# taz.de -- Präsident von Haiti: Moïse in seiner Residenz getötet
       
       > Bei einem bewaffneten Angriff ist der haitianische Präsident Jovenel
       > Moïse tödlich verletzt worden – inmitten einer tiefen politischen Krise.
       
 (IMG) Bild: Haitis Präsident Jovenel Moïse wurde in der Nacht zum Mittwoch getötet
       
       BERLIN taz | Der Präsident von [1][Haiti], Jovenel Moïse, ist tot. „Eine
       Gruppe nicht identifizierter Individuen, von denen einige Spanisch
       sprachen“, so die Mitteilung des Premierministers Claude Joseph am
       Mittwoch, habe gegen 1 Uhr früh Ortszeit die Residenz des Präsidenten
       angegriffen, ihn „tödlich verletzt“ und seine Frau Martine angeschossen.
       Der Premierminister rief angesichts des „unmenschlichen und barbarischen“
       Akts zur Ruhe auf und erklärte, die Lage sei unter Kontrolle.
       
       Damit vertieft sich die politische Krise im ärmsten Land Amerikas weiter.
       Zuletzt hatte die Bevölkerung immer wieder [2][gegen die Herrschaft des
       53-jährigen Moïse protestiert]. Aus Sicht der Opposition war seine
       fünfjährige Amtszeit am 7. Februar 2021 abgelaufen, fünf Jahre nach dem
       Ende der Amtszeit seines Vorgängers am 7. Februar 2016. Doch Moïse selbst
       trat sein Amt erst am 7. Februar 2017 an, nach mehrfach verschobenen und
       massiv boykottierten Wahlen, und war daher der Überzeugung, sie laufe bis
       7. Februar 2022.
       
       Er regierte per Dekret, da die Legislaturperiode des Parlaments 2020
       abgelaufen war und es keine Neuwahlen gab. Eine neue Verfassung und
       Neuwahlen waren in Planung, doch ein Verfassungsreferendum wurde im Juni
       auf unbestimmte Zeit verschoben und Gewalt breitet sich aus. 1,5 Millionen
       der 12 Millionen Einwohner Haitis sind nach UN-Angaben direkt von Gewalt
       betroffen, in Form von Versorgungsengpässen, Strom- und Benzinknappheit und
       „allgemeinen Plünderungen“, wie ein UN-Bericht vergangene Woche
       feststellte.
       
       ## Abgesetzter Premier übernimmt Kontrolle
       
       Erst am vergangenen Donnerstag schlugen die in Haiti tätigen deutsche
       Hilfswerke Brot für die Welt, medico international und Misereor Alarm:
       „Schwer bewaffnete Banden sind in den vergangenen Tagen erstmals aus ihren
       angestammten Vierteln zu den wichtigsten Knotenpunkten der Hauptstadt
       Port-au-Prince vorgedrungen. Sie haben so die Versorgung im Süden und
       Norden des Landes unter ihre Kontrolle gebracht.“ Dies sei „Teil einer
       kalkulierten Strategie des Präsidenten“, so die Hilfswerke: „In einer als
       unregierbar definierten Situation präsentiert er sich als die einzige
       politische Lösung, um die Gewalt einzudämmen.“
       
       Nun ist Moïse tot. Während offiziell von „spanisch sprechenden“ Angreifern
       die Rede ist – Spanisch wird in der benachbarten Dominikanischen Republik
       gesprochen –, hieß es in anderen Berichten, die Angreifer hätten auf
       Englisch gerufen, sie führten einen Einsatz der US-Antidrogenbehörde DEA
       aus. Dass die Mordnachricht von Premierminister Joseph kommt, wirft Fragen
       auf: Erst am Montag war dieser vom Präsidenten abgesetzt und durch den
       angesehenen Arzt Ariel Henry ersetzt worden, zuvor Chef der Neurochirurgie
       im Krankenhaus der Hauptstadt. Der sollte mit der Opposition eine Regierung
       der Nationalen Einheit bilden. Aber die Amtsübergabe stand noch aus. Nun
       reklamiert der abgesetzte Premier die Kontrolle und hat den Ausnahmezustand
       ausgerufen.
       
       7 Jul 2021
       
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