# taz.de -- Die Wahrheit: Opferradrunde auf dem Campingplatz
       
       > Das pralle Sommerleben spielt zwischen Zelten und Wohnwagen – roh, nackt
       > und bloß wie die Brutzelplauzen der Camper.
       
 (IMG) Bild: Die Spülmaschine ist Teil der knechtischen Strukturen kapitalistischer Produktions- und Arbeitswelt
       
       Was ein herrlicher Tag! Sonne, blauer Himmel, kaum Wind: Ideales
       Radfahrwetter! Und tatsächlich. Schnörkels aus dem Hymer vorn am
       Hundezeltplatz radeln gerade los. Und Riedenklaus satteln auch schon die
       Taschen.
       
       „Und guck mal“, sagt die Gattin, „die Neuen aus dem Dethleffs drüben neben
       dem Propangastauscher … Sind das etwa so E-Bikes, die die haben?“ – „Was
       heißt hier E-Bikes? Wir sagen immer noch Opferrad.“ – „Opferrad?“ – „Na,
       hör mal: Fahrrad mit Motor. Warum nicht gleich noch mit Stützrädern? Und
       wie schwer so’n Ding auch ist.“ – „Ja, man sieht’s. Die haben ordentlich zu
       tun, ihre Opferräder vom Thuleträger zu wuchten.“
       
       „Ach, übrigens. Der Zahlencode von unserm Fahrradschloss … “ – „… ist mir
       noch nicht wieder eingefallen.“ – „Na gut, ist ja auch erst 33 Jahre her,
       dass du die Räder nach unserer letzten Ausfahrt hinten angeschlossen hast.
       Hey, du wolltest doch mal alle Zahlenkombinationen durchprobieren.“ – „Aber
       inzwischen sind die Räder ja so was von verrottet, die fahr’n bestimmt
       nicht mehr. Und überhaupt. Nur weil ideales Radfahrwetter ist, muss man ja
       nicht gleich mittem Rad los. Man kann doch auch einfach hier sitzen
       bleiben, oder was?“
       
       Ein kurzes Nickerchen später. „Guck mal: Rubbenstroths. Beim Federball.“ –
       „Oha! Wie sportlich. Und wie gut in Form beide sind. Da wackelt ja nichts.“
       – „Nur was wackeln soll natürlich.“ – „Ja gut, aber musst du dann gleich so
       hinstarren? Allerdings: In seinem Badehöschen ist er ja auch nicht gerade
       kein Hingucker.“ – „Ja, smarter Typ. An wen erinnert der mich bloß?“ –
       „Macaron!“ – „Macaron?“ – „Der französische Präsident.“ – „Der heißt
       Macron, Schatz. Macarons sind diese französischen Doppelkekse mit was
       Leckerem dazwischen.“ – „Dann eben Macron. Auf jeden Fall mein Traummann!
       Hach! Dem würd ich gern mal mit was Leckerem kommen.“ – „Vergiss es. Viel
       zu jung!“ – „Wie bitte? Der und zu jung für mich?“ – „Nicht er für dich. Du
       für ihn.“
       
       Sonst noch Fragen? Ja, und zwar: „Echt nicht schön, das mit Gräfin Maritza,
       oder?“ – „Du meinst die Tittentätowierte aus dem Weinsberg-Liner, der
       gleich neben dem Schrotthaufen steht, den Udo Köhne sein Wohnmobil nennt?
       Ist der nicht neulich der werte Gatte weggelaufen?“ – „Ja, Jürgen. Der ist
       dann ja jetzt direkt bei Udo Köhne eingezogen.“ – „Wie? In den seinen ollen
       Transit, Baujahr ’61? 1861, wohlgemerkt.“ – „Ja. Udo und Jürgen sind jetzt
       ein Paar.“ – „Nee, ne? Nach über 40 Jahren lässt der seine Ehefrau sitzen?“
       
       „Könnt dir natürlich nicht passieren.“ – „Von der Luxusausstattung ihres
       Turbo-Liners in die Holzwurmklasse von Köhnes Klapperkiste wechseln?
       Niemals.“ – „Auch nicht, wenn es Liebe ist?“ – „Statt einer Vollküche aus
       Blue-Perl-Granit nur Holzkohlegrill draußen? Statt indirekt beleuchtetem
       Acrylpool nur Gießkannenkaltdusche? So verliebt kann man doch gar nicht
       sein, das alles dranzugeben.“ – „Klingt so, als würdest du gern mal mit der
       Maritza anbändeln“ – „Na klar, warum nicht. Vakant wär’ sie ja jetzt.
       
       7 Jul 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fritz Tietz
       
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