# taz.de -- Chefwechsel beim Internetgiganten: Amazon-Gründer Jeff Bezos geht
       
       > Der Gründer des weltweit größten Onlinehändlers gibt den Vorstandsvorsitz
       > ab. Sein Nachfolger Andy Jassy kommt aus dem Cloud-Geschäft.
       
 (IMG) Bild: Amazon-Gründer Jeff Bezos räumt den Chefsessel, will aber weiter Einfluss nehmen
       
       SEATTLE dpa | Vor rund 27 Jahren gründete Jeff Bezos in einer Garage bei
       Seattle einen Online-Buchladen. Aus seiner Faszination für das Internet und
       einer großen Vision entstand einer der wertvollsten Konzerne der Welt:
       [1][Amazon]. Nach über einem Vierteljahrhundert leitet der weltgrößte
       Onlinehändler nun den Wechsel an seiner Vorstandsspitze ein – Bezos wird
       den Vorsitz im dritten Quartal 2021 an Andy Jassy abgeben, den Leiter des
       boomenden Cloud-Geschäfts. Eine Ära endet damit aber noch nicht, Bezos will
       weiter mitmischen. Amazons am Dienstag nach US-Börsenschluss
       veröffentlichter Geschäftsbericht für 2020 wurde angesichts der großen
       Personalie zur Nebensache.
       
       Bezos dürfte als geschäftsführender Vorsitzender des Verwaltungsrats, der
       dem Vorstand übergeordnet ist, auch künftig viel Einfluss bei Amazon
       ausüben. In einem Memo an die Mitarbeiter erklärte der 57-Jährige, dass es
       bei seiner Entscheidung nicht darum gehe, sich in den Ruhestand zu
       verabschieden. „Ich hatte noch nie mehr Energie“, betonte Bezos. In seiner
       zukünftigen Rolle als Verwaltungsratschef wolle er seine Energie und
       Aufmerksamkeit auf neue Produkte und Initiativen ausrichten. Außerdem
       gewinne er so mehr Zeit für andere Projekte wie seine Stiftungen, seine
       Raumfahrtfirma Blue Origin oder die Zeitung „The Washington Post“, die in
       seinem Privatbesitz ist.
       
       Am 5. Juli 1994 gründeten Jeff und seine damalige Ehefrau [2][MacKenzie
       Bezos] in Bellevue bei Seattle einen Online-Buchhandel. Das Unternehmen
       hieß zunächst Cadabra, wurde jedoch rasch in Amazon umbenannt. Laut der
       Bezos-Biographie „Der Allesverkäufer“ von 2013 klang Cadabra zu sehr nach
       Kadaver. Was mit Büchern begann, entwickelte sich zum größten
       Internetkaufhaus der Welt. Heute ist Amazon noch viel mehr als das und hält
       mit seinen Cloud-Services, die etwa Start-ups IT-Anwendungen und
       Speicherplatz im Netz bieten, unzählige Firmen am Laufen. Mit Whole Foods
       betreibt Amazon zudem eine eigene US-Supermarktkette.
       
       Damit noch nicht genug: Im Streaming-Geschäft versucht Amazon mit seinem
       Prime-Dienst Marktführer Netflix Konkurrenz zu machen; mit dem Aufbau einer
       eigenen Lieferlogistik setzt der Konzern Paketzusteller wie UPS, FedEx und
       DHL unter Druck. Und niemand weiß so recht, welche Branchen Amazon als
       nächstes aufmischen wird. Bezos machte der Erfolgszug seines Unternehmens
       als Großaktionär steinreich. Mit einem geschätzten Vermögen von 188
       Milliarden Dollar (155,4 Milliarden Euro) ist er dem „Bloomberg
       Billionaires Index“ zufolge derzeit der zweitwohlhabendste Mensch der Welt
       hinter Tesla-Chef Elon Musk.
       
       ## Liebling der Wall Street
       
       An der Börse hatte der rasant expandierende Bezos-Konzern wegen chronisch
       roter Zahlen indes lange Zeit einen schweren Stand. Doch seit Bezos
       zuverlässig Gewinne liefert, ist er zum Liebling der Wall Street geworden.
       Im September 2018 gelang es Amazon als zweiter Aktiengesellschaft nach dem
       iPhone-Riesen Apple, die magische Marke von einer Billion Dollar beim
       Börsenwert zu knacken. Seitdem ging es weiter kräftig bergauf – die
       Marktkapitalisierung von Amazon lag zuletzt bei enormen 1,7 Billionen
       Dollar. Auch die Nachricht von Bezos' Rücktritt konnte Anleger am
       Dienstagabend nicht schocken – die Aktie hielt sich im nachbörslichen
       Handel weiter im Plus.
       
       Denn das Geschäft lief auch im Schlussquartal glänzend: In den drei Monaten
       bis Ende Dezember knackte Amazon beim Umsatz dank des Bestell-Booms in der
       Coronakrise und eines starken Weihnachtsgeschäfts erstmals die Marke von
       100 Milliarden Dollar. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum legten die Erlöse um
       44 Prozent auf 125,6 Milliarden Dollar zu. Den Nettogewinn konnte Amazon
       auf 7,2 Milliarden Dollar (6,0 Milliarden Euro) deutlich mehr als
       verdoppeln. Im Geschäftsjahr 2020 verdiente der Konzern 21,3 Milliarden
       Dollar, was einem Anstieg um 84 Prozent und einer neuen Bestmarke
       entspricht.
       
       ## Kritik wegen schlechter Arbeitsbedingungen
       
       Amazons größter Profittreiber ist derweil nicht der Onlinehandel, sondern
       das Cloud-Geschäft mit IT-Services und Speicherplatz im Internet. Insofern
       ist es auch nur logisch, dass mit Andy Jassy der Leiter dieser Sparte zum
       künftigen Vorstandschef befördert wurde. Amazons Cloud-Plattform AWS, die
       von vielen Unternehmen und Apps genutzt wird, erhöhte den Quartalsumsatz um
       28 Prozent auf 12,7 Milliarden Dollar. Trotz des starken Wachstums blieb
       das Geschäft etwas unter den Erwartungen. Das Betriebsergebnis kletterte
       derweil um 37 Prozent auf 3,6 Milliarden Dollar, woran klar zu erkennen
       ist, was für ein attraktiver Gewinnbringer Amazons Cloud-Flaggschiff
       weiterhin ist.
       
       Durch seinen Erfolg mit Amazon hat sich Bezos bei Weitem nicht nur Freunde
       gemacht. Dem Konzern wird vorgeworfen, mit seiner großen Marktmacht und
       seinen Niedrigpreisen den Einzelhandel zu zerstören. Auch wegen
       [3][schlechter Arbeitsbedingungen] gibt es häufig Kritik an Amazon. Der
       mächtigste Feind von Bezos aber saß bis vor kurzem noch im Weißen Haus:
       Ex-US-Präsident Donald Trump und ihn verband eine erbitterte Dauerfehde.
       Als Hauptgrund galt indes weniger das Geschäftliche, sondern vor allem
       Trumps Abneigung gegenüber der „Washington Post“, die häufig kritisch über
       ihn berichtet.
       
       3 Feb 2021
       
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