# taz.de -- UN-Ermittlung über Jesiden im Irak: Es war ein Genozid
       
       > Ein Abschlussbericht zu UN-Ermittlungen legt Beweise vor: Die Verfolgung,
       > Versklavung und Ermordung von Jesid*innen durch den „IS“ war
       > Völkermord.
       
 (IMG) Bild: Trauerfeier für vom IS getötete und in Massengräbern beerdigte Jesid*innen im Februar in Kodscho
       
       BEIRUT taz | Ein UN-Untersuchungsteam hat Beweise für [1][Völkermord an den
       Jesid*innen] durch den sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) vorgelegt.
       Das Ermittlungsteam „Unitad“ stuft die Ermordung, Vertreibung und
       Versklavung von Jesid*innen im Irak als Genozid ein. Das Team habe
       Angriffe, sexuelle Sklaverei, Verbrechen gegen Kinder und Massentötungen
       geprüft, erklärte Untersuchungsleiter Karim Khan vor dem UN-Sicherheitsrat
       am Montag. Auf Videos, die Massenexekutionen verherrlichen, sei die
       Anweisung zu hören: „Tötet sie, wo ihr sie findet.“
       
       Die [2][religiöse Minderheit der Jesid*innen], seit Jahrhunderten
       verfolgt, stammt aus dem Irak, Syrien, der Türkei und dem Iran. Sie lebt
       vor allem in der Gegend um die irakische Stadt Mossul und im nahen
       Sindjar-Gebirge. Als der IS 2014 im Nordirak die Kontrolle übernahm, zwang
       er zahlreiche Jesidinnen zur Sklaverei, tötete geschätzt 10.000 Menschen
       und vertrieb den Großteil der knapp 500.000 Jesid*innen.
       
       Das UN-Team Unitad hatte 2017 angefangen, Beweise aufzunehmen. Sie
       untersuchten Laptops und Handys von IS-Mitgliedern, analysierten
       Verwaltungsdokumente und Propaganda-Videos des IS und befragten Zeug*innen.
       
       Insgesamt hat das Team 1.444 Täter identifiziert. Einige seien „eindeutig
       für das Verbrechen des Völkermords an der jesidischen Gemeinschaft
       verantwortlich“, heißt es im Abschlussbericht. Doch der Irak habe nicht das
       erforderliche Justiz- und Rechtssystem, um die Verbrechen als Völkermord
       und nicht nur als Terrorakte ahnden zu können, erklärte Khan.
       
       ## Von Abschiebung bedroht
       
       „Wir suchen immer noch nach dem politischen Willen zur Strafverfolgung“,
       sagte [3][Nadia Murad, eine irakische Jesidin], die vom IS versklavt und
       vergewaltigt wurde. Sie kämpft als Menschenrechtsaktivistin gegen den
       Einsatz sexueller Gewalt als Kriegswaffe, [4][2018 erhielt sie dafür den
       Friedensnobelpreis].
       
       Sie hatte sich auch mit der Anwältin Amal Clooney dafür starkgemacht, dass
       der UN-Sicherheitsrat das Unitad-Ermittlungsteam gründete. Sie wollen die
       Verbrechen vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen; Unitad-Chef
       Khan ist dessen designierter nächster Chefankläger.
       
       Viele Jesid*innen sind nach Deutschland geflohen. Doch trotz
       Völkermordes gilt für sie kein genereller Anspruch auf Anerkennung als
       Geflüchtete. So entschied das Oberverwaltungsgericht Münster am Montag
       gegen eine 19-jährige irakische Jesidin in Solingen, die gegen ihre
       Abschiebung geklagt hatte. Das Gericht entschied, dass Jesid*innen im
       Irak keine Verfolgung mehr drohe.
       
       11 May 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Neumann
       
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