# taz.de -- Erpressungen in Nigeria: 73 Schüler:innen entführt > In Nigeria haben Bewaffnete erneut Schüler:innen in ihre Gewalt > gebracht, um Lösegeld zu fordern. In Zamfara wurden alle Schulen > geschlossen. (IMG) Bild: Erst im März 2021 wurden gekidnappte Schülerinnen freigelassen COTONOU taz | Eigentlich war für die Schüler:innen im entlegenen Dorf Kaya im Bundeststaat Zamfara am Mittwochvormittag Prüfungszeit. Doch um die Mittagszeit überfielen Bewaffnete die Schule mit ihren rund 300 Schüler:innen, brachten 73 davon in ihre Gewalt und flüchteten mit ihnen. Die Polizei hat die Geiselnahme bestätigt. Die Zahl der Sicherheitskräfte sei in der Umgebung aufgestockt worden, heißt es. Nach den Entführten würde intensiv gesucht. Die Landesregierung von Gouverneur Bello Matawalle hat mit einer nächtlichen Ausgangssperre auf die Entführung reagiert. Auch bleiben die Schulen vorerst geschlossen – eine Maßnahme, auf die auch andere Bundesstaaten in den vergangenen Monaten immer wieder zurückgegriffen haben. Denn im Nordwesten Nigerias sind seit Jahresbeginn [1][mehr als 1.100 Schüler:innen entführt worden]. Die Täter sind bewaffnete Banditen, die damit Lösegeld erpressen. Die Entführungen gelten zynischerweise längst als „Nigerias bester Geschäftszweig“: Von Seiten des Geheimdienstes heißt es, dass so in den ersten sechs Monaten des Jahres rund 4,9 Millionen US-Dollar von Nigerianer:innen erpresst wurden. Dabei werden die meisten Entführungen nicht einmal zur Anzeige gebracht. Angehörige versuchen oft verzweifelt, das geforderte Geld aufzubringen und müssen dafür Besitz verkaufen. Der Nordwesten Nigerias gehört zu den ärmsten Regionen des Landes und der Bundesstaat Zamfara ist in den vergangenen Jahren immer instabiler geworden. Auf wiederholte Viehdiebstähle folgten dort Ausschreitungen zwischen Farmern und Viehhirten. Aufgrund großer Waldgebiete können sich Banditen in der Gegend gut verstecken, weite Teile gelten als nicht gesichert. Durch den [2][Krieg in Libyen] und die [3][Krise im Sahel] sind immer mehr Waffen ins Land gekommen. Der Bundesstaat zählt nach Informationen der Landesministerin für humanitäre Angelegenheiten, Fa’ika Ahmad, mittlerweile 784.000 Binnenflüchtlinge. ## Kritik an Gesetzesvorlage Möglicherweise gibt es auch Verbindungen zwischen den Banditen und Terrorbewegungen, die bisher allerdings hauptsächlich im Nordosten operiert haben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie Entführungen als Einnahmequelle nutzen. Die aktuelle Entführung fand nur eine knappe Woche nach der Freilassung von 136 Schüler:innen der Islamschule Salihu Tanko in Tegina statt, die Ende Mai im Nachbarbundesland Niger verschleppt wurden, viele von ihnen im Grundschulalter. Sechs Schüler:innen waren während ihrer Geiselhaft gestorben. Schulleiter Abubakar Alhassan sagte gegenüber Journalist:innen, dass ein Lösegeld in Höhe von 140.000 US-Dollar gezahlt worden war. Auch hätten die Täter Motorräder erhalten. Die Lösegeldzahlungen sind seit Monaten ein Streitpunkt in Nigeria. Im Mai hatte der Senat einen Gesetzesvorschlag eingebracht, der diese mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestrafen kann. Expert:innen sehen die Vorlage jedoch kritisch. 2 Sep 2021 ## LINKS (DIR) [1] /Entfuehrungsopfer-von-Boko-Haram/!5788030 (DIR) [2] /Friedensprozess-fuer-Libyen/!5780825 (DIR) [3] /Militaereinsatz-im-Sahel/!5792937 ## AUTOREN (DIR) Katrin Gänsler ## TAGS (DIR) Nigeria (DIR) Entführung (DIR) Nigeria (DIR) Schwerpunkt Islamistischer Terror (DIR) Nigeria (DIR) Boko Haram (DIR) Twitter ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Lynchmord an Studentin in Nigeria: Sprachnachricht als Mordmotiv Im nigerianischen Sokoto wird eine Studentin gelyncht, weil sie den Islam beleidigt haben soll. Die Verhaftung ihrer Mörder löst weitere Unruhen aus. (DIR) Kampf gegen Kidnapping in Nigeria: Die Opfer werden doppelt bestraft Die Zahlung von Lösegeld soll mit 15 Jahren Haft bestraft werden. So will die Regierung gegen Entführungen vorgehen, die das Land erfasst haben. (DIR) Terror in Nigeria: Vergeben, auch wenn es schmerzt In Nigerias Bundesstaat Borno sollen Ex-Mitglieder der Miliz Boko Haram wieder in ihre Dörfer eingliedert werden. Das schafft große Herausforderungen. (DIR) Entführungsopfer von Boko Haram: Sieben Jahre Gefangenschaft Sie ist eines der vielen Mädchen, die von Boko Haram entführt wurden. Nun ist Ruh Pogu wieder frei. Aus der Zwangsehe bringt sie zwei Kinder mit. (DIR) Twitter-Sperre in Nigeria: Blauer Vogel unerwünscht Nachdem Twitter einen Beitrag des Präsidenten gelöscht hatte, sperrte dieser den Kurznachrichtendienst. Gruppen wie Amnesty kritisieren das scharf.