# taz.de -- Evakuierungen aus Afghanistan: Bittere Realpolitik
       
       > An den Taliban führt bei der Evakuierung der bedrohten Menschen aus
       > Afghanistan kein Weg vorbei. Eine offene Konfrontation wäre zu riskant.
       
 (IMG) Bild: Nicht glücklich war Boris Johnson über Bidens Entscheidung, am Abzugstermin festzuhalten
       
       Die [1][Massenevakuierung] zehntausender Menschen aus Afghanistan bleibt
       ein riskantes Stückwerk, dessen Ursache politische Fehlentscheidungen sind.
       Die Evakuierung endet zu früh und ist den neuen realen Machtverhältnissen
       geschuldet. Der Einsatz der Soldaten, die Landsleute und Ortskräfte
       herausholen, ist für die Uniformierten eine extreme physische und
       psychische Belastung. Die Gefahr von Anschlägen wie von
       Kurzschlussreaktionen oder einer tödlichen Massenpanik sind real.
       
       Politiker wie US-Präsident Joe Biden und auch die Bundestagsabgeordneten
       tragen Verantwortung für die Soldaten und agieren vor allem aus
       innenpolitischem Kalkül. Biden hat stark an Ansehen verloren. Eine
       Verlängerung der Evakuierungsmission über das von ihm [2][ursprünglich
       selbst genannte Datum] hinaus ließe ihn wankelmütig erscheinen und neuen
       Zweifel an seinen Führungsqualitäten wecken.
       
       Auch könnten die Evakuierungen letztlich nur mit [3][Duldung der Taliban]
       fortgesetzt werden. Denn jede Konfrontation mit den neuen afghanischen
       Machthabern nach dem 31. August, an dem sie die Evakuierungen beendet sehen
       wollen, birgt unkalkulierbare Risiken. Die Nato hat die Taliban in zwanzig
       Jahren nicht besiegen können und kann sie deshalb auch jetzt nicht
       ignorieren.
       
       Im Sinne eines politischen Übergangs mit (begrenzten) humanitären
       Ansprüchen muss mit ihnen gesprochen werden, wie dies am Dienstag sogar der
       CIA-Chef persönlich in Kabul demonstrierte. Das ist Realpolitik. Da die
       Taliban inzwischen gemerkt haben, dass sie zwar Feinde ins Ausland
       entsorgen lassen können, jedoch Probleme drohen, wenn auch viele Fachkräfte
       fliehen, wollen sie die Evakuierungen beendet sehen.
       
       Darüber hinaus ist es für sie ein Ansehensverlust, wenn Zehntausende
       fliehen. Deshalb werden jetzt nicht mehr alle aus Afghanistan herausgeholt
       werden, bei denen die internationale Gemeinschaft in der moralischen
       Pflicht steht. Schon bei den Abzugsentscheidungen von [4][Donald Trump] und
       Joe Biden standen innenpolitische Motive im Vordergrund, das Schicksal von
       Afghanen und Afghaninnen war nicht entscheidend.
       
       Und bei den Evakuierungen jetzt hatten diejenigen, die nicht in Kabul sind,
       von vornherein schlechte bis gar keine Chancen. Das ist bitter, ungerecht
       und für manche tödlich. Mit Verhandlungsgeschick und hohem Geldeinsatz
       lassen sich vielleicht später noch manche Ortskräfte auf zivilen Wegen aus
       dem Land herausholen, sofern sich die Taliban nicht schon an ihnen
       vergriffen haben.
       
       Doch letztlich können die Evakuierungen – jetzt oder später – die
       politischen Fehlentscheidungen im Vorfeld des Abzugs und seines Ablaufes
       nur begrenzt korrigieren. Die politischen Verantwortlichen müssen deshalb
       für die Fehler zur Rechenschaft gezogen werden.
       
       25 Aug 2021
       
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 (DIR) Sven Hansen
       
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