# taz.de -- Urteil gegen Kölnerin in Istanbul: Zehn Jahre Haft für Gönül Örs
       
       > Ein türkisches Gericht hat die Kölnerin unter anderem wegen
       > Terrorpropaganda verurteilt. Eine Ausreisesperre wurde allerdings
       > aufgehoben.
       
 (IMG) Bild: Gönül Örs im im Flur des Gerichts in Caglayan
       
       ISTANBUL taz | Gönül Örs, Deutsche mit kurdisch-türkischem Hintergrund, ist
       in Istanbul wegen angeblicher Unterstützung der PKK zu mehr als zehn Jahren
       Haft verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, deshalb
       bleibt Gönül Örs auf freiem Fuß.
       
       Gleichzeitig mit dem harten Urteil hob das Gericht allerdings ihre
       Ausreisesperre auf. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagte Gönül Örs,
       sie empfinde das Urteil als einen Skandal. Sie werde Berufung einlegen.
       Allerdings werde sie die Türkei so schnell wie möglich verlassen und das
       weitere Verfahren von Deutschland aus betreiben.
       
       Die 39 Jahre alte Sozialarbeiterin aus Köln war im Mai 2019 bei ihrer
       Einreise in die Türkei noch am Flughafen verhaftet worden. Sie wollte nach
       Istanbul einreisen, weil ihre Mutter, die Sängerin Hozan Cane (57 Jahre),
       zu der Zeit dort im Gefängnis saß. Die türkische Regierung und Justiz
       werfen den beiden deutschen Frauen vor, in der einen oder anderen Weise die
       in der Türkei als Terrororganisation eingestufte PKK zu unterstützen.
       
       Hozan Cane war zum Präsidentschaftswahlkampf im Sommer 2018 in die Türkei
       gekommen, um als Sängerin die Kampagne von Selahattin Demirtas, dem
       ehemaligen Co-Vorsitzenden der [1][kurdisch-linken HDP], zu unterstützen.
       Sie wurde aus dem Tourbus heraus verhaftet und als vermeintliches Mitglied
       der PKK angeklagt und verurteilt. Der oberste Gerichtshof hob das Urteil
       später auf und verfügte, dass Hozan Cane höchstens wegen Propaganda für die
       PKK angeklagt werden darf. Sie ist im Moment auf freiem Fuß, darf nicht
       ausreisen und wartet auf ihren zweiten Prozess.
       
       ## BKA-Beamter gab Unterlagen weiter
       
       Als ihre Tochter Gönül im Mai 2019 in Istanbul ankam, lag den Grenzbeamten
       bereits ein Dossier über sie vor. Sie hatte sich 2012 auf einem
       Touristendampfer auf dem Rhein an einer Aktion „Freiheit für Öcalan“, den
       früheren Chef der PKK, der seit 1999 in der Türkei inhaftiert ist,
       beteiligt. Dabei wurden Transparente von Öcalan gezeigt und die Passagiere
       für kurze Zeit festgehalten. Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelte im
       Anschluss auch gegen Örs, stellte das Verfahren aber ein. Dennoch gab ein
       Beamter des BKA die Unterlagen des Ermittlungsverfahrens an einen
       türkischen Verbindungsbeamten weiter.
       
       Auf dieser Grundlage wurde Gönül Örs dann in Istanbul angeklagt. Das
       Gericht verurteilte sie nun wegen Terrorpropaganda, Freiheitsberaubung (der
       Touristen auf dem Schiff) und Entführung eines Beförderungsmittels zu zehn
       Jahren und 6 Monaten Haft.
       
       Obwohl sich der Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe und einige
       andere Freunde und Familienangehörige der beiden Frauen für ihre
       Freilassung in Deutschland engagiert hatten, blieb die Reaktion in
       Deutschland doch wesentlich verhaltener als in den Fällen des
       [2][Journalisten Deniz Yücel] und des Menschenrechtlers Peter Steudtner.
       Entsprechend weniger habe sich die Bundesregierung für die Freilassung der
       beiden engagiert, beklagten Angehörige in Köln. Dennoch waren und sind die
       beiden Frauen hinter den Kulissen immer wieder Thema zwischen dem deutschen
       und türkischen Außenminister gewesen. Wohl deshalb kann Gönül Örs die
       Türkei jetzt auch verlassen.
       
       24 Jun 2021
       
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