# taz.de -- Olympia-Eröffnungsfeier: Tokioter Elegien
       
       > Die Olympischen Sommerspiele in Tokio sind eröffnet. Zuschauer und
       > Vorfreude gibt's beim Opening meist nur in homöopathischen Dosen.
       
 (IMG) Bild: Argentinische FahnenschwenkerInnen bei der Eröffnungsfeier in Tokio
       
       Nun sind sie also offiziell eröffnet, die in olympischen Dimensionen
       ungeliebten Sommerspiele von Tokio. Freitagmittag deutscher Zeit fand die
       Eröffnungsfeier im fast leeren Olympiastadion statt – ein Präludium in
       Moll. Zugelassen im Rund waren nur etwa 1.000 Olympia-VIPs, Ehrengäste,
       Spitzenpolitiker, Freiwillige und Journalisten.
       
       Ruhig, zurückgenommen und elegisch begann die Zeremonie, deren
       künstlerischer Leiter [1][Kentaro Kobayashi] vor zwei Tagen von seinen
       Aufgaben entbunden wurde, weil er im Jahr 1998, noch in seiner Karriere als
       Comedian, einen Sketch aufführte, in dem er sich über den Holocaust lustig
       gemacht hatte.
       
       Dann marschierten zwei Hanseln ein und postierten sich vor weißen
       Luxussesseln: IOC-Chef Thomas Bach, der in Japan so beliebt ist wie ein
       Corona-Nasenabstrich, und Kaiser Naruhito, dessen Mittelscheitel wieder mit
       beeindruckender Präzision gezogen war.
       
       Andere zogen es vor, nicht zu erscheinen, wie der [2][Toyota-CEO Akio
       Toyoda]. Sein Fehlen und das aller anderen potenzierte die Leere in der
       Arena. Entropie allerorten, und wer schon einmal eine Eröffnungsparty in
       all ihrer Opulenz erlebte, die sekündliche Verschiebung von Menschenmassen
       und Kulissen, das Ausreizen aller technischen Möglichkeiten, der erlebte in
       Tokio nun eher einen Kontrapunkt – trotz eines recht eindrucksvollen
       Drohnenflugmanövers über der Arena, das endlich auch ein paar Tokioter
       außerhalb der Bubble goutieren konnten.
       
       ## Ausnahme Argentinien
       
       Die relativ effektarme Inszenierung war so erwartet worden, denn die
       japanische Öffentlichkeit muss erst noch dazu überredet werden, die Spiele
       zu adoptieren. Und dann ist da auch noch das Coronavirus, das ja fast schon
       die ganze Welt mit einer Schicht Mehltau überzogen hat.
       
       So fehlte also alles, was normalerweise am Vorabend der ersten
       Olympia-Entscheidungen zu bestaunen ist: enthusiastische Fans, die mit
       Blitzlichtern und Smartphones für eine chaotische Choreografie auf den
       Rängen sorgen, Sportler und Sportlerinnen, die mit einem einmaligen Gefühl
       der Erhabenheit dem Fahnenträger folgen. Was wir sahen: Athleten mit Masken
       und, je nach Ermessen, Abstand.
       
       Aber dann? Was war das? Die Abgesandten aus Argentinien flippten förmlich
       aus. Die sich verklumpende Marschformation tanzte und sang. Auch die
       US-Amerikaner und Franzosen gingen aus sich heraus, während Deutschlands
       Abordnung sich wieder einmal um den Sonderpreis für die schlechtesten
       Klamotten bewarb.
       
       Na bitte, Argentina: Es geht doch auch anders, man muss nur das Beste aus
       einer an sich abtörnenden Situation machen; und dazu gehört auch, bei der
       Schmonzetten-Prosa von Thomas Bach – „Diese Solidarität ist der Treibstoff
       für unsere Vision, die Welt zu einem besseren Ort zu machen“ – auf stumm zu
       schalten.
       
       Diese merkwürdigen Spiele in den kommenden 14 Tagen noch zu einem halbwegs
       konsumierbaren Sportfest zu machen, das ist nun die Aufgabe von etwa 11.000
       Sportlern, die an 41 Olympiastätten und in 33 Sportarten um Plaketten
       kämpfen. Diese Solidarität ist der Treibstoff für unsere Vision, die Welt
       zu einem besseren Ort zu machen
       
       23 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.japantimes.co.jp/news/2021/07/22/national/olympic-ceremony-kentaro-kobayashi-quits/
 (DIR) [2] https://global.toyota/en/detail/6912320
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
       ## TAGS
       
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