# taz.de -- Erneuerbare Energien im Verkehr: Sprit aus Raps soll Klima retten
       
       > Die Bundesregierung will mehr erneuerbaren Energien im Verkehr.
       > Kritiker:innen werfen ihr vor, den Ausstieg aus dem Verbrennermotor
       > zu verzögern.
       
 (IMG) Bild: Hauptsache Verbrennerauto: Die Industrie wünscht sich Biotreibstoff statt E-Mobilität
       
       BERLIN taz | Die Bundes regierung will den Einsatz erneuerbarer Energien im
       Verkehr voranbringen – doch damit verzögert sie nur den Ausstieg aus dem
       Verbrennermotor, sagen Kritiker:innen. Denn die Regierung setzt weiter auf
       Agrarsprit und synthetische Kraftstoffe.
       
       Am Mittwoch hat das Kabinett einen Gesetzentwurf von Bundesumweltministerin
       [1][Svenja Schulze (SPD)] beschlossen, mit dem die EU-Richtlinie für
       erneuerbare Energien im Verkehr (RED II) umgesetzt wird. Die EU schreibt
       vor, dass bis 2030 im gesamten Verkehr mindestens 14 Prozent der
       verbrauchten Energie aus erneuerbaren Quellen stammen müssen. Erneuerbare
       Energien werden etwa bei Elektroantrieben eingesetzt, in Form von
       Beimischungen zu Diesel oder Benzin oder durch strombasierte synthetische
       Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels.
       
       Die Bundesregierung geht sogar über das EU-Ziel hinaus. Sie will bis 2030
       erreichen, dass 28 Prozent der im Verkehr verbrauchten Energie aus
       erneuerbaren Quellen kommen. Das ist allerdings nur eine rechnerische
       Größe. Denn manche Energien werden mehrfach angerechnet, E-Fuels etwa
       doppelt und Strom in Elektroautos dreifach. Auf diese Weise sollen die
       Anreize für den Ausbau der Ladeinfrastruktur erhöht werden, sagte
       Ministerin Schulze bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs.
       
       Umgesetzt werden die EU-Vorgaben mittels Treibhausgasminderungs-Quote, die
       im Bundesimmissionsschutzgesetz festgelegt wird. Damit werden
       Mineralölunternehmen verpflichtet, die Treibhausgasemissionen ihrer
       Kraftstoffe zu senken. Das können sie unter anderem durch Beimischungen zum
       Kraftstoff erreichen, die etwa aus Nahrungs- oder Futtermitteln wie Raps
       oder [2][Palmö]l gewonnen werden.
       
       Aktuell müssen sie für eine Senkung von 6 Prozent sorgen. Bis 2030 sollen
       es 22 Prozent sein. Unter den Beimischungen wird heute das extrem
       umweltschädliche Palmöl am meisten genutzt. Bis 2026 soll es schrittweise
       aus den Tanks verschwinden. „Das ist nicht schneller zu machen“, sagt
       Schulze. Der Markt für Alternativen fahre nicht schnell genug hoch.
       
       ## Treibstoff aus Gülle
       
       Der Anteil von [3][Biokraftstoffen] aus Nahrungs- und Futtermitteln soll
       auf dem heutigen Anteil von 4,4 Prozent an der Minderungsquote eingefroren
       werden. „Die Steigerung von Biokraftstoffen aus Nahrungs- und
       Futtermittelpflanzen ist für uns keine Option“, betont Schulze. „Für
       Biosprit Wälder zu roden und Natur zu zerstören, ist nicht hinnehmbar.“ Der
       Anteil sogenannter fortschrittlicher Biokraftstoffe soll bis 2030 von jetzt
       null auf mindestens 2,6 Prozent wachsen. Diese Treibstoffe werden zum
       Beispiel aus Stroh oder Gülle hergestellt. In der Luftfahrt soll bis 2030
       mindestens 2 Prozent der verbrauchten Energie aus synthetischem Kraftstoff
       auf Strombasis stammen. Das Gesetz muss noch Bundestag und Bundesrat
       passieren.
       
       Ob es dort in dieser Form erhalten bleibt, ist ungewiss. Die Grünen
       kritisieren den Entwurf scharf. „Ökologische Kollateralschäden“ fürchtet
       der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir. „Anstatt das Geschäftsmodell des
       Agrosprits noch über Jahre zu zementieren, hätte die Bundesregierung jetzt
       den Ausstieg einleiten müssen“, sagt er. Die Bundesregierung traue sich
       wieder nicht, sich beim Auto zur effizienten Elektromobilität zu bekennen.
       Özdemir: „Ohne diese Richtungsentscheidung riskiert die Bundesregierung,
       dass die E-Mobilität im Glauben an das ferne Wunder der E-Fuels ausgebremst
       wird.“ Bei E-Fuels fehlten zudem klare Nachhaltigkeitsstandards.
       
       Die Deutsche Umwelthilfe wirft der Bundesregierung vor, vor der
       Industrielobby eingeknickt zu sein und damit den nötigen Ausstieg aus dem
       Verbrennungsmotor zu verzögern. Die Autobauer favorisieren Biokraftstoffe
       gegenüber der E-Mobilität, weil sie damit weniger ändern müssen.
       „Agrokraftstoffe leisten keinen Beitrag zum Klimaschutz und müssen raus aus
       dem Tank“, sagt DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Der Ausstieg
       aus Palmöldiesel kommt nach Auffassung der DUH viel zu spät.
       
       Das sieht auch die Organisation „Transport and Environment“ (T&E) so.
       „Deutschland hinkt bei dem Ausstieg aus dem Palmöl deutlich hinterher“,
       erklärt Jekaterina Boening von T&E. Andere europäische Länder wie
       Frankreich, Österreich und die Niederlande würden den Einsatz von Palmöl
       bereits in den nächsten zwei Jahren beenden.
       
       3 Feb 2021
       
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