# taz.de -- Umstrittenes Gesetz in Großbritannien: London plant neues Asylrecht
       
       > Asylsuchende, die illegal ins Land kommen, sollen nur noch beschränkt
       > unterstützt werden. Für legal Einreisende gibt es Erleichterungen.
       
 (IMG) Bild: Dover im September 2020: Rettung Asylsuchender nach gescheiterter Überquerung des Ärmelkanals
       
       LONDON taz | „Während Menschen sterben, haben wir eine Verantwortung, zu
       handeln“: mit diesen Worten, bezogen auf [1][gescheiterte Überquerungen des
       Ärmelkanals] zwischen Frankreich und Großbritannien durch [2][Flüchtlinge
       in Booten], kündigte die britische Innenministerin Priti Patel am
       Mittwochnachmittag ihre Pläne für weitreichende Änderungen des britischen
       Asylgesetzes an.
       
       Die Regierung, so Patel, wolle „das Geschäftsmodell des Menschenhandels
       zerstören“. Konkret bedeute dies, dass in Zukunft Menschen, die nicht über
       legale und sichere Wege ins Vereinigte Königreich eingereist sind, selbst
       bei erfolgreichen Asylanträgen nur mit beschränkter Unterstützung des
       Staates rechnen könnten und nur noch limitierte Rechte auf
       Familienzusammenführung hätten. Wer illegal ins Land reise, erhalte auch
       kein permanentes Aufenthaltsrecht mehr, sondern könne nur noch maximal 30
       Monate im Land bleiben, bevor neue Anträge gestellt werden müssten.
       
       Andererseits würden Programme ausgebaut werden, um die bisher so gut wie
       unmögliche legale Einreise von Flüchtlingen möglich zu machen. Derartige
       Flüchtlinge würden permanentes Bleiberecht erhalten sowie erweiterte
       Sprach-und Integrationshilfen.
       
       In Zukunft soll es gegen die Ablehnung von Asylbescheiden nur noch eine
       einzige Berufungsmöglichkeit geben, und die momentan bestehende
       Möglichkeit, Abschiebungen kurzfristig durch eine einstweilige Verfügung zu
       stoppen, soll abgeschafft werden. Zudem soll das Strafmaß für
       Menschenhandel und für sich illegal in Großbritannien aufhaltende Personen
       erhöht werden.
       
       ## Patels Pläne auf Prüfstand
       
       Die Maßnahmen, behauptete die Ministerin gegenüber BBC, stünden in vollem
       Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention, dem internationalem Recht
       und der Europäischen Konvention für Menschenrechte, da sie sich auf
       Menschen konzentrierten, die aus bereits sicheren Ländern ins Vereinigte
       Königreich einreisen wollten.
       
       Es sei nicht fair, dass junge Männer, die sich illegale Einreisen über
       Menschenschmuggel finanzieren oder unterwegs bereits in anderen sicheren
       Ländern Asyl hätten beantragen können, sich vor Frauen, Kindern und
       Familien drängelten, die in den verzweifeltsten Situationen steckten und
       nicht die gleichen Möglichkeiten hätten.
       
       Seit 2015, so [3][Patel, deren Eltern selbst einst als Flüchtlinge] aus
       Uganda nach Großbritannien kamen, habe das Vereinigte Königreich 25.000
       Schutzsuchende durch [4][Resettlement-Programme] bei sich aufgenommen. Das
       sei mehr als jedes andere europäische Land, behauptete sie. Als Beispiel
       für die geplanten neuen legalen Einreisemöglichkeiten nannte sie die 5
       Millionen [5][Hongkonger*innen mit britischen Überseepässen], denen
       neuerdings erstmals ein Bleiberecht zugestanden wird.
       
       Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR versprach, die Pläne Patels zu prüfen.
       Verbesserte Systeme mit ausreichend Personal könnten zu faireren und
       schnelleren Verfahren führen, die weniger missbrauchsanfällig seien.
       „Flüchtlinge müssen nicht im ersten sicheren Land Asyl beantragen, haben
       aber auch kein unbeschränktes Recht, sich ein Land dafür auszusuchen“, so
       das UNHCR. Es gäbe jedoch legitime Gründe, wie familiäre oder andere
       Verbindungen, in bestimmten Ländern Schutz zu suchen.
       
       Enver Solomon, Geschäftsführer der [6][Hilfsorganisation Refugee Council],
       warf hingegen der Regierung vor, unrechtmäßig zwischen Flüchtlingen auf
       Basis der Art ihrer Einreise diskriminierend unterscheiden zu wollen.
       Labours Schatten-Innenminister Nick Thomas-Symonds kritisierte, dass Patel
       in einer langen Tradition inhumaner konservativer Asylpolitik stehe.
       
       24 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [6] https://www.refugeecouncil.org.uk/
       
       ## AUTOREN
       
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