# taz.de -- Beschäftigungsquote von Frauen: Als wären Mütter zu bequem
       
       > Vielleichtkanzler Olaf Scholz will, dass Frauen mehr arbeiten. Unter dem
       > Deckmantel der Gleichberechtigung wird die Lohnarbeit verdoppelt.
       
 (IMG) Bild: Eigentlich sind es drei Jobs
       
       Eine der größten Lügen, die wir uns als Eltern erzählen, ist, dass es an
       unserem Organisationstalent liegt, glücklich oder auch nur okay zu sein.
       Doch angesichts der strukturellen Probleme kann man seinen Familienkalender
       geißeln, Essen vorkochen und Ansprüche über Bord werfen, so viel man will,
       es wird nicht reichen. Vor allem nicht, solange Politiker:innen diese
       Probleme ignorieren. So hat der SPD-Vielleichtkanzler Olaf Scholz
       [1][letztens erklärt], dass er die Beschäftigungsquote von Frauen erhöhen
       will, um so die Rente für Junge zu garantieren.
       
       Kann man machen. Man kann auch, wenn es regnet, einer Person den
       Regenschirm wegnehmen und ihn einer anderen geben und sich dann freuen, was
       für tolle Lösungen man nicht hat. Viele Frauen mit Kindern werden sich
       fragen: Spürt der sich noch? Die Beschäftigungsquote der Frauen zu erhöhen,
       wird nicht gehen, ohne die Beschäftigungsquote der Männer zu senken –
       irgendwer muss [2][die ganze Arbeit zu Hause ja auch noch machen].
       
       Statt gerechter zu verteilen wird aber überall versucht, aus Frauen noch
       mehr Lohnarbeit zu pressen: Man müsse für Frauen [3][„Teilzeit weniger
       attraktiv“] machen. Raus aus der Teilzeitfalle! Nicht die Väter, sondern
       die fehlende Kinderbetreuung sei schuld, und Teilzeit sei [4][nun mal eine
       Armutsfalle]. Und während das nicht komplett falsch ist, ist es aber so
       nachhaltig, wie sich in einem Schneesturm in die Hose zu pinkeln, weil das
       kurz wärmt. Eine Armutsfalle sind Teilzeitjobs vor allem, wenn sie schlecht
       bezahlt sind.
       
       Doch es ist kein Naturgesetz, Frauen schlecht zu bezahlen, genauso wie die
       40-Stunden-Woche kein Naturgesetz ist. Es geht dabei mehr um Macht als um
       Produktivität. Sonst hätte der Arbeitstag längst fünf Stunden [5][und die
       Arbeitswoche vier Tage]. Und zwar nicht nur für Eltern. Die Kinderbetreuung
       auszubauen, ist dringend nötig, um die Last von Eltern, vor allem von
       Alleinerziehenden, zuverlässig zu mindern. Dennoch kann es keine Konsequenz
       sein, Kinder von 8 bis 18 Uhr betreuen zu lassen, weil man sonst die Miete
       nicht bezahlen kann und kaum Rente bekommt.
       
       ## Misogyner Unterton
       
       Bemerkenswert ist der misogyne Unterton. Als wären Mütter zu bequem. Als
       hätten sie es sich kuschelig gemacht in ihrer kleinen Armutsfalle voller
       Freizeit und Prosecco, ohne in ihrem kleinen Hirn zu verstehen, was das
       bedeutet. Doch mit der Realität hat das nichts zu tun. Die Verantwortung,
       die Männer, Arbeitgeber und Politik an der Altersarmut von Frauen haben,
       wird komplett ausgeblendet.
       
       Früher hat in einer Paarbeziehung mit Kindern üblicherweise eine Person 40
       Stunden lohngearbeitet und eine Person war für Haushalt und Kinder
       zuständig – was insgesamt drei Jobs sind, wenn wir ehrlich sind. Seither
       hat sich die Lohnarbeit unter dem Titel „Gleichberechtigung“ allmählich
       verdoppelt. Dass diese Rechnung nicht aufgehen kann, ohne massive Opfer zu
       bringen – die Beziehung zu seinen Kindern, seine Partnerschaft, [6][die
       eigene Gesundheit], Beruf oder Rente –, sollte klar sein.
       
       13 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.spd.de/aktuelles/detail/news/die-spd-garantiert-stabile-rente/27/07/2021/
 (DIR) [2] https://www.destatis.de/DE/Methoden/WISTA-Wirtschaft-und-Statistik/2016/02/unbezahlte-arbeit-022016.pdf;jsessionid=1158C16E53398BD6503B71D880282ACA.live722?__blob=publicationFile
 (DIR) [3] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210313_OTS0004/profil-arbeitsminister-kocher-muessen-das-ganze-universum-von-regeln-beim-arbeitslosengeld-betrachten
 (DIR) [4] https://www.profil.at/oesterreich/wkoe-kopf-brauchen-rechtsanspruch-auf-kinderbetreuung/401747586
 (DIR) [5] https://www1.wdr.de/nachrichten/vier-tage-woche-island-studie-100.html
 (DIR) [6] https://www.deutschlandfunkkultur.de/psychische-belastung-in-der-pandemie-berufstaetige-muetter.2950.de.html?dram%3Aarticle_id=491312
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Saskia Hödl
       
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       an.