# taz.de -- Boom der Lastenräder in Deutschland: Revierkampf auf zwei Rädern
       
       > Lastenräder sind gut für die Umwelt. Um sie noch zahlreicher auf die
       > Straße zu bringen, muss die Infrastruktur massiv ausgebaut werden.
       
 (IMG) Bild: Lastenräder boomen und damit wird es enger auf den Straßen
       
       Auf den ersten Blick sieht es vielversprechend aus: Weit mehr als 100.000
       Lastenräder sind auf deutschen Straßen unterwegs, die Branche erwartet für
       die kommenden Jahre satte Zuwächse von 50 bis 70 Prozent jährlich. Aber: Zu
       befürchten ist, dass diese großen Räder für Transporte nicht viele
       [1][Lieferfahrzeuge] und Pkws ersetzen, sondern zusätzlich auf Straßen und
       vor allem auf Radwege drängen. Angesichts der allgemeinen Überfüllung ist
       das alles andere als eine schöne Vorstellung.
       
       Privat erworbene Lastenräder werden punktuell genutzt und stehen die meiste
       Zeit am Tag still. Aber gewerbliche – und die treiben den Boom bei den
       Verkaufszahlen – sind im Dauereinsatz. Sie werden angeschafft von
       Unternehmen, die auf einen klimafreundlichen Transport von Waren setzen
       und/oder durch den Einsatz eines Lastenrads Zeit gewinnen wollen, weil ihre
       Fahrer:innen damit an den vielen Autostaus vorbeikommen. Das Erste ist
       lobenswert, das Zweite ein riesiges Problem: Es führt zu einer massiven
       Drängelei.
       
       Denn es sind ja nicht nur die Straßen hoffnungslos verstopft, sondern auch
       viele [2][Radstreifen und -wege] überfüllt und schon ohne Lastenräder viel
       zu eng. Wenn massenhaft gewerbliche Radtransporteur:innen unterwegs
       sind und sie nicht ausschließlich vor und hinter den Fahrzeugen auf den
       Straßen fahren, werden sie mit den traditionellen Radfahrer:innen um
       den viel zu knappen Raum konkurrieren. Das setzt eine fatale Verdrängung
       aufseiten der ohnehin schwächeren Verkehrsteilnehmer:innen in Gang.
       
       Die robusten Radfahrer:innen werden ihre Wege verteidigen, die anderen
       auf Gehwege ausweichen und dort den Fußgänger:innen das Leben schwer
       machen. Und der kleine Sicherheitsgewinn, der durch den hier und da
       erfolgten Ersatz eines Lieferwagens oder gar Lasters durch mehrere
       Lastenräder entsteht, ist schnell perdu.
       
       Trotzdem sind [3][Lastenräder] eine gute Sache. Sie sind klimafreundlich,
       und ein Zusammenstoß mit Kindern, Fußgänger:innen oder Radfahrenden
       dürfte in der Regel glimpflicher ausgehen als die Kollision mit einem Pkw
       oder Lkw. Wirklich wünschenswert ist ihr hunderttausendfacher Einsatz aber
       nur, wenn die Infrastruktur massiv ausgebaut ist.
       
       Das bedeutet nicht nur, in großem Stil neue und breitere Radwege zu bauen,
       sondern auch und gerade, den Autofahrenden zugunsten der anderen
       Verkehrsteilnehmer:innen Platz wegzunehmen. Wenn sich am Grundproblem
       nichts ändert, können vermeintliche Verbesserungen schnell ins Gegenteil
       umschlagen: Es gibt zu viele Autos und Lkws auf den Straßen, nicht nur in
       den Großstädten. Es müssen weniger werden.
       
       7 Jul 2021
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
       
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