# taz.de -- Die Wahrheit: Abwasch am Arsch
       
       > Ein Haus voller Besuch, und die Geschirrspülmaschine geht nicht? Ein
       > kleiner Schritt für den Hausmann, ein großer für die Menschheit.
       
 (IMG) Bild: Die Spülmaschine ist Teil der knechtischen Strukturen kapitalistischer Produktions- und Arbeitswelt
       
       Musste neulich bei minus vier Grad mit dem Fahrrad los und dachte erst:
       „Wieso, geht doch“. Aber als dann der Ost von vorne kam, hab ich mir den
       Arsch abgefroren. Dazu hakte der Umwerfer, ich konnte bei Abfahrten nicht
       mehr aufs höhere Blatt wechseln. Und dann war der Anstieg zum Langenrehm
       nicht schneegeräumt, sodass ich glatt einen Umweg nach Hause nehmen musste,
       wo aber zum Glück schon schön warm der Ofen bullerte.
       
       Und allerdings auch der Abwasch wartete, beziehungsweise der Riesenabwasch,
       weil: Das Haus war voll mit Töchtern, Schwiegersohn, Neffe, Schwägerin und
       Oma und entsprechend viel Geschirr im Einsatz. Da aber die Spülmaschine
       kurz zuvor klotten gegangen war, mussten sämtliche Drecksberge per Hand
       erledigt werden. Schön blöd! Andererseits aber auch eine schöne Gelegenheit
       für den schon längst mal fällig gewesenen Beweis, dass es auch ohne geht.
       Schließlich gilt es, Ressourcen zu schonen, statt bloß wieder nur Siemens,
       Bosch und Konsorten zu bereichern durch eine viel Geld und Rohstoffe
       verschleudernde Neuanschaffung.
       
       Die Gattin hat sich jetzt allerdings eine Testphase ausbedungen. Sollte
       sich bis Ende Januar die Handwäsche als zu nervig erweisen, dann will sie
       wieder Maschine. Meine gewichtigsten Argumente, die Menschheit sei
       schließlich Jahrtausende ohne diese ausgekommen, zudem manifestiere jeder
       Haushaltsmaschineneinsatz bloß die knechtischen Strukturen von
       kapitalistischer Produktions- und Arbeitswelt, indem er Letztere
       unterstützt, haben sie selbst als Betriebsrätin nicht überzeugt.
       
       Dabei ist doch klar: Haushaltsmaschinen wurden nur erfunden, damit die
       eingesparte Zeit für mehr Erwerbsarbeit aufgewendet werden kann. Ganz
       ähnlich verhält es sich ja mit dem Auto, das von vielen nur angeschafft
       wird, weil sie ohne angeblich nicht zur Arbeit gelangen. Zu der sie aber,
       wie sie zugleich jammern, unbedingt müssen, weil sie sich ohne Arbeit kein
       Auto leisten könnten. So viel zu den Maschinen.
       
       ## Kurz für Klamotten
       
       Klotten ist übrigens ein in Bielefeld (wo ich wegkomme) geläufiges Wiewort
       für kaputt. Wie das darin enthaltene Hauptwort Otte ebenfalls eines ist,
       dem man außerhalb Ostwestfalens eher selten begegnet. Mittlerweile in
       Norddeutschland stationiert, kam es mir kürzlich mal wieder unter, als mich
       ein alter Freund anrief und seinen dänischen Winterferienort als seine Otte
       bezeichnete. Verstand ich natürlich sofort, weil die Otte war beim
       Fangenspielen auf den Straßen meiner Kindheit jener vorher einvernehmlich
       bestimmte Laternenpfahl, an dem man, solange man ihn berührte, von den
       anderen nicht mehr gefangen werden durfte. Ein geschützter Ort also, an dem
       man kurz mal ausruhen konnte, bevor es wieder ans Weg- und Weiterrennen
       ging.
       
       Meine Otte ist jetzt die kurze Auszeit, die ich mir für den täglichen
       Abwasch nehme, bevor es dann ins nächste Rattenrennen beziehungsweise zum
       Hamsterradeln geht.
       
       18 Jan 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fritz Tietz
       
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