# taz.de -- VW-Werk in China: Empörung reicht nicht
       
       > Die moralische Entrüstung über das VW-Werk in Xinjiang greift zu kurz.
       > Denn es bietet relativ gute Jobs und Bedingungen.
       
 (IMG) Bild: Automobilfertigung im VW-Werk in Xinjiang, 2018
       
       Seit Langem prangern Journalisten und NGOs das VW-Werk im westchinesischen
       Xinjiang an – jener Provinz, [1][wo Hunderttausende Uiguren Zwangsarbeit
       verrichten]. Konzernchef Herbert Diess sagte 2019 in einem BBC-Interview
       schnippisch, er sei sich der Existenz der Umerziehungslager in Xinjiang
       nicht „bewusst“. Das war ein PR-Fiasko – gerade für ein deutsches
       Unternehmen, das während der Nazi-Herrschaft massiv historische Schuld auf
       sich geladen hat.
       
       Die Debatte über die Arbeitsbedingungen vor Ort und die Lieferketten setzt
       internationale Unternehmen zu Recht unter Druck. Die VW-Spitze rechtfertigt
       ihre Praxis nun selbstbewusst. [2][Diess sagte der Frankfurter Allgemeinen
       Sonntagszeitung, dass in dem Werk schließlich Arbeitnehmerrechte und
       Sozialstandards sichergestellt seien.]
       
       Xinjiang in der westchinesischen Wüste ist der wohl umstrittenste wie auch
       wirtschaftlich unrentabelste VW-Standort. Das Werk wurde auch auf Druck der
       chinesischen Regierung gebaut, die die strukturschwache Region fördern will
       – und möglicherweise auch, um die Menschenrechtsverbrechen zu übertünchen.
       
       Diess erntet in den sozialen Medien viel moralische Entrüstung. Das ist
       naheliegend, zu naheliegend. Denn der VW-Chef liegt durchaus richtig. Wem
       würde es nützen, wenn VW sein Werk in Xinjiang schließt? Das würde das
       schlechte Gewissen in Deutschland lindern – vor Ort würde es schaden, auch
       den Angehörigen der verfolgten Minderheit der Uiguren. Denn für die ist
       eine Stelle im VW-Werk sowohl verdienstmäßig als auch von den
       Arbeitsbedingungen her ein deutlicher Fortschritt.
       
       Doch gleichzeitig macht es sich Diess zu einfach, wenn er meint, für VW
       Zwangsarbeit in der chinesischen Zuliefererkette ausschließen zu können.
       Kürzlich haben internationale Wirtschaftsprüfer bekannt gegeben, wegen der
       Intransparenz chinesischer Behörden keine Zulieferketten westlicher
       Unternehmen mehr auf Zwangsarbeit zu durchleuchten. Da sind kritische
       Nachfragen an VW angebracht. Woher will der Konzern wissen, dass seine
       Zulieferketten in China menschenrechtskonform sind?
       
       16 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Uiguren-in-China/!5666523
 (DIR) [2] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/vw-chef-diess-zum-spannungsverhaeltnis-von-politik-und-wirtschaft-17196139.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Kretschmer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) VW
 (DIR) China
 (DIR) muslimische Uiguren
 (DIR) Volkswagen
 (DIR) China
 (DIR) Volkswagen
 (DIR) Menschenrechte
 (DIR) Schwerpunkt US-Präsidentschaftswahl 2020
 (DIR) Elektroauto
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Zwangsarbeitsvorwürfe gegen Volkswagen: Zweifel an VW-Bericht zu Uiguren
       
       Eine Untersuchung sollte klären, ob VW in China von Zwangsarbeit der
       Uiguren profitiert. Doch nun steht die Untersuchung in der Kritik.
       
 (DIR) Regierung vereinbart Lieferkettengesetz: Menschenrechte achten
       
       Die Bundesregierung will deutsche Unternehmen dazu verpflichten,
       Menschenrechte bei Lieferanten im Ausland durchzusetzen. Verbände können
       klagen.
       
 (DIR) Letzte Amtshandlung von Mike Pompeo: Genozidvorwurf zum Abschied
       
       Der scheidende US-Außenminister wirft Peking Völkermord an den Uiguren vor.
       Washingtons künftiger Außenminister Antony Blinken stimmt ihm zu.
       
 (DIR) Peking treibt E-Mobilität voran: Hoffnungen liegen auf China
       
       In Peking feiert sich die Branche auf der ersten Automesse seit dem
       Corona-Ausbruch. Für die Deutschen wird der chinesische Markt noch
       wichtiger.