# taz.de -- Libyen-Konferenz in Berlin: Gehen die Söldner dieses Mal?
       
       > Die Teilnehmer verpflichten sich zum Abzug aller Kämpfer aus Libyen.
       > Allerdings hatten sie das vor mehr als einem Jahr bereits versprochen.
       
 (IMG) Bild: Außenminister Heiko Maas begrüßt Libyens Premier Abdul Hamid Dbaiba
       
       BERLIN taz | Bei der Libyen-Konferenz in Berlin haben sich Russland, die
       Türkei, Ägypten und andere Staaten zum Abzug aller ausländischen Kämpfer
       aus dem nordafrikanischen Land verpflichtet. Der im Rahmen einer Waffenruhe
       vom Oktober beschlossene Abzug müsse vollständig und „ohne weitere
       Verzögerung“ umgesetzt werden, hieß es in der Abschlusserklärung zur
       Konferenz am Mittwoch.
       
       Damit ist die [1][zweite Berliner Libyen-Konferenz] ähnlich wie die erste
       Version im Januar letzten Jahres verlaufen: Bereits damals hatten die
       Akteure des Konflikts ein Ende der militärischen Unterstützung für die
       Konfliktparteien beschlossen. Doch bis heute sind nach jüngsten
       UN-Schätzungen 20.000 ausländische Kräfte in Libyen im Einsatz.
       
       Am Mittwoch einigten sich nun hochrangige Vertreter aus 16 Ländern, der
       Vereinten Nationen, der EU und anderer Organisationen einvernehmlich auf
       eine Abschlusserklärung mit 58 Punkten. In dem siebenseitigen Dokument
       werden die Fortschritte in dem ehemaligen Bürgerkriegsland und der Weg von
       dem aktuellen Waffenstillstand zu einem dauerhaften Frieden skizziert.
       
       Libyen war nach dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi im Jahr
       2011 [2][in einem Bürgerkrieg versunken, an dem unzählige Milizen beteiligt
       sind]. Besonders mächtig ist General Khalifa Haftar, der mit seinen Truppen
       und Verbündeten große Gebiete im Osten und Süden Libyens kontrolliert. Seit
       dem vergangenen Jahr gilt jedoch eine Waffenruhe. In diesem Frühjahr wurde
       unter UN-Vermittlung eine Übergangsregierung gebildet, die das Land zu
       Wahlen am 24. Dezember führen soll. Dafür gibt es jedoch bisher keine
       gesetzliche Grundlage.
       
       ## Maas: „Wir werden keine Ruhe geben“
       
       Der möglichst schnelle Abzug ausländischer Milizen und die Neuwahlen sollen
       eine Neuauflage des Ost-West-Krieges in Afrikas ölreichstem Land
       verhindern. Gastgeber Bundesaußenminister Heiko Maas versprach dem
       angereisten libyschen Premier Abdul Hamid Dbaiba und Außenministerin Najla
       Mangoush auch in Zukunft ein starkes deutsches Engagement.
       
       „Wir werden keine Ruhe geben bis die letzte ausländische Kraft das Land
       verlassen hat“, so Maas auf einer Pressekonferenz im Auswärtigen Amt, auf
       der er Mangoush freundschaftlich mit dem Vornamen ansprach.
       
       Die libysche Delegation war anders als im letzten Januar letzten Jahres als
       gleichberechtigter Konferenzteilnehmer angereist. Die damaligen
       Kriegsgegner Regierungschef Fayez Serraj und General Hafter waren nicht
       einmal zusammen in das Kanzleramt gekommen.
       
       Der Krieg ist vorbei, von den damals in Berlin beschlossenen 55 Punkten ist
       bis heute allerdings kaum etwas umgesetzt worden. Dass der Waffenstillstand
       dennoch hält, hat sogar mit dem offenen Wortbruch des Abkommens durch
       Russlands Präsidenten Wladimir Putin und Türkeis Staatschef Recep Tayyip
       Erdoğan zu tun, die damals von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen
       wurden.
       
       ## Nach erster Konferenz mehr Söldner als je zuvor
       
       Laut der Expertenkommission der Vereinten Nationen erhielten die libyschen
       Kriegsparteien direkt nach der ersten Berliner Konferenz mehr Waffen und
       Söldner aus Russland, der Türkei und anderen Ländern als je zuvor.
       Türkische Drohnen und über die Türkei eingeflogene syrische Rebellen
       schlugen schließlich Hafters von russischen, emiratischen und ägyptischen
       Militärs unterstütze Söldnerarmee in die Flucht.
       
       Ein russisch-türkisches Geheimabkommen dürfte der Grund dafür sein, dass es
       an der ehemaligen Front in der Nähe von Muammar Gaddafis ehemaliger
       Heimatstadt Sirte ruhig ist. In Zentrallibyen stehen moderne russische
       MiG-29-Kampfjets und Militärberater der Sicherheitsfirma Wagner den
       türkischen Militärberatern gegenüber, die westlibysche Milizen gegen
       Hafters Eroberungsversuch verteidigt hatten.
       
       Im Rahmen des so genannten „Berliner Prozesses“ sollen die auf insgesamt
       auf über 20.000 Mann geschätzten Söldner nun aus Libyen abziehen. Der
       erstmals nach Berlin gereiste US-Außenminister Blinken zeigte sich
       optimistisch, dass die Umsetzung der Konferenzziele nun endlich gelingt und
       lobte die deutsche Führungsrolle im Libyen-Konflikt. „Das Ganze ist ein
       Marathon und kein Sprint“, warnte Außenminister Maas auf der
       Pressekonferenz im Auswärtigen Amt.
       
       Doch hinter den Kulissen des Projektes wurden auch die
       Meinungsverschiedenheiten zwischen einigen Teilnehmern deutlich. Der
       ägyptische Außenminister Sameh Skukry beschwerte sich über den türkischen
       Versuch, den Abzug der Söldner zu verzögern, und lobte seinen französischen
       Kollegen Le Drian für die Forderung nach einem klaren Zeitplan.
       
       ## Moskau bestreitet weiterhin Präsenz in Libyen
       
       Auch Ägypten und Paris unterstützen Hafters Armee, der im Gegenzug ihren
       Spezialkommandos die Erlaubnis für Einsätze gegen den Islamischen Staat und
       andere Islamisten gibt. Die Türken bestehen hingegen darauf, dass ihre
       Militärberater auf Basis eines mit der libyschen Übergangsregierung im
       letzten Jahr geschlossenen militärischen Beistandspaktes im Land sind und
       bleiben dürfen. Moskau hingegen bestreitet trotz klarer Beweise von
       UN-Experten überhaupt in Libyen militärisch vertreten zu sein.
       
       Die libysche Außenministerin Najla Mangoush wirkte ernst, als sie auf der
       kurzen Pressekonferenz Heiko Maas für den Berliner Prozess dankte. „Ich
       erwarten in den nächsten Tagen den Abzug der ersten Söldner. Wir Libyer
       haben genug den vielen Worte, wir wollen Taten sehen.“
       
       24 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Zweite-Berliner-Libyen-Konferenz/!5716131
 (DIR) [2] /Krieg-in-Nordafrika/!5682847
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mirco Keilberth
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
 (DIR) Türkei
 (DIR) Russland
 (DIR) Heiko Maas
 (DIR) Abdul Hamid Dbaiba
 (DIR) Milizen in Libyen
 (DIR) Chalifa Haftar
 (DIR) Drohnen
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
 (DIR) Chalifa Haftar
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Drohnen mit todbringender Fracht: Militärische Roboter
       
       Bewaffnete Drohnen sollen künftig autonom agierend in den Krieg ziehen.
       Forscher und Politiker befürchten eine neue Rüstungsspirale.
       
 (DIR) Friedensprozess für Libyen: In der Sackgasse
       
       In Libyen soll noch dieses Jahr gewählt werden, um den Krieg dauerhaft zu
       beenden. Doch Kriegsherr Haftar droht bereits mit einer neuen Offensive.
       
 (DIR) Nach der Libyen-Konferenz: Die Bewährungsprobe
       
       Die Lage in Libyen hat sich deutlich verbessert. Trotzdem muss Deutschland
       auch mit Blick auf den erhofften Sitz im UN-Sicherheitsrat mehr leisten.
       
 (DIR) Nach der Libyen-Konferenz: „Keinen Schritt näher“
       
       Am Tag nach der Konferenz in Berlin ist die libysche Delegation gespalten.
       Premierminister Dbaiba ist optimistisch, andere sehen keine Fortschritte.
       
 (DIR) Libyen-Konferenz in Berlin: Tropfen in der libyschen Wüste
       
       Mit der Einheitsregierung und einem vereinbarten Wahltermin geht die
       Stabilisierung Libyens voran. Gefährlich und problematisch bleiben die
       Söldner.
       
 (DIR) UN-Ermittler decken auf: Trumps Libyen-Debakel
       
       Elitekämpfer einer US-Söldnerfirma sollten die international anerkannte
       Regierung in Libyen ausschalten. Doch das „Projekt Opus“ ging schief.
       
 (DIR) Zweite Berliner Libyen-Konferenz: Virtuelles Treffen, virtuelles Land
       
       Libyen bleibt politisch gelähmt, trotz vorläufiger Einstellung der Kämpfe.
       Und weiterhin strömen von außen Waffen ins Land.
       
 (DIR) Krieg in Nordafrika: Who's who in Libyen
       
       Eine Regierung ohne Macht, ein Militärchef ohne Regierung und ein Parlament
       ohne Funktion – ein Überblick über den Dauerkriegsschauplatz Libyen.