# taz.de -- Geschichten aus dem Coronajahr: Die Träume sind zurück
       
       > Die eine kann wieder gut schlafen. Andere haben im Coronajahr 2020 das
       > Telefonat wiederentdeckt – oder neue Charakterzüge bei alten Freunden.
       
       Jetzt träumen wir wieder. Wir träumen komisches Zeug. Berge müssen
       erklommen, dichte Wälder durchstreift werden. Blumen, die uns über die
       Köpfe wachsen, betören mit ihrem Duft, sodass wir berauscht uns verirren.
       Feuer bedroht uns, aber die Flammen sind kalt. Erlebnisse, die bei wacher
       Vorstellung nicht erdacht werden können, sind seit zwei Monaten unsere
       Begleiter. Wir hatten es nicht gemerkt, dass Fluglärm uns die Träume nimmt.
       
       Das Wochenende vom 7. und 8. November 2020 war für mich und meine Gefährtin
       das glücklichste dieses Jahres. Weil zwei Lärmquellen versiegten. Trump und
       TXL. Am Samstag wurde klar, dass Joe Biden die US-Wahl gewann. Das
       beflügelte. Tagelang war ich der Berichterstattung auf CNN gefolgt. Trump
       fehle der Anstand, wurde immer wieder gesagt. Was für ein Glück, dass
       Anstand in die Politik zurückkehren kann.
       
       Und dann starteten an jenem Samstag auch die letzten Linienflüge vom
       Flughafen Tegel TXL. Der liegt mitten in Berlin und hat 300.000 Menschen
       die Tage zermürbt und die Träume zermalmt mit Lärm. Wer das übertrieben
       findet, wer meint, am Flughafen TXL gab es doch Nachtflugverbote, der
       wollte nicht informiert sein. Denn selten, sehr selten zwar, war der
       Nachtlärm den Zeitungen doch eine Nachricht wert: „Nachtflüge in TXL: Fast
       700 Maschinen in neun Monaten“, titelt der Berliner Tagesspiegel am 21.
       Dezember 2018. Ein Jahr später waren es 1.200 Maschinen in den ersten neun
       Monaten, die die Nacht mit Lärm zerschnitten, wie die Berliner Zeitung vom
       23. Dezember 2019 vermeldet.
       
       Das ist vergangen. Das Ende vom Flughafen TXL wurde nicht wieder
       verschoben, wie zuvor neun Jahre lang. Am Sonntag, dem 8. November
       besiegelte der Abschiedsflug einer Air-France-Maschine von TXL nach Paris
       kurz nach 15 Uhr unser Glück. Weil Ostwind war, flog er über uns. „Fuck
       Flughafen Tegel“, haben wir der Maschine hinterhergeschrien und Sekt
       getrunken.
       
       Wer sich über Fluglärm beschwert, das ist meine Erfahrung der letzten 20
       Jahre, gilt als Fortschrittsverweigerer. Flughäfen müssen sein und
       irgendwen trifft der Lärm halt. „Kannst ja wegziehen“, war das
       meiststrapazierte Argument derer, die das Lamento über den Lärm nicht hören
       und ihre Verantwortung nicht sehen wollen.
       
       Sie wollen nicht sehen, dass Fluglärm physische und psychische Gewalt ist.
       Die „Lärmwirkungsstudie“ des Umweltbundesamts bestätigt, dass Fluglärm
       Lernverzögerungen bei Kindern und Depressionen bei allen auslösen kann.
       Auch das Herz-Kreislauf-System ächzt unterm Lärm. Wer in Flugschneisen
       wohnt, wird, das ist die nackte Wahrheit, dumm und krank.
       
       Der Flughafen Tegel war in dieser Hinsicht besonders. Er lag mitten in der
       Stadt, der Lärmschutz, der seit 2007 deutschlandweit gilt, war mit einer
       Klausel rund um TXL ausgehebelt, jedes denkbare Gesetz zum Schutz von
       Mensch und Umwelt zählte hier nicht. Und nach dem Pfusch, den sich Politik
       und Bauwirtschaft am BER leistete, zahlten die Leute im Norden Berlins neun
       Jahre lang erst recht mit ihrer Gesundheit. Denn nach der ersten abgesagten
       Eröffnung des BER im Jahr 2012 wurde der Lärm, der vorher schlimm, aber
       verbunden mit der Hoffnung auf ein Ende war, unerträglich. Die
       Passagierzahlen am TXL verdoppelten sich.
       
       Irgendwann sprang dann noch die FDP medienwirksam auf den Zug derer, die
       mit einem Volksentscheid TXL offen halten wollten. Und mehr als 50 Prozent
       der BerlinerInnen machten klar, dass sie das wollen. Der Flughafen sei so
       nah. Auch von einer taz-Kollegin hörte ich das.
       
       Immer und immer wieder sagten die, die für die Offenhaltung waren, zu ihrer
       Rechtfertigung, dass die Leute in den Einflugschneisen auch dafür gestimmt
       hätten. Ja, warum? Weil es eine Überlebensstrategie von Leuten, denen
       Gewalt angetan wird, ist, sich mit dem Aggressor zu identifizieren. „Lärm
       kannst du nicht ausblenden, du kann nur abstumpfen“, sagt meine Gefährtin.
       Und ein Mann, der nun den Fluglärm des neuen Berliner Flughafens BER
       ertragen muss, sagte: „Wenn ich etwas nicht ändern kann, muss ich die
       Einstellung dazu ändern.“
       
       „Wir haben unsere Träume wieder“, erzählte ich den Kollegen nach dem 8.
       November. „Und andere haben jetzt den Lärm“, antwortete einer. Es klang
       vorwurfsvoll. Eine ungeheure Wut stieg in mir auf. Als wäre es meine
       Verantwortung, als ginge es nicht alle an, dass Menschen vor Lärm geschützt
       werden. Jeder kann etwas tun. Am einfachsten: nicht fliegen. Gut fürs Klima
       ist es dazu.
       
       Wird doch geflogen, soll der Preis die Kosten decken. Auch die Folgekosten.
       Fluggesellschaften, die die Aldis des Transportbusiness sein wollen, dürfen
       mit ihrer Dumpingstrategie nicht durchkommen. Sie dumpen Lärm und Dreck.
       Und die Politik, die Flughäfen in Städte baut, darf, zum Schutz von Mensch
       und Umwelt, nur wenige Flüge erlauben.
       
       Im Grundgesetz ist kein Recht aufs Fliegen verankert, Schutz vor
       körperlicher Unversehrtheit schon. Politiker*innen aber fehlt, wenn es um
       den Schutz vor Fluglärm geht, oft der Anstand. Sie knicken vor der
       Fluglobby ein. Sie kommen damit durch, weil es denen, die es nie erlebt
       haben, egal ist. Würde aber vor euren Fenstern jeden Morgen, wirklich
       jeden, um 6 Uhr einer mit dem Laubbläser auftauchen, ihr würdet alles tun,
       ihn zur Strecke zu bringen. Wer in Flugschneisen wohnt, soll das aushalten.
       Am BER sogar noch eine Stunde früher.
       
       Fluglärm ist ein Gerechtigkeitsthema. Wo ist der Aufschrei? Dass man im
       Norden Berlins wieder träumt, verdanken wir euch nicht. Waltraud Schwab
       
       ## Alte Freundschaft, neu entdeckt
       
       Es muss sein, ich muss Willy Brandt zitieren: „In der Krise beweist sich
       der Charakter.“ Noch nie war dieser zur Floskel verkommene Satz des
       SPD-Altkanzlers so treffend wie in den Zeiten von Corona. Oder anders
       ausgedrückt: In der Pandemie lernt man sich neu kennen.
       
       Mir geht es jedenfalls so. Da offenbaren sich in den vergangenen Monaten an
       Freund:innen Seiten, die mir bislang verborgen geblieben waren. Und das,
       obwohl wir uns schon sehr lange und sehr gut kennen. Nur eben ohne Krise.
       
       Da gibt es die Freundinnen, mit denen ich bis aufs Messer streite, weil sie
       die Anticoronamaßnahmen und den Shutdown als unnötig empfinden und kreative
       Wege finden, um Regeln zu umgehen. Die in Diskussionen mit Begriffen wie
       Grundrechte, Demokratie und Freiheit jonglieren, aber eigentlich meinen:
       Ich will mich nicht einschränken, ich will trotz allem meinen Spaß.
       
       Und es gibt die anderen. Zum Beispiel den Freund, der im Frühjahr zu mir
       sagte: „Was ist daran so schwer, zu Hause zu bleiben? Es wird doch mal eine
       Zeit lang ohne Partys gehen.“ Und die Freundin, die schon im Sommer
       orakelte: „In diesem Jahr muss alles ausfallen: Geburtstage, Weihnachten,
       Silvester, einfach alles. Ist ja wohl klar.“
       
       Beide „Fraktionen“ überraschten mich. Denn das Krisenverhalten der
       Freund:innen widerspricht komplett ihrem jeweiligen Charakter. Zumindest
       jenem, den ich bis dahin kannte. Die Freundinnen, die jetzt vehement auf
       körperliche Nähe, uneingeschränkte Mobilität und „ein lebenswertes Leben“
       pochen, beanspruchen sonst gern für sich Werte wie Nächstenliebe,
       Solidarität, Einsatz fürs Gemeinwohl. Nun aber legen sie – zumindest in
       meinen Augen – einen Egozentrismus an den Tag, den ich nicht für möglich
       gehalten hatte.
       
       Ein solches Verhalten hätte ich, wenn überhaupt, eher den beiden anderen
       Freund:innen zugeschrieben. Menschen, die keine Party auslassen, die jedes
       noch so unbedeutende Event nutzen, um daraus ein bedeutendes Fest zu machen
       – mit so vielen Gästen wie möglich und so viel Glamour wie nötig. Ihr
       Leben: Hedonismus, Heiterkeit, Helau und Alaaf. Und nun das: Rückzug ins
       triste, partylose Coronaleben – ganz ohne Murren und Hadern. „Muss sein“,
       sagt der Freund. „Kommen auch wieder andere Zeiten“, sagt die Freundin.
       
       Wenn das mal kein positiver Corona-Effekt ist: Freund:innen so ganz anders
       zu erleben als in der Vergangenheit – bei aller Bitterkeit mancher
       Erkenntnisse. [1][Mit langen Freundschaften ist es nämlich wie in einer
       anhaltenden Beziehung]: Man kennt sich in- und auswendig, man vertraut
       sich, man verlässt sich aufeinander – und man lässt sich gehen. Eben bis
       das Coronavirus an die Tür klopft.
       
       Aber anders als in einer Beziehung ist man in einer Freundschaft
       nachsichtiger. Nicht unkritischer, nein, ganz und gar nicht. Man streitet
       unerbittlich. Aber man verzeiht eher. Das fällt viel leichter als in der
       Liebe. Denn „Freunde sind Menschen, die uns ganz genau kennen und trotzdem
       zu uns halten“. Das sagte nicht SPD-Altkanzler Willy Brandt, sondern die
       Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach. Sie musste es wissen,
       schließlich ist sie bekannt für ihr psychologisierendes Erzählen. Simone
       Schmollack
       
       ## Her mit den Einsen und Nullen
       
       Diese Digitalisierung, über die seit vielen Monaten alle reden, sie ist ein
       kluges Ding. Nicht eingeschlichen hat sie sich, sondern ganz oben auf die
       Agenda katapultiert. Was für eine Freude. Seit dem Frühjahr taucht die Gute
       in allen Debatten auf. Ja, Corona ist schuld und auch wieder nicht. Ja,
       weil digitale Technologien unser Anker sind in Zeiten, in denen analoges
       Zusammentreffen dich und mich gefährdet. Und nein, weil sie zum 21.
       Jahrhundert schlichtweg gehört.
       
       So weit, so simpel; und doch wieder nicht. DSGVO – häh? Uploadfilter –
       what? E-Government – Nischenthema. Was mussten sich
       Berichterstatter:innen, Menschen mit Faible für Digitales alles anhören,
       wurden belächelt, als vermeintliche Nerds abgetan. Und das im 21.
       Jahrhundert. WTF? Ach herrje, kann ich da – euphemistisch gesprochen – nur
       sagen. Denn all diese Themen spuken seit Jahren im politischen wie
       gesellschaftlichen Raum herum. Nur eben unter dem Radar.
       
       Aber seit wenigen Monaten wird plötzlich über dezentrale Speicherung von
       Daten gesprochen, über Open-Source-Formate, über Videocalls, digitale
       Teilhabe, über Datenspenden. Da muss also erst eine Pandemie kommen, damit
       es solche Themen in die „Tagesschau“ schaffen.
       
       Rund 20 Millionen Menschen in Deutschland nutzen derzeit die
       Corona-Warn-App. Das ist deutlich mehr als in so manch anderem EU-Staat. In
       Rekordgeschwindigkeit wurde sie mit Bundeshilfen und internationaler
       Expertise erschaffen. Klar, es ruckelt an der einen oder anderen Stelle.
       Ein paar schöne Features wie Pushnachrichten für das Kontakttagebuch wären
       schön. Aber lassen wir das.
       
       Und ja, Schulen, Universitäten und etliche Unternehmen scheint die krasse
       Entwicklung, getrieben vom Virus, überrascht zu haben. Sie kommen nicht
       hinterher, die neuen Anforderungen der Anwendungen zu erfüllen. Kein
       Wunder. Jahrelang standen digitale Technologien nicht zwingend als Topthema
       auf der Agenda, mangels Kompetenz, mangels Geld und Antrieb. Nun sollen
       Homeoffice und Homeschooling für alle Lebensentwürfe funktionieren.
       Umgehend und sofort. Dass das nicht klappt und Chef:innen,
       Arbeitnehmer:innen, Lehrer:innen, Erzieher:innen und Eltern verzweifeln,
       überrascht nicht.
       
       Aber in den allermeisten Fällen ist es wohl eine Frage der Zeit und des
       finanziellen wie politischen Willens, bis diese Lücken gestopft sind. Nun
       heißt es Geduld haben. Was in Pandemiezeiten mit zu den schwersten Übungen
       gehört.
       
       Was mich beruhigt: Die Angst vor der Erkenntnis, dass digitale Technologien
       zu unserem Alltag gehören und uns schaden, ist besiegt. Und die Sorge vor
       dem ach so bösen Datenschutz. Ab und an flackert die kühne Äußerung auf,
       der Schutz unserer privaten, digital zu verfolgenden Informationen würde
       ein rascheres Eindämmen des Virus verhindern. Aber solche Aussagen tauchen
       eben nur ab und an auf. Der sorgsame, behutsame Datenaustausch, die
       Kooperation von Wissenschaftler:innen, von IT-Expert:innen über nationale
       Grenzen hinweg, die freiwillige Nutzung, etliche gute und einfache
       Erklärungen haben gezeigt: Es geht auch mit.
       
       Der berühmte Wermutstropfen hängt natürlich auch am Digi-Thema: Eine App,
       Software, Einblicke in persönliche Begegnungen, Bewegungsprofile und
       Mobilitätsmuster allein können uns nicht aus der Pandemie raushelfen.
       
       Die Technik macht’s nicht von selbst, da gehört schon ganz analog
       menschlicher Einsatz dazu. Meine Hoffnung ist, dass die Debatte bleibt,
       dass vor allem digitale Teilhabe die Pandemie überdauert. Digitalisierung
       klingt zwar gut. Aber sie bleibt die berühmte Worthülse, wenn keiner
       versteht, wie sie funktioniert. Tanja Tricarico
       
       ## Endlich wieder über die Dörfer gehen
       
       Statistische Erhebungen gibt es zu diesem Phänomen im Coronajahr keine; es
       sind auch keine zu erwarten – zu berichten ist aus diesem Jahr in dieser
       Hinsicht nur, dass viele davon berichten. Natürlich nicht: Pflegekräfte,
       Supermarktmitarbeitende, andere Menschen, für die der Arbeitsalltag wie
       immer verlief, nur mit viel größeren Schutzaufwendungen. Aber andere sagen:
       Wir telefonieren wieder länger, abends gern, oft auch beim Anbruch der Zeit
       nach dem Nachmittag.
       
       Sich länger austauschen, mündlich, mit Freundinnen und Freunden, mit
       Eltern, Geschwistern, Tanten oder Onkels, mit Großeltern sowieso. Es war
       wie aus der Üblichkeit verschwunden: das ausführliche Telefonat. Nicht das
       Gespräch im oder für den Job. Die kurzen Absprachen, die hastigen
       Kommentare, die Koordinationen im Mikrobereich. Sie haben sich ohnehin ein
       wenig verloren in die Sphären, die Riot oder Slack heißen, Managementtools,
       um etwa kürzeste Kommunikationsbytes zwischen Kolleg:innen, etwa bei der
       Produktion einer Zeitung, zu ermöglichen – und auf sie reagieren zu können.
       Anrufe, gemessen an diesen digitalen Werkzeugen, wären viel zu umständlich.
       Whatsapp oder SMS (auch schon altmodisch) oder Telegram gehören zu dieser
       Riege der kommunikativen Matrixbildung ebenfalls dazu.
       
       Das sind alles in allem Elemente moderner, büroschreibtischbasierter
       Fertigung, wichtige zumal in einer modernen Zeit, die mehr und mehr
       Homeoffice möglich (und, je nach Standpunkt, nötig) macht. Aber plötzlich,
       guckte man sich selber an, hörte man Freunden und Freundinnen zu, die
       Ähnliches in eigener Sache erzählten, stellte sich heraus: Es war ein
       bisschen wie früher geworden, wie ganz früher. Als man noch sehr jung war,
       [2][stundenlang mit der besten Freundin telefonierte], thematisch „über die
       Dörfer ging“, wie es mal hieß, also im Gespräch so gut wie alle
       existenziellen Fragen des Lebens berührend. Und zwar täglich.
       
       Oder sich freundschaftlich dauernd auf dem Laufenden hielt, aber so, dass
       es sich wie ein realer Kontakt anfühlte. Das geschah durchaus auf Kosten
       der Angehörigen, der Familie oder der WG, wenn es in ihr nur einen
       Telefonapparat gab, mit Wählscheibe, so mit Ortstarifen von 23 Pfennig pro
       Telefonat. Eine Zeit, in der man sich in meterlangen Telefonschnüren
       verhedderte, diese sich verknäulten … und so weiter. Das gute alte, ja
       schwierige alte Leben, in der das Telefon nicht so profanisiert war wie
       heute, sondern Kontaktwerkzeug in die Welt hinaus.
       
       Das war eine Ära – ein, für Ältere wie mich, Erinnerungspool, der, falls
       Interesse bei Jüngeren an Informationen aus dem digitalen Paläolithikum
       überhaupt vorhanden, gelegentlich das Gemüt flutete –, die nie wieder
       kommen würde. Kam auch nicht, und doch ist die Tugend des Gesprächs via
       Telefonat wieder da: Corona, das war ja im fast abgelaufenen Jahr auch ein
       Ding des Rückzugs, zwar auch an Schreib- und Wohnzimmertischen, doch auch
       auf bequemen Sitzmöbeln, etwa einem Sofa. So rief man pötzlich alte
       Freund:innen wieder an, am Abend, wenn man als Journalist eigentlich einen
       durchgequatschten Tag hinter sich gebracht hatte. Plötzlich fragte man mit
       echtem Interesse, Zeit habend: „Wie geht es dir?“ – und hoffte, keine
       Floskel erwidert zu bekommen: „Gut!“ Knappheit war keine Tugend im
       Kommunikativen mehr, es durfte ausführlich werden, eben „über die Dörfer“
       gehend. Gern auch durch ein zur Ausführlichkeit einladendes „Und sonst
       so?“.
       
       Schätzungsweise wird dies sich wieder stark verflüchtigen. Aber die
       Erinnerung, ja die Mahnung, Freundschaften nicht wie Netzwerkmaterial zu
       sehen und Gespräche ernst zu nehmen: Sie bleibt aus diesem Jahr übrig. Jan
       Feddersen
       
       31 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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