# taz.de -- Nach Abzug aus Afghanistan: Der außenpolitische Sargnagel > Die Überraschung deutscher Politiker über den schnellen Sieg der Taliban > zeugt von extremer Gleichgültigkeit. Doch Wegschauen löst das Problem > nicht. (IMG) Bild: Die Menschen hoffen, noch einen Platz in einem Flugzeug am Flughafen Kabul zu ergattern; 17.08.2021 Im Gespräch [1][mit Außenminister Heiko Maas] rang Marietta Slomka, Moderatorin des [2][ZDF-„heute journals“], sichtlich um Fassung. Sie konfrontierte den Außenminister immer wieder mit dem persönlichen Schicksal von Menschen in Afghanistan. Menschen, die für die Demokratie und die Deutschen in Afghanistan im Einsatz waren und die nun auf der Flucht durch die Straßen Kabuls irren. Maas rechtfertigte sich. Diese Lage habe niemand voraussehen können. Außerdem tue man alles, um den afghanischen Mitarbeitern die Ausreise noch zu ermöglichen. Slomka insistierte: Die Taliban kontrollieren die Straßen. Sie haben einen Ring um den Flughafen Kabul gezogen und blockieren die Zufahrtsstraßen. Wer Dokumente mit sich führt, die belegen, für die Deutschen gearbeitet zu haben, begibt sich in Lebensgefahr. Wie soll man da jetzt noch aus dem Land kommen? Hätte das Auswärtige Amt nicht früher mit der Evakuierung gefährdeter Menschen beginnen müssen? Die Taliban waren ja seit Mai rasant [3][auf dem Vormarsch]. Der Außenminister erwiderte stoisch: Die jetzige dramatische Lage habe niemand vorhersehen können. Wirklich? Maas und genauso wenig Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer oder die ihnen zuarbeitenden Dienste? Ebenso wenig wie US-Präsident [4][Joe Biden]? Das scheint nur glaubwürdig, insofern eine extreme Gleichgültigkeit gegenüber dem zukünftigen Geschehen in Afghanistan vorherrschte. Tatsächlich sprach man doch schon lange davon, dass Afghanistan nach dem Abzug wieder komplett an die Taliban gehen würde. Die große Frage schien nur, wann. Früheren Äußerungen von Maas zufolge rechnete man erst einige Monate nach der Bundestagswahl damit. Reines Wunschdenken. Der offenkundige Zynismus, das Sich-selbst-Überlassen der demokratischen Kräfte Afghanistans, das unerträgliche Schlussdebakel nach 20 Jahren Einsatz am Hindukusch ist der außenpolitische Sargnagel dieser Großen Koalition. Regierende tragen Verantwortung. Wer glaubt, mit einem Abzug der demokratischen Truppen aus Afghanistan hätte man die von dort ausgehenden Probleme vom Hals, dürfte schon bald eines Besseren belehrt werden. Es ist ein globalisierter Konflikt, bei dem auch über die Rolle Pakistans gesprochen werden muss. Und er wird langfristig teuer bleiben. Misswirtschaft und totalitäre Herrschaft erzeugen neue Fluchtbewegungen. In der Phase der Machtetablierung geben sich die Taliban-Anführer propagandistisch milde. Sitzen sie fest im Sattel, kommt die große Repression. Derweil irren afghanische Demokraten, die auf die internationale Gemeinschaft vertrauten, angsterfüllt im Land umher. Einzelne haben vielleicht noch die Chance, herauszukommen. Ein wenig Drohpotenzial gibt es seitens des Westens in der Übergangsphase noch. Der große Rest wird sich selbst überlassen bleiben. 19 Aug 2021 ## LINKS (DIR) [1] /Heiko-Maas/!t5011509 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=hY5SFHHLz6w (DIR) [3] /Bundeswehr-Abzug-aus-Afghanistan/!5779297 (DIR) [4] /Nach-der-Machtuebernahme-der-Taliban/!5793933 ## AUTOREN (DIR) Andreas Fanizadeh ## TAGS (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Schwerpunkt Islamistischer Terror (DIR) Schwerpunkt Flucht (DIR) Truppenabzug (DIR) Bundeswehr (DIR) Heiko Maas (DIR) Joe Biden (DIR) Demokratisierung (DIR) GNS (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Schwerpunkt Rassismus (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Protest (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Schwerpunkt Afghanistan (DIR) Schwerpunkt Afghanistan ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Aufnahme von afghanischen Geflüchteten: Ein moralisches Dilemma Wen zuerst aus Afghanistan rausholen? Gefährdete, die sich verstecken oder die, die es an den Flughafen schaffen? Jetzt heißt es: pragmatisch vorgehen. (DIR) Buch von Séverine Autesserre: Friedenspolitik von unten Die globale Außenpolitik hat sich verrannt, wie sich zurzeit in Afghanistan offenbart. Séverine Autesserre zeigt in ihrem Buch, wie es anders geht. (DIR) Selektive Aufnahme von Geflüchteten: Zwei-Klassen-Asyl Die Luftbrücke aus Kabul ist richtig. Umso größer ist der Hohn für die Schutzsuchenden, die nicht für ausländische Regierungen gearbeitet haben. (DIR) Terrorismusforscher über Taliban-Sieg: „Die Symbolik ist schon stark“ Dschihadisten überall auf der Welt nutzten den Sieg der Taliban für ihre Zwecke, sagt Peter Neumann. Doch die Gruppe selbst habe keine globalen Ambitionen. (DIR) Flucht aus Afghanistan: Zurück zu #RefugeesWelcome Statt zu flüchten sollten die Menschen in Afghanistan lieber für ihr Land kämpfen, fordern Wohlstandsdeutsche. Menschenleben scheinen ihnen egal zu sein. (DIR) Aktuelle Nachrichten zu Afghanistan: Warnschüsse am Kabuler Flughafen Um die Menschenmenge zurückzudrängen, haben Talibankämpfer am Flughafen in Kabul Warnschüsse abgefeuert. Die Kritik an der Rolle des BND hält an. (DIR) Bundeswehrmandat für Afghanistan: Manche haben Pech gehabt Nach der Machtübernahme in Afghanistan wirft die Opposition der Bundesregierung Versagen vor. Es hätten früher mehr Menschen gerettet werden müssen. (DIR) EU nach Abzug aus Afghanistan: Hilflosigkeit und Angst Groß ist die Sorge in der EU vor neuen Flüchtlingen aus Afghanistan. Brüssel signalisiert frühzeitig eine Kooperation mit Ankara, Islamabad und Teheran. (DIR) Aktuelle Nachrichten zu Afghanistan: 600 Soldaten für Evakuierungsaktion Iran befürchtet eine Zuspitzung der Corona-Lage durch afghanische Flüchtende. Die Bundesregierung billigt den Einsatz von 600 Soldaten in Afghanistan. Der Überblick. (DIR) Afghanistan-Demo in Berlin: „Holt sie raus“ Mehr als 2.000 Menschen fordern vor dem Bundestag eine Luftbrücke für Menschen in Afghanistan: Nicht nur für Ortskräfte, sondern für alle Gefährdeten. (DIR) Afghanistan nach dem Machtwechsel: Die Charmeoffensive Bei der ersten Pressekonferenz nach der Machtübernahme haben sich die Taliban versöhnlich gegeben. Vor allem Frauen haben Zweifel an den Versprechen. (DIR) Machtübernahme in Afghanistan: Alltag in Angst Die Taliban bauen ihre Herrschaft in Afghanistan systematisch aus. Vorerst geht es um die Sicherheitsorgane und eine funktionierende Wirtschaft. (DIR) Afghanistan nach dem Machtwechsel: Last Exit Kabul Airport Nach der Machtübernahme der Taliban wollen Tausende Afghanistan verlassen. Ein US-Flugzeug rettete 640 Menschen – anders als die Bundeswehr. (DIR) Der Westen und Afghanistan: Biden verteidigt Abzug der Truppen Joe Biden erklärt, dass das Ziel der Demokratisierung Afghanistans nicht zu erreichen gewesen sei. Die US-Medien reagieren unterschiedlich darauf.