# taz.de -- CDU nach den Landtagswahlen: Auf der Suche nach dem Aufbruch
       
       > Nach dem Wahldesaster im Südwesten spricht Parteichef Laschet davon, dass
       > man kämpfen müsse. Doch er wirkt nicht kämpferisch.
       
 (IMG) Bild: Am dunkelen Himmel weht die CDU-Fahne einsam über dem Kornrad-Adenauer-Haus
       
       BERLIN taz | Fast 20 Stunden lang hat Armin Laschet geschwiegen. Kein
       öffentliches Wort kam von dem neuen CDU-Vorsitzenden am Sonntagabend [1][zu
       den dramatischen Niederlagen, die seine Partei bei den Landtagswahlen im
       Südwesten eingefahren hat.] Aus der CDU heißt es dazu, das habe Angela
       Merkel auch so gehalten. Doch Merkel ist Kanzlerin. Am Montagmittag dann,
       die Parteigremien haben gerade getagt, steht Laschet in der CDU-Zentrale
       den Hauptstadtjournalist:innen Rede und Antwort. Kommt jetzt ein
       Aufbruchssignal, auf das so viele in der Partei hoffen?
       
       „Das Ergebnis ist für die CDU enttäuschend“, sagt der CDU-Chef, der auch
       Ministerpräsident in NRW ist. Dann spricht er über persönliche Verfehlungen
       von Unions-Politikern in der sogenannten Maskenaffäre, über die
       Coronapolitik der Bundesregierung, die besser werden muss, und über
       Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der sich auf seine Arbeit konzentrieren
       und CDU-Minister nicht öffentlich kritisieren soll.
       
       Welche Bedeutung die Wahlergebnisse für ihn als CDU-Chef und für die
       Kanzlerkandidatenfrage habe? „Keine“, antwortet Laschet kurz. Ob er
       präsenter sein müsse? „Meine Präsenz ist so, wie es sich für einen
       CDU-Vorsitzenden gehört.“ Ob die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur
       nun früher falle? „Die Zeitpläne sind mit Markus Söder verabredet, dabei
       bleibt es.“ Ob das Wahlergebnis für die CDU ein Weckruf ist? „Ein
       Wahlergebnis ist immer ein Weckruf.“ Nach Aufbruch klingt all das nicht.
       
       Dabei ist aus den CDU-Gremien längst durchgesickert, dass Laschet dort
       seine Partei zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung vor der Bundestagswahl
       aufgerufen hat. Es sei nicht gottgegeben, dass die CDU den Bundeskanzler
       stelle, soll Laschet in der digitalen Vorstandssitzung gesagt haben.
       Demnach forderte er: „Wir müssen kämpfen.“
       
       Doch dieses Kämpferische, das strahlt Laschet am Montagmittag nicht aus.
       [2][Obwohl er – als Konsequenz aus der Maskenaffäre – einen
       Verhaltenskodex] für die CDU auf allen Ebenen ankündigt und auch, dass der
       Prozess für das Bundestagswahlprogramm noch im März mit einer digitalen
       Zusammenkunft aller Kreisvorsitzenden Fahrt aufnehmen soll. Die CDU müsse
       jetzt sagen, wohin sie will, sagt Laschet.
       
       Die Partei hatte bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und
       Rheinland-Pfalz, zwei ehemaligen Stammländern, historische Niederlagen
       eingefahren. Dieser Fehlstart in das sogenannte Superwahljahr hat allen in
       der CDU-Spitze unmissverständlich klar gemacht: Die Lage ist ernst. Wie
       ernst, hatte zuerst Präsidiumsmitglied Norbert Röttgen am Sonntagabend
       öffentlich ausgesprochen: Nach den Bundestagswahlen im September sei eine
       Regierung im Bund ohne die Union durchaus möglich. Das sah Anfang des
       Jahres noch ganz anders aus, da schien der Wiedereinzug der Union ins
       Kanzleramt nahezu eine Selbstverständlichkeit zu sein.
       
       Die CDU-Wähler:innen im Südwesten hatten auch Laschet ein schlechtes
       Zeugnis ausgestellt. Nach Umfragen waren in Rheinland-Pfalz nur 43 Prozent
       von ihnen der Ansicht, die CDU habe mit Laschet den richtigen Vorsitzenden
       gewählt, in Baden-Württemberg waren es sogar nur 32 Prozent. Die Frage, die
       nun über allem steht: Wäre Laschet trotz allem der richtige Kanzlerkandidat
       für die Union? Oder sollte sie eher auf CSU-Chef Söder setzen, der
       weiterhin in den Umfragen vorne liegt?
       
       ## Mehr Sichtbarkeit für den CDU-Chef
       
       Die CDU-Spitze bemüht sich am Montag allerorten, das Desaster im Südwesten
       von ihrem Vorsitzenden fernzuhalten. Generalsekretär Paul Ziemiak [3][weißt
       auf die starke Rolle der beiden Ministerpräsident:innen in Stuttgart
       und Mainz] und damit auf die Rolle der Länder hin. Vorstandmitglied Carsten
       Linnemann, bislang Fan von Laschet-Gegenkandidat Friedrich Merz, betont den
       wachsenden Unmut der Bevölkerung mit der Coronapolitik. Und CDU-Vize Silvia
       Breher thematisiert die Maskenaffäre.
       
       „Die schlechten Ergebnisse kann man Laschet nicht anrechnen, da spielen
       eine Menge anderer Faktoren eine Rolle“, meint auch der Kopenhagener
       Politikwissenschaftler und Konservatismusforscher Thomas Briebricher im
       Gespräch mit der taz. Laschet sei erst zwei Monate als CDU-Chef im Amt.
       Und: „Da steht eher Gesundheitsminister Jens Spahn im Kreuzfeuer.“
       
       Laschet betont am Montag, dass eine Kabinettsumbildung nicht erforderlich
       sei. „Die Bundeskanzlerin arbeitet mit all ihren Ministern gut und
       vertrauensvoll zusammen“, sagt auch Regierungssprecher Steffen Seibert.
       
       Aus Sicht des Politikwissenschaftlers Biebricher aber besteht für die CDU
       dringender Handlungsbedarf. „Die CDU muss jetzt Initiative zeigen, sonst
       gerät sie in eine Spirale nach unten“, sagt er. Zunächst müsse die CDU in
       der Maskenaffäre durchgreifen und beim Impfen erfolgreich werden. Laschets
       Problem dabei sei, dass dies beides nicht in seinen Händen liege. Zugleich
       müsse der CDU-Chef dringend mehr Sichtbarkeit und mehr Profil entwickeln.
       Die Forderung, die Kanzlerkandidatenfrage jetzt schneller zu entscheiden,
       aber sei zweischneidig. „Solange die Kanzlerin im Amt ist, steht der
       Kandidat wie bestellt und nicht abgeholt daneben, das spricht dagegen“, so
       Biebricher. Aber Laschet müsse mehr Profil entwickeln und sichtbarer
       werden. „Das spricht dafür.“
       
       15 Mar 2021
       
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