# taz.de -- „Arbeitsquarantäne“ auf Spargelhof: Wie Vieh gehalten
       
       > Auf einem Spargelhof werden Erntehelfer:innen nach einem
       > Corona-Ausbruch in ihren Unterkünften eingesperrt. Nur zum Arbeiten
       > dürfen sie raus.
       
 (IMG) Bild: Für Erntehelfer aus Osteuropa, hier in Schleswig-Holstein, gelten besonders strenge Regeln
       
       Diese Pandemie hat viele Hoffnungen auf eine bessere Welt zerstört. Gut
       nachvollziehen ließ sich das mal wieder diese Woche, es ging um die
       Spargelernte. Auf einem Hof im Ort Kirchdorf im Nordwesten Niedersachsens
       kam es zu einem großen, in dieser Erntesaison ersten Corona-Ausbruch. Am
       Mittwoch zählte der Landkreis 120 Infizierte, die für den Spargel- und
       Beerenbetrieb Thiermann arbeiten. 1.011 Menschen seien insgesamt untersucht
       worden, [1][berichtete die taz].
       
       Die positiv Getesteten sollen sich demnach in Quarantäne befinden. Für die
       negativ Getesteten gilt hingegen: Arbeitsquarantäne. Diese ganz besondere
       Form der Quarantäne hat sich bereits im vergangenen Jahr, als es zum
       Corona-Ausbruch in einem [2][Schlachthof des Tönnies-Konzerns] kam,
       durchgesetzt.
       
       Sie sieht für Saisonarbeiter:innen aus Osteuropa vor, dass sie ihre
       Sammelunterkünfte nur noch verlassen dürfen, um zu schuften. Schlafen,
       Essen, Arbeit. Essen ist dabei kein unwichtiger Punkt. Denn dieses muss von
       den Hofbetreibern gestellt werden, nicht selten zu hohen Preisen.
       Erntearbeiter:innen treibt man so mehr und mehr in die Abhängigkeit.
       
       Es ist ein bisschen so, als würde man Vieh halten: Ab auf die Weide und
       dann zurück in den Stall. Wer aus der Reihe tanzt, sich von der Gruppe
       löst, wird bestraft. In die Realität übertragen bedeutet das, dass ein
       Lebensmittelhändler aus dem Ort Asendorf [3][am Montag die Polizei
       verständigte], weil er Beschäftigte, die sich in Arbeitsquarantäne
       befanden, in seinem Laden entdeckte. Die Polizei rückte an, es wurden
       Platzverweise erteilt und die Arbeiter:innen wieder zurück in ihre
       Unterkünfte gebracht.
       
       ## Arbeiter:innen als Sündenböcke
       
       Statt Betriebe umzurüsten, für Unterkünfte zu sorgen, in denen
       Hygienemaßnahmen eingehalten werden können, strengere Kontrollen
       durchzuführen und Arbeiter:innen [4][durch eine Sozialversicherung
       abzusichern], werden Sonderregeln umgesetzt.Die Arbeitsquarantäne steht
       somit stellvertretend für die wirtschaftlichen Interessen eines
       Großbetriebs. Verwunderlich ist das natürlich nicht. Missstände zu
       verschleiern gehört quasi zum Geschäftsmodell. Und die Politik trägt das
       mit.
       
       Als ob Ausbeutung nicht reichen würde, werden Arbeiter:innen auch noch
       zu Sündenböcken gemacht. Sie sind es nämlich, die nun für die hohe Inzidenz
       im Landkreis und die dadurch verursachten Kontakt- und
       Ausgangsbeschränkungen verantwortlich sein sollen – niemals aber die
       Betriebe.
       
       7 May 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Erster-grosser-Ausbruch-der-Saison/!5769450
 (DIR) [2] /Corona-bei-Toennies/!5700688
 (DIR) [3] https://www.kreiszeitung.de/lokales/diepholz/nach-corona-ausbruch-auf-spargelhof-saisonarbeiter-ignorieren-quarantaene-90496132.html
 (DIR) [4] /Arbeitsbedingungen-im-Agrarwesen/!5769049
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erica Zingher
       
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