# taz.de -- Regulierung von Internetplattformen: Zwischen Druck und Zerschlagung
       
       > Was tun gegen die Macht von Facebook, Google und Co? Forscher:innen
       > fordern vor allem Transparenz – bis hin zu den Mechanismen der
       > Algorithmen.
       
 (IMG) Bild: Whistleblowerin Frances Haugen bei einer Anhörung in Washington am 5. Oktober
       
       BERLIN taz | In der Debatte um eine stärkere Regulierung von IT-Konzernen
       wie Facebook und Google haben sich Forscher:innen kritisch gegenüber
       [1][Ideen zu einer Zerschlagung oder Entflechtung] der Unternehmen
       positioniert. „Das Ergebnis wären mehrere kleine Unternehmen, die unter
       noch größerem Druck stünden, erfolgreich zu sein“, sagte Matthias
       Kettemann, Professor für Innovation, Theorie und Philosophie des Rechts an
       der Universität Innsbruck auf einer Pressekonferenz des Science Media
       Centers.
       
       Auch Nicole Krämer, Professorin für Sozialpsychologie an der Universität
       Duisburg-Essen, sieht eine Zerschlagung kritisch: „Diese Art der
       Kommunikation wird nicht mehr aus der Welt kommen, selbst wenn Facebook
       zerschlagen oder Instagram verboten würde.“
       
       Die IT-Konzerne stehen gerade von mehreren Seiten unter Druck: In den USA
       hatte vor wenigen Wochen [2][eine Whistleblowerin Einblick in interne
       Prozesse bei Facebook gegeben], die unter anderem nahelegen, dass Facebook
       sich der Wirkung problematischer Inhalte wie Hassrede bewusst ist – und
       dennoch zu wenig unternimmt. Gleichzeitig arbeitet die EU an zwei
       Gesetzesrahmen, die vor allem große Plattformen stärker regulieren sollen:
       [3][den Digital Services Act und den Digital Markets Act].
       
       In diesem Zusammenhang forderte Kettemann in Richtung EU, dem
       Lobbyismusdruck der Konzerne nicht nachzugeben. Eine starke europäische
       Plattformaufsicht einzurichten sei ebenso sinnvoll wie eine Verpflichtung
       zu Audits von externen Wissenschaftler:innen. „Außerdem darf das
       europäische Recht nicht durch nationale Alleingänge unterwandert werden“,
       warnte der Wissenschaftler. Vor allem sei es nötig, die Plattformen zu
       einer deutlich stärkeren Transparenz zu verpflichten: sowohl bei den
       Regeln, denen die Nutzer:innen sich unterwerfen, als auch in Bezug auf
       die Algorithmen.
       
       „Facebook etwa setzt mehr und mehr auf Verhaltensmuster, die die Plattform
       sticky machen“, erklärte Axel Bruns, Professor für Medien- und
       Kommunikationsforschung an der Queensland University of Technology. Sticky,
       also „klebrig“, heißt, eine möglichst lange Verweildauer zu erzielen. Das
       schafften bevorzugt kontroverse und aggressive Inhalte. Transparenz könnte
       hier helfen, gegenzusteuern.
       
       Kettemann brachte außerdem die Idee von Plattformbeiräten ins Spiel. Sie
       sollten dazu beitragen, die Plattformen stärker gesellschaftlich
       einzubinden und auch Druck aus der Gesellschaft in die Unternehmen zu
       tragen. „Es ist nicht so, dass Facebook nicht wüsste, was sie besser machen
       können“, sagte er.
       
       Sozialpsychologin Krämer mahnte, die Umsetzung von geltenden Gesetzen nicht
       aus dem Fokus zu verlieren: „Es ist vor allem wichtig, dass Inhalte, die
       sowieso verboten sind, schneller aus dem Netz verschwinden.“
       
       18 Oct 2021
       
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