# taz.de -- Energiewende in Ostdeutschland: Grüne Kraftstoffe aus der Lausitz
       
       > In der früheren Kohleregion beginnt der Strukturwandel. Es entsteht ein
       > Zentrum für grünen Wasserstoff und sauberen Sprit für Flieger und
       > Schiffe.
       
 (IMG) Bild: Windräder hinter dem Braunkohlebagger: Strukturwandel in der Lausitz
       
       BERLIN taz | Der [1][Strukturwandel in der Lausitz] kommt einen Schritt
       voran: Wo bislang schmutzige Kohleindustrie die Wirtschaft der ostdeutschen
       Region in Brandenburg und Sachsen dominierte, soll ein Zentrum für
       ökologisch hergestellten Wasserstoff und saubere Treibstoffe entstehen. Am
       Dienstag hat das neue PtX Lab Lausitz in Cottbus die Arbeit aufgenommen.
       Mit der Einrichtung will Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) die
       industrielle Produktion für umweltfreundliche Grund- und Kraftstoffe auf
       den Weg bringen.
       
       Im Cottbusser PtX Lab sollen Wissenschaft und Industrie die Technologie
       gemeinsam voranbringen und erfolgversprechende Geschäftsmodelle entwickeln.
       Zu den rund einem Dutzend beteiligten Unternehmen gehört nach Angaben von
       Landeswirtschaftsminister Jörg Steinbach der Chemiekonzern BASF. Das
       Kompetenzzentrum soll Anlaufstelle für Unternehmen aus der ganzen Welt
       werden.
       
       Die PtX-Techologie als Stromspeicher oder Kraftstoff ist Hoffnungsträger
       für energieintensive Branchen und den Verkehr. Dabei wird mit Hilfe von
       Strom („Power“) zunächst Wasserstoff und anschließend gasförmiger oder
       flüssiger Kraftstoff hergestellt – mit den Verfahren Power-to-Gas (PtG)
       oder Power-to-Liquid (PtL). Kommt der Strom aus erneuerbaren Energien,
       handelt es sich um „grünen“ Wasserstoff – nur dann ist er ein Beitrag zum
       Klimaschutz. Brandenburg ist unter den Bundesländern bei der Erzeugung
       erneuerbarer Energie pro Einwohner:in führend. Das spielte bereits bei
       der Ansiedlung des E-Auto-Herstellers Tesla im brandenburgischen Grünheide
       eine wichtige Rolle.
       
       Vor allem Vertreter:innen der Autoindustrie setzen auf synthetische
       Kraftstoffe für Pkws, weil sie so trotz Klimakrise an der Verbrennertechnik
       festhalten können. Auf dem Markt setzen sich aber zunehmend elektrisch
       betriebene Pkws durch – die weitaus energieeffzienter sind als mit
       [2][synthetischen Kraftstoffen fahrende]. Deshalb konzentriere sich das PtX
       Lab neben Grundstoffen für die Industrie auf Kraftstoffe für den Luft- und
       Schiffsverkehr, sagte Umweltministerin Svenja Schulze am Dienstag. In
       Flugzeugen und Schiffen sind elektrische Antriebe wegen der benötigten
       Batteriegröße nur sehr begrenzt einsetzbar.
       
       ## Eine Same für postfossile Industrieregion
       
       „Wir wollen, dass die PtX-Technik den Weg aus dem Labor in den Markt
       findet“, sagte Schulze. Dabei geht es nicht um kleine Mengen, sondern die
       Produktion in industriellen Größenordnungen. „Unternehmen wollen grünen
       Wasserstoff in großem Maßstab einsetzen oder daraus Kraftstoffe
       herstellen“, betonte sie. In Deutschland gebe es genug Know-how und
       interessierte Unternehmen, die weltweit Leitanbieter werden wollen.
       
       Das PtX Lab sei ein „Samen, aus dem eine postfossile Industrieregion
       wachsen kann“, hofft auch der Leiter der Einrichtung, Harry Lehmann. Für
       Praxistests soll eine Demonstrationsanlage entstehen, deren genauer
       Standort allerdings noch nicht feststeht. Die neue Einrichtung ist Teil des
       Strukturwandels in der Lausitz, deren Wirtschaft bislang von der Kohle
       geprägt ist. Bis 2023 werden im PtX Lab 60 Arbeitsplätze entstehen, diese
       Zahl soll perspektivisch verdoppelt werden. Dabei besteht die Hoffnung,
       dass durch Projekte mit der Industrie weitere Jobs geschaffen werden.
       Projektträgerin ist die „Zukunft – Umwelt – Gesellschaft“ (ZUG), eine
       bundeseigene Dienstleistungs-gGmbH zur Förderung von Umwelt-, Natur- und
       Klimaschutz. Die Betreiber erhalten bis 2024 aus den [3][Mitteln für den
       Kohleausstieg] 180 Millionen Euro.
       
       Das PtX Lab ist nicht die einzige Einrichtung, die Svenja Schulzes Haus mit
       Mitteln aus dem Kohleausstieg in der Region aufbaut. Unter anderem hat das
       Ministerium das Kompetenzzentrum für Klimaschutz in energieintensiven
       Industrien (KEI) sowie das Kompetenzzentrum für elektromagnetische Felder
       (KEMF) hier angesiedelt. Ebenfalls in der Lausitz will das
       Bundesumweltministerium ein Innovationsfeld für innovative Wasser- und
       Abwassertechnik einrichten.
       
       Energieexperte Oliver Powalla vom Naturschutzverband BUND hält es für
       richtig, die PtX-Technologie in die Lausitz zu bringen. Aber er warnt vor
       zu großer Euphorie. „Mittlerweile hat jedes Bundesland seine eigene
       Wasserstoffstrategie, und auch Demonstrationsanlagen gibt es viele“, sagte
       er. Entscheidend sei, ob es tatsächlich gelingt, Kooperationen mit
       Unternehmen zu schließen, etwa mit Flughafenbetreibern, die einen Teil des
       Kerosins durch umweltfreundlichere Treibstoffe ersetzen. Allerdings müsse
       auch mehr erneuerbarer Strom erzeugt werden, um den grünen Wasserstoff
       herstellen zu können „Allein mehr Nachfrage zu schaffen reicht nicht“,
       warnte Powalla. Das könne Brandenburg aufgrund der verfügbaren Flächen aber
       durchaus schaffen.
       
       2 Mar 2021
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
       
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