Journalist Thomas Widmer schrieb, seine „frühen
       Alben haben die Stimmenvielfalt, kompositorische Raffinesse,
       Sinnlichkeitsdichte eines Joyce’schen ‚Ulysses‘ “.
       
       ## Erigierter Penis
       
       Die Texte waren lustig, politisch, provozierend und oft obszön, aber sie
       waren nie langweilig oder gar dusselig wie bei Jimi Hendrix, der sich
       besser aufs Gitarrespielen beschränkt hätte: „Oh, ich werde meine Alte
       erschießen, ich habe sie dabei erwischt, wie sie sich mit einem anderen
       Mann rumgetrieben hat“, heißt es zum Beispiel bei „Hey Joe“, das er
       allerdings nicht selbst geschrieben hatte. Und der Klotzkopf ließ sich – im
       Gegensatz zu Zappa – von zwei Groupies einen Gipsabdruck von seinem
       erigierten Penis nehmen.
       
       1972 kam Zappa mit Big-Band-Besetzung, dem Hot Rats Orchestra. Er humpelte
       noch etwas: Ein eifersüchtiger Mann hatte ihn in London in den
       Orchestergraben geworfen, weil seine Freundin den Musiker zu sehr
       anhimmelte.
       
       1988 gab Frank Zappa sein letztes Konzert in der Deutschlandhalle. Aber da
       lebte ich schon in Irland, und einen Kamm brauchte ich nicht mehr. Das
       andere Genie der Rockmusik, Zappas Schulfreund Captain Beefheart, habe ich
       leider nie live gesehen. Vorigen Donnerstag war es genau zehn Jahre her,
       dass der Captain gestorben ist. Und Zappa? Er wäre heute 80 Jahre alt
       geworden. Legen Sie zur Weihnachtsgans sein Stück „Xmas Values“ auf. Frohes
       Fest!
       
       21 Dec 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Frank Zappa
 (DIR) Jubiläum
 (DIR) 80. Geburtstag
 (DIR) Rock
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Weihnachten
 (DIR) Irland
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Zappanale in Bad Doberan: Frank Zappa lebt
       
       Seit 30 Jahren feiert ein Festival in MeckPomm den Rockmusiker und seine
       Musik. Das Treffen von Fans und Freaks hat einen eigenen Charme.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Fungie ist futsch
       
       Der irische Flipper heißt Fungie und ist zum Leidwesen eines Küstenkaffs
       leider spurlos verschwunden. Wir kondolieren.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Du bist ein blödes Eichhörnchen
       
       Eines der erfolgreichsten Weihnachtslieder aller Zeiten ist auch eines der
       obszönsten und wird deshalb immer wieder von der BBC zensiert.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Hingerichtete Mafiosi-Eier
       
       Wer in die Fänge des irischen Krankenhaussystems gerät, sollte lieber
       ellenlange Formulare ausfüllen, sonst wird das Essen pittoresk.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Heimlich ertrinken verboten
       
       Der Kolumnist liest Zeitung: Schön sind besonders die Meldungen unter
       „Vermischtes“. Nur zur Zeit sind sie leider nicht so üppig.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Bier, Bohnen und Leichen
       
       Auch in Irland blüht das Geschäft mit dem Tod. Auf der grünen Insel hat es
       sogar Tradition – wegen der Nähe von Alkohol und Kühlung.