# taz.de -- Schichtwechsel bei Amazon: Aus dem Schatten heraus
       
       > Jeff Bezos, der reichste Mann der Welt, macht Andy Jassy zur Nummer 1 bei
       > Amazon. Dessen Auftrag: noch mehr Gewinne und politischer werden.
       
 (IMG) Bild: Jeff Bezos besucht eine Show in Los Angeles in Begleitung seiner Freundin Lauren Sanchez
       
       BERLIN taz | Krisengewinnler, Datenräuber, [1][Monopolist], einer, der es
       mit den Arbeitsschutzrechten nicht so genau nimmt. Amazon-Chef Jeff Bezos
       wurde schon vieles vorgeworfen. Beirren hat er sich nicht lassen und
       Schritt für Schritt sein Unternehmen aus der kleinen Klitsche zum
       Megakonzern aufgebaut. Bücher, Lebensmittel, Kleidung, Möbel, Filme, sogar
       Versicherungen lassen sich heute über Amazon kaufen. Rund eine Million
       Menschen beschäftigt sein Konzern weltweit.
       
       Nun hat der [2][reichste Mann der Erde], der laut Forbes-Magazin ein
       Vermögen von etwa 197 Milliarden US-Dollar haben soll, seinen Rückzug von
       der Konzernspitze angekündigt. Neue Nummer 1 im Amazon-Imperium wird Andy
       Jassy. Ein ehemaliger „Shadow“ von Jeff Bezos. So werden die
       Mitarbeiter:innen bei dem Tech-Giganten genannt, die Bezos über einen
       langen Zeitraum begleiten, bei jedem Meeting und allen Verhandlungen des
       Konzernchefs dabei sind.
       
       Ganz überraschend ist seine Personalie daher nicht. Aber sie steht in einer
       Reihe von Rücktritten anderer Tech-Giganten, die das Internetzeitalter
       prägten und deren Gründer sich zurückziehen. Einerseits. Andererseits ist
       die Entscheidung ein Zeichen für die Ausrichtung des Konzerns in den
       kommenden Jahren. Jassy ist Betriebswirt, kein Techniker, einer, der an der
       Elite-Uni Harvard studierte und vor allem eine Sparte des Mammutkonzerns
       groß machte: das Cloud Computing.
       
       Dabei geht es um ein Angebot an Unternehmen, große Datenmengen auszulagern,
       zu speichern, zu verarbeiten. Von einem Motor der Digitalisierung sprechen
       Branchenexpert:innen, von einer Technologie, die schon bald zum Standard
       werden wird. Allein in Deutschland nutzen 3 von 4 Unternehmen die
       Speicherung von Daten in einer Cloud. Sie nutzen die Rechenleistung, die
       sie damit einkaufen, und die Sicherheitsarchitektur solcher Angebote,
       vergleichbar mit einer Art virtueller Infrastruktur. Interessant ist die
       Technologie etwa für die Industrie, für Geschäftsmodelle, die auf
       Künstlicher Intelligenz basieren, überall dort, wo große Datenmengen
       anfallen.
       
       Amazon, Microsoft und Google zählen weltweit zu den Marktführern auf diesem
       Gebiet. Die Cloud-Tochter Amazon Web Services (AWS) machte 2020 rund 13
       Milliarden US-Dollar Gewinn. Sie ist quasi die Cashcow. In Europa gibt es
       bisher kein vergleichbares Angebot. Die US-Anbieter sind hiesigen
       Unternehmen Jahre voraus, heißt es bei Branchenverbänden.
       
       ## Alles, was du brauchst
       
       Wie so oft hat Amazon auch hier seinen unausgesprochenen Leitspruch wahr
       gemacht. Wir geben dir alles, was du brauchst. Von der Möhre bis zum
       Seifenspender, von der Software bis zur Rechenleistung. Genau diese Macht
       kritisieren auch die Wettbewerbsbehörden, in den USA und der EU. Im Visier
       sind vor allem die Vereinbarungen mit Händlern auf der Plattform, denen
       Amazon Konkurrenz macht.
       
       Dazu kommen das Abziehen von Daten, die Kritik von
       Verbraucherschützer:innen an Kündigungsklauseln für Amazon-Produkte
       oder undurchsichtige Bewertungen von Angeboten auf der Plattform. Und
       natürlich Vorwürfe, dass arbeitsschutzrechtliche Vorgaben nicht eingehalten
       werden. Sowohl in den USA als auch in Deutschland kämpfen
       Aktivist:innen und Gewerkschaften für [3][bessere Arbeitsbedingungen].
       Auch Jassy wird sich einer juristischen wie politischen Auseinandersetzung
       stellen müssen.
       
       Während sich Bezos eher selten öffentlich äußerte, könnte Jassy den Konzern
       politischer machen. [4][Das rechte Netzwerk Parler warf er aus der
       Amazon-Cloud,] nachdem Trump-Anhänger:innen, die sich gerne dort
       versammelten, Anfang Januar das Kapitol stürmten. Und er forderte
       Aufklärung, als im vergangenen Jahre diverse Fälle von Polizeigewalt gegen
       Schwarze US-Bürger:innen Schlagzeilen machten.
       
       Und Jeff Bezos? Nach wie vor hält er die meisten Anteile an Amazon und wird
       nun eine Art Verwaltungsratsvorsitzender mit mächtigem Einfluss auf die
       Geschicke des Konzern. Keine Spur von Ruhestand, wie er in einer Erklärung
       verkündete. Künftig will er sich verstärkt dem [5][Raumfahrtprojekt Blue
       Origin], der Washington Post, deren Eigner Bezos ist, und
       Wohltätigkeitsprojekten widmen. „Ich hatte noch nie so viel Energie“, ließ
       er verlauten. Die Verstetigung der Amazon-DNA geht also weiter.
       
       3 Feb 2021
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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