# taz.de -- Entführungsopfer von Boko Haram: Sieben Jahre Gefangenschaft
       
       > Sie ist eines der vielen Mädchen, die von Boko Haram entführt wurden. Nun
       > ist Ruh Pogu wieder frei. Aus der Zwangsehe bringt sie zwei Kinder mit.
       
 (IMG) Bild: Ruth Ngladar Pogu und ihre Eltern werden jetzt ein Rehabilitationsprogramm machen
       
       Was sie hinter sich hat, kann man nur ahnen. Nach außen sind keine
       Emotionen zu erkennen auf den Fotos von der Rückkehr der Nigerianerin Ruth
       Ngladar Pogu nach über sieben Jahren Untergrundkampf im Busch mit der
       [1][islamistischen Terrorgruppe Boko Haram]. Öffentlich bestätigt wurde das
       ohnehin erst nach zehn Tagen, am Samstag, als sie vom Gouverneur der
       nordostnigerianischen Provinz Borno empfangen, mit ihrer Mutter
       wiedervereint und der Presse vorgestellt wurde: im violetten Umhang, ein
       zurückhaltendes, aber gealtertes Kind.
       
       Als Schulmädchen verschwand Ruth Pogu – als Mutter ist sie wieder
       aufgetaucht. Sie war eine der 276 Schülerinnen, die am 14. April 2014 gegen
       Mitternacht von den Boko-Haram-Terroristen aus dem Mädcheninternat Chibok
       im Nordosten Nigerias entführt wurden – die bis dahin spektakulärste Aktion
       der islamistischen Untergrundkämpfer, die sich seit der Vertreibung aus der
       Provinzhauptstadt Maiduguri durch Polizei und Armee einige Jahre vorher in
       die Savanne und in unzugängliche Wälder zurückgezogen und ein Kalifat
       ausgerufen hatten.
       
       [2][Die „Chibok Girls“] wurden zum Symbol des Leids der nigerianischen
       Zivilbevölkerung in einem brutalen Krieg, der Zehntausende Tote und
       Millionen Flüchtlinge produziert hat und den Nigerias Armee noch immer
       nicht vollständig gewonnen hat.
       
       Bis heute sind über 100 „Chibok Girls“ vermisst – und inzwischen sind sie
       erwachsen. Dass manche sich Boko Haram angeschlossen haben könnten, wird in
       Nigeria immer wieder berichtet. Als zuletzt am 28. Juli mehrere Dutzend
       Kämpfer des radikalsten Boko-Haram-Flügels, der mittlerweile als
       Westafrikaarm des „Islamischen Staats“ (IS) fungiert, die Waffen
       niederlegten und sich in der Region Bama der Armee ergaben, meldete die
       Zeitung Premium Times bereits, unter ihnen befände sich ein Chibok-Mädchen
       mit ihrem Ehemann.
       
       ## Weitere Boko-Haram-Familien ergeben sich
       
       Zehn Tage lang erfuhr man nichts Weiteres. Die Eltern wurden kontaktiert,
       der Verband der Angehörigen der Chibok Girls eingeschaltet. Jetzt, nachdem
       alles geklärt ist, gibt es Gewissheit, zumindest nach den amtlichen
       nigerianischen Angaben. Ruth Pogu hat demnach sieben Jahre lang bei Boko
       Haram verbracht, wurde dort mit einem Kämpfer zwangsverheiratet und gebar
       zwei Kinder. Sie lebte im Sambisawald, seit Jahren eine Hochburg der
       Islamisten in den Bergen an der Grenze zu Kamerun, wo Nigerias Luftwaffe
       immer wieder Angriffe fliegt.
       
       Genaueres zu Ruth Pogus Geschichte und zu ihren Erlebnissen wurde bislang
       nicht bekannt. „Ruth und ihre Eltern werden ein Rehabilitations- und
       Reintegrationsprogramm durchmachen, wobei ihre Gesundheit, ihr
       psychosoziales Wohlergehen und ihr selbstgewählter Weg in eine produktive
       Zukunft im Mittelpunkt stehen soll“, so das Büro des Provinzgouverneurs.
       Man sei optimistisch, jetzt auch alle anderen gefangenen Mädchen
       wiederzufinden. Nur Tage nach der Kapitulation von Ruth Pogus Einheit
       ergaben sich weitere Boko-Haram-Familien: 19 Männer, 19 Frauen und 49
       Kinder.
       
       8 Aug 2021
       
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