# taz.de -- Die Wahrheit: „Geht’s mal bald weiter da?“
       
       > In der Schlange an der Supermarktkasse belauscht – der atemberaubendste
       > Dialog des Jahres: Kunde gegen Kassiererin.
       
 (IMG) Bild: An der Kasse hält wieder jemand den ganzen Laden auf
       
       Der Typ vor mir packt Unmengen Zeugs aufs Band. Aber die Kassiererin ist
       superschnell. „Sammeln Sie Payback?“, fragt sie und haut die Endsumme rein.
       – „Nein.“ – „Wollen Sie mal versuchen?“ – „Nein, danke. Ich will diesen
       Rabattkram nicht.“ – „Okay, müssen Sie wissen“, sagt sie schnippisch.
       Während er seine restlichen Sachen abräumt, fügt sie hinzu: „Ich jedenfalls
       hab von meinen Eltern gelernt, dass man kein Geld einfach so liegen lässt.“
       
       Der Kunde blickt sie entgeistert an, sagt aber nichts. Endlich ist er so
       weit. – „Zahlen Sie mit Karte?“ – „Nein, in bar.“ Er fingert zwei Hunderter
       aus seiner Brieftasche. – „Macht dann einsneunundsiebzig. Haben Sie’s
       vielleicht kleiner?“ Der Kunde stutzt: „Wie bitte?“ – „Ob Sie’s kleiner
       haben.“ – „Nein, ich meine: Wieso nur einsneunundsiebzig? Sie meinen doch
       sicher einhundertneunundsiebzig.“ – „Hören Sie: Wenn ich einsneunundsiebzig
       sage, meine ich garantiert nicht einhundertneunundsiebzig, sondern …“, sie
       betont jede Silbe, „… einen Euro und neunundsiebzig Cent.“
       
       Sie trommelt nervös mit den Fingern. Er blickt hilflos auf die Scheine in
       seiner Hand: „Sie meinen wirklich, äh, Cent?“ – „Herrgott noch mal!“ Sie
       dreht die Digitalanzeige der Kasse so, dass auch ich es lesen kann. „Und
       falls Sie’s nicht wissen: Cents – das sind diese runden Dinger mit den
       Zahlen drauf.“
       
       ## Lachender Betriebaufhalter
       
       Ein blöder Witz, aber der Mann muss lachen. Wenn auch eher so ein „Alles
       klar, aber verarschen kann ick mir selba“. Er deutet auf seinen
       Einkaufswagen: „Das alles? Für nur …?“ – „Genau, und jetzt halten Sie hier
       mal nicht länger den Betrieb auf.“
       
       Ich schaue mich um. Tatsächlich. Die Schlange hinter mir ist schon ziemlich
       lang. Und die Einkaufswagen sind alle voll. Komisch nur: Obwohl vier
       weitere Kassen geöffnet sind, steht da niemand an. Entsprechend
       unbeschäftigt sehen die Kassiererinnen dort aus. Gelangweilt, möchte ich
       fast meinen.
       
       „Finden Sie wirklich“, sagt der Mann, „dass ein Euro neunundsiebzig für all
       das hier“, er deutet erneut auf seinen prall gefüllten Wagen – und
       versucht’s dann auf ironisch, „nicht ein kleines bisschen zu teuer ist?“ –
       „Also, wenn’s Ihnen hier zu teuer ist …“ – „Nein, ist mir nicht. Ich habe
       nur den leisen Verdacht, dass Sie sich verrechnet haben. Und zwar ganz
       gehörig. Zu meinen Gunsten.“ – „Ach, jetzt wollen Sie mir auch noch an die
       Kompetenzen? Dann schauen Se bitte mal!“ Sie zeigt ihm den Beleg aus dem
       Drucker. „Ich und mich verrechnen? Lächerlich!“
       
       ## Superteure Beutel
       
       Aus dem Hintergrund ruft jemand: „Was’n los da? Geht’s mal bald weiter?“ –
       „Schon gut, schon gut.“ Der Kunde steckt die Hunderter wieder weg, kramt
       grummelnd nach Münzen. „Ach so. Könnte ich bitte noch einen Beutel?“ – „Mit
       oder ohne Reklame?“ – „Ohne.“ Die Kassiererin reicht ihm einen, tippt was
       in die Kasse. „Dann sind das jetzt fünfhundertein Euro und neunundsiebzig.“
       Der Mann erstarrt. „Soll das etwa heißen, so ein Drecksbeutel kostet …“ –
       „Ohne Reklame 500, mit 250!“ Sie deutet auf ein Schild. Der Kunde schluckt.
       „Na, dann mit.“ – „Macht dann zweihunderteinfuffzigneunundsiebzig.“
       
       Der Kunde gibt ihr wortlos die beiden Hunderter und den Rest. – „Na bitte!“
       Die Kassiererin lacht höhnisch. „Warum nicht gleich so? Und bringen Se das
       nächste mal ’ne Tasche mit. Ist eh besser wegen der Umwelt.“ Wendet sich
       dann kopfschüttelnd mir zu. „Was bloß mit die Leute ist heute? Ham wa
       Vollmond, oder was?“
       
       Ich sage lieber nichts. Nehme später auch die Punkte.
       
       14 Apr 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fritz Tietz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Supermarkt
 (DIR) Kassiererin
 (DIR) Verbraucher
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Geheimdienst
 (DIR) Verkehrsministerium
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) SUV
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Opferradrunde auf dem Campingplatz
       
       Das pralle Sommerleben spielt zwischen Zelten und Wohnwagen – roh, nackt
       und bloß wie die Brutzelplauzen der Camper.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Enkeltrick auf dem Campingplatz
       
       Das pralle Sommerleben spielt zwischen Zelten und Wohnwagen – roh, nackt
       und bloß wie die Familienjuwelen der Camper.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Codewort? Dass wir nicht lachen!
       
       Für Agenten mit Gedächtnisproblemen ist unweit der Glienicker Brücke
       zwischen Potsdam und Berlin ein geheimes Refugium entstanden.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Mister Ortsumfahrung
       
       Heute feiert einer der wichtigsten Männer der Bundesregierung seinen
       Geburtstag: der Straßeneinweiher und Banddurchschneider Steffen Bilger.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Geschlechtsverkehrsgünstige Tarnung
       
       Nach dem Fund eines geheimen Waffendepots, das zunächst der RAF zugerechnet
       wurde, stellen sich Fragen. Vor allem am Fundort in Seevetal.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Hochfrisiert bis zum Gehtnichtmehr
       
       Kein bisschen witzig: Der große Wahrheit-Report von Deutschlands Straßen –
       und was der Mann mit dem Föhn damit zu tun hat.