# taz.de -- Alternative zur Vorratsdatenspeicherung: Login-Fallen gegen Hetze
       
       > Auf der Innenministerkonferenz wird eine Alternative zur
       > Vorratsdatenspeicherung diskutiert, um besser gegen Hass im Internet
       > vorgehen zu können.
       
 (IMG) Bild: Geht das? Effektive Strafverfolgung von anomymen Hetzer:innen?
       
       KARLSRUHE taz | Mit Login-Fallen könnte Hetze im Netz grundrechtsschonender
       bekämpft werden. Ein entsprechendes Konzept wollen jetzt die
       Innenminister:innen von Bund und Ländern prüfen. Es wurde von dem
       linken digitalpolitischen Thinktank D64 entwickelt.
       
       Anlass der Diskussion ist die bald in Kraft tretende Anzeigepflicht für
       strafbare Hetze in sozialen Netzwerken. Die Netzwerke müssen strafbare
       Hasspostings dann dem Bundeskriminalamt melden. Es besteht aber die Gefahr,
       dass viele Täter:innen nicht identifiziert werden können, weil die
       Internetprovider die IP-Adressen und ihre Zuordnung oft nur einige Tage
       speichern. Die bisherigen Lösungsvorschläge waren problematisch.
       
       Per Vorratsdatenspeicherung könnten Internetprovider verpflichtet werden,
       die IP-Adressen aller Internetnutzer:innen monatelang auf Vorrat zu
       speichern. Doch die Massenspeicherung ist politisch und juristisch
       umstritten. Verfahren beim Europäischen Gerichtshof und beim
       Bundesverfassungsgericht laufen noch.
       
       Auch eine Klarnamenpflicht in sozialen Netzwerken hätte mehr Nachteile als
       Vorteile. Wenn alle nur noch unter normalen Namen posten dürfen, würden
       gerade Frauen und Angehörige von Minderheiten noch mehr Opfer von Mobbing.
       
       Alternative ist nun das Konzept der Login-Falle. Wenn ein Nutzer mit dem
       Pseudonym „arischer Wolf“ in Netzwerken hetzt, könnte der Netzwerkbetreiber
       verpflichtet werden, beim nächsten Login des „arischen Wolfs“ dessen
       aktuelle IP-Adresse zu registrieren und sofort der Polizei zu übermitteln.
       Dieser Vorschlag bräuchte keine Gesetzesänderung, nur eine direkte und
       automatisierte Kommunikation zwischen Polizei und Betreibern.
       
       Entwickelt hat den Vorschlag der digitalpolitische Thinktank D64, der
       früher als SPD-nah galt. Erst am Montag wurde das Konzept vorgestellt. Dass
       die Idee vier Tage später schon Eingang in einen Beschluss der
       Innenministerkonferenz findet, ist rekordverdächtig, zeigt aber, dass das
       Konzept Substanz zu haben scheint. Vor allem der niedersächsische
       SPD-Innenminister Boris Pistorius hatte sich dafür starkgemacht.
       
       Die Identifizierung von Straftätern in sozialen Netzwerken war aber nur
       eines von rund siebzig Themen der Innenministerkonferenz (IMK). So wollen
       die Innenminister auch [1][die Erfassung von frauenfeindlichen Straftaten]
       in der Kriminalstatistik auf den Weg bringen. „Es geht um Taten, bei denen
       Frauen Opfer werden, weil sie Frauen sind“, sagte Thomas Strobl, der
       CDU-Innenminister von Baden-Württemberg. Und Boris Pistorius ergänzte:
       „Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner
       getötet, meist ging häusliche Gewalt voraus“. Die verbesserte Statistik
       soll aber kein Selbstzweck sein, sondern als Grundlage für
       Präventionskonzepte dienen.
       
       Auch bei [2][antisemitischen Straftaten] soll die Statistik verbessert
       werden. Bisher wurden diese automatisch dem Bereich Rechtsextremismus
       zugeordnet, wenn keine anderen Indizien vorlagen. Daran gab es zuletzt
       heftige Kritik, weil islamistischer Antisemitismus so nicht deutlich genug
       werde. Die Polizei wurde von den Innenministern nun aufgefordert, genauer
       hinzuschauen. „Wir wollen mehr Präzisierung“, sagte Bundesinnenminister
       Horst Seehofer (CSU), „es soll weniger ungeklärte Fälle geben, die dann
       automatisch dem Rechtsextremismus zugeschlagen werden.“
       
       Schon vor der Innenministerkonferenz hatte die Bundesregierung beschlossen,
       afghanische Ortskräfte, die für die Bundeswehr gearbeitet hatten mit ihren
       Kernfamilien auf Wunsch nach Deutschland zu holen. Nach Abzug der
       westlichen Soldaten aus Afghanistan bestehe für sie Lebensgefahr. Die
       Länderminister forderten die Bundesregierung zudem auf, die Flugkosten zu
       übernehmen.
       
       18 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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