# taz.de -- Vergesellschaftung von Wohnungen: „An Konzerne verhökert“
       
       > Philipp Metzger, Herausgeber des Bandes „Wohnkonzerne enteignen“ ist der
       > Meinung, dass ein Mietendeckel auch bundesweit Erfolg haben könnte.
       
 (IMG) Bild: Mehr Deckel für Mieten: Plakat auf der Mietendemo in Berlin am 11. 9. 2021
       
       taz: Herr Metzger, bezieht sich der Titel Ihres Buches „Wohnkonzerne
       enteignen“ nur auf die [1][Berliner Kampagne Deutsche Wohnen und Co.
       enteignen] oder könnte die Forderung auch in anderen Städten aktuell
       werden? 
       
       Philipp Metzger: In den letzten Jahren ist die Zahl von Sozialwohnungen
       kontinuierlich gesunken. Bei dem allergrößten Teil der Immobilien der
       Konzerne handelt es sich [2][um ehemaligen sozialen Wohnungsbau]. Ich halte
       es für falsch, dass mit staatlichem Geld Wohnungen gebaut wurden und diese
       später an Konzerne verhökert worden sind. Ich plädiere dafür, dass diese
       Wohnungen wieder vergesellschaftet werden. Nur [3][Bauen, Bauen, Bauen]
       wird das Problem allein nicht lösen können. In Zukunft sollte die Regel
       gelten: einmal sozialer Wohnungsbau, immer sozialer Wohnungsbau.
       
       Sie widmen den börsennotierten Wohnkonzernen und dabei speziell Vonovia und
       DW im ersten Teil Ihres Buch ausführliche Kapitel. Warum? 
       
       Vonovia ist der größte Player unter den börsennotierten
       Wohnimmobilienkonzernen. Größe ist ein entscheidender Konkurrenzvorteil
       auf dem Immobilienmarkt. Deshalb versucht die Vonovia schon seit einigen
       Jahren, die DW zu übernehmen. Im Jahr 2015 hat die Vonovia es mit einer
       feindlichen Übernahme versucht, aber ist am Widerstand der DW gescheitert.
       Zwischen den Chefs, Rolf Buch von Vonovia und Michael Zahn von DW, soll
       seitdem nicht das beste Verhältnis bestehen.
       
       Warum scheiterte auch der zweite Fusionsversuch? 
       
       Im Mai 2020 startet die [4][Vonovia einen neuen Versuch], aber diesmal mit
       einer freundlichen Übernahme, mit Zustimmung des DW-Vorstands. Die Vonovia
       machte den Aktionären der DW ein Kaufangebot. Viele Investoren wollten das
       Angebot annehmen. Allerdings gab es einige Hedgefonds, die sich gegen den
       Verkauf entschieden. Offensichtlich spekulierten diese Hedgefonds auf ein
       höheres Angebot, aber Vonovia war nicht bereit, den Preis zu erhöhen.
       
       Sind die Fusionspläne damit vom Tisch? 
       
       Nein, obwohl die Übernahme abermals scheiterte, ließ Vonovia nicht locker
       und startete im August 2021 eine erneuten Übernahmeversuch. Diesmal erhöhte
       der Bochumer Konzern das Angebot. Am 20. September endet die Frist und dann
       werden wir sehen, ob diesmal die Hedgefonds bereit sind zu verkaufen.
       
       Die letzten 60 Buchseiten sind den Alternativen auf dem Wohnungsmarkt
       gewidmet. Welche Rolle spielt dabei die Kampagne DW enteignen? 
       
       Es handelt sich um die wichtigste linke Kampagne der letzten Jahrzehnte.
       Sollte das Volksbegehren ein Erfolg werden, dann würde sich auf dem
       Berliner Immobilienmarkt tatsächlich einiges grundlegend zum Vorteil der
       Mietenden verbessern. Zudem könnte der Erfolg bundesweite Strahlkraft
       entfalten. Bisher regierte die neoliberale Logik, nach dem Motto: Der Markt
       kann es besser als der Staat. Wenn diese Logik auf dem Immobilienmarkt
       zurückgewiesen wird, könnten sich die Leute fragen: Ist es wirklich eine
       gute Idee, Gesundheit, Bildung, Verkehr, um nur einige zu nennen, zunehmend
       zu privatisieren?
       
       Was wird von der Kampagne bleiben, wenn das Volksbegehren am 26.9. keine
       Mehrheit bekommt?
       
       Auch [5][wenn das Volksbegehren scheitern sollte], wäre die Kampagne nicht
       umsonst gewesen. Wenn beispielsweise 48 Prozent für die Enteignung der
       Immobilienkonzerne gestimmt hätten, das ist eine Größe in der Wählerschaft,
       die man in der Politik nicht einfach ignorieren kann.
       
       Am Donnerstag, den 16.9.: Buchvorstellung um 19 Uhr im Alten Wasserwerk
       Tegel, Trettachzeile 15
       
       16 Sep 2021
       
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