# taz.de -- Autopolitik der geplanten Koalition: Die Ampel ist gut für Tesla
       
       > Eine rot-grün-gelbe Koalition würde einen Richtungswechsel bedeuten: weg
       > von Plug-In-Hybriden, hin zur Subventionierung vollelektrischer Autos.
       
 (IMG) Bild: Voll elektrisch und in Deutschland produziert: Ein Tesla Model Y in Grünheide
       
       Bei den Ampel-und den [1][kommenden Koalitionsgesprächen] wird auch über
       die Autoindustrie zwischen Grünen, FDP und SPD gesprochen. Mit dem Verzicht
       auf ein Tempolimit haben die Grünen wichtige Zugeständnisse gemacht. Auch
       deshalb könnten weniger populäre Subventionen schnell auf die Agenda
       kommen. Ausgemachtes Thema bei der FDP ist, mit Preis- und
       ordnungspolitischen Maßnahmen die CO2-Wende im Automarkt zu erreichen.
       
       Damit werden Subventionen, wie die heutigen staatlichen Umweltprämien beim
       Elektroautokauf von bis zu 6.000 Euro, diskutiert. Für eine schwarze
       Haushalts-Null kann man nicht beliebig weiter subventionieren. Auf
       Gegenliebe bei den Grünen stößt dabei mit Sicherheit die Streichung der
       Umweltprämie für die wenig geliebten [2][Plug-In-Hybride (PHEV)].
       
       Eine gelb-grüne Streichung der PHEV-Subventionen macht weiter deutlich,
       dass das alte Merkel-Modell, einfach weiter und für jeden ein bisschen,
       nicht mehr Leitlinie ist. Die Streichung der PHEV-Umweltprämie ist
       zusätzlich ein Symbol, das der Bevölkerung nach all den Berichten zur
       Pseudo-Umweltverträglichkeit der Plug-Ins gut vermittelbar ist. Damit
       sollte auch in den SPD-Gesprächen das Ende der PHEV-Förderung nicht auf
       allzu große Gegenwehr stoßen.
       
       Bei einer potenziellen Streichung handelt es sich nicht um „Peanuts“. So
       wurden nach unserer Schätzung knapp eine Milliarde Euro in den ersten neun
       Monaten des Jahres benötigt, um den Autokäufern den Erwerb von 241.064
       Plug-In-Hybriden zu versüßen. Übers Gesamtjahr 2021 belastet die
       Plug-In-Prämie den Staatshaushalt mit deutlich mehr als einer Milliarde
       Euro.
       
       ## Eine Milliarde weniger
       
       Wer wäre nun Gewinner und Verlierer bei einer solchen Streichung? Auf
       Grundlage der Pkw-Verkäufe der ersten neun Monate des Jahres haben wir die
       PHEV-Anteile der einzelnen Herstellergruppen im deutschen Automarkt
       ermittelt. Der klassische PHEV-Anbieter im deutschen Automarkt ist Volvo.
       Bei 100 Volvo-Neuwagen sind 42 davon Plug-In-Hybride. Die kleine Schwester
       Polestar hat die PHEV-Anteile bei der Gruppe Volvo-Polestar leicht auf
       40,1 Prozent gedrückt.
       
       An zweiter Stelle stehen die Japaner mit Mitsubishi mit 26,8 Prozent und
       Mercedes-Smart mit 24,6 Prozent PHEV-Anteil. Auch hier hilft die kleine
       Schwester Smart, den Anteil zu drücken. Zusammengefasst: Die deutschen
       Autobauer sowie Volvo, Mitsubishi, Jaguar Landrover profitieren
       überproportional von der Plug-In-Prämie. Ein Streichen der Prämie würde
       diese Autobauer stärker treffen, da die Fahrzeuge Preisvorteile verlieren.
       Damit gerät auch das Erreichen der CO2-Grenzwerte in Gefahr.
       
       Eine weitere teure Angelegenheit. Im Gegenzug müssten daher die
       vollelektrischen Autos stärker im Vertrieb angeschoben werden. Bleibt die
       Frage nach den Gewinnern, wenn PHEV-Modelle nicht mehr gefördert werden.
       Vollelektrische Fahrzeuge würden bei Wegfall der Prämien
       wettbewerbsfähiger. An den Daten für die ersten neun Monate im Markt
       Deutschland ist erkennbar, dass alle, die heute hohe vollelektrische
       Bauteile haben, ihre BEV-Verkäufe und damit auch ihre Gesamtverkäufe
       zusätzlich steigern können.
       
       Damit sind sie die Gewinner. Die Ampel macht Tesla zum größten Sieger auf
       dem deutschen Automarkt und danach mit großem Abstand Hyundai-Kia,
       Renault-Dacia, Porsche, Nissan, VW und Mercedes-Smart. Auf der
       Verliererseite stehen Honda, der Stellantis-Konzern, Skoda, BMW-Mini,
       Mazda, Volvo-Polestar, Audi, Seat, Jaguar-Landrover, Ford und Toyota-Lexus.
       
       Fazit: Die Ampelkoalition kann den schnelleren [3][Umstieg im deutschen
       Automarkt auf Elektroautos] schaffen und gleichzeitig die Staatskasse
       aufbessern: ein bisschen eine Art Quadratur des Kreises. Sollte die
       Umweltprämie für Pull-In-Hybride fallen, kann man mit Kräfteverschiebungen
       im deutschen Automarkt rechnen. Einerseits bei Tesla, aber auch
       Renault-Nissan, Porsche, VW und Mercedes stehen auf der Gewinnerseite.
       
       Natürlich ist das Bild eine Zwischenaufnahme, sprich: mit neuen
       BEV-Modellen können sich wieder Verschiebungen ergeben. Aber es gibt einen
       Zeitvorteil für die BEV-Stärkeren und einen Zeitvorteil im Kampf gegen den
       Klimawandel. Durch die Streichung der Plug-In-Subvention wird die
       Transformation der Branche beschleunigt. Dass dies machbar ist, zeigen die
       BEV-Verkäufe seit Anfang des Jahres. Es macht Sinn, die Umweltprämie für
       die Plug-Ins von der neuen Regierung zu kippen.
       
       ## Steuergleichheit für Benziner und Dieselantrieb
       
       Für FDP und Grünen liegen die Vorteile auf der Hand. Die SPD sollte
       „überzeugt“ werden können. Ein weiterer wichtiger Impuls der neuen
       Regierung sollte sein, endlich Steuergleichheit bei Benzin und Diesel
       herzustellen. Seit Bestehen der Bundesrepublik wurde diese falsche
       Besteuerung – wie in Beton gegossen – mitgeschleppt. Diese falsche
       Besteuerung hat auch den Umstieg auf die Elektromobilität verzögert.
       
       Obwohl die Reputation des Dieselantriebs in der Bevölkerung erheblich
       gelitten hat, wurde die [4][Steuerangleichung] „ausgesessen“. Es ist also
       auch ein Stück Glaubwürdigkeit für Gelb und Grün, dieses Relikt aus der
       Welt zu schaffen. Im Neuwagenmarkt spielt der Diesel so gut wie keine Rolle
       mehr. Vom einfachen Diesel wurden in den ersten neun Monaten des Jahres im
       Pkw-Bereich 426.658 Neuwagen zugelassen. Das entspricht einem Marktanteil
       von 21,1 Prozent.
       
       Die Zahlen zeigen, dass der Diesel immer unbedeutender wird. Dieselantrieb
       ist im Pkw-Bereich ein klares Auslaufprodukt. Ein Steuervorteil beim Diesel
       macht also auch marktstrategisch keinen Sinn. Die Umstellung auf höher
       besteuerten Diesel ist damit auch für die Autobauer „verkraftbar“. Erneut
       gäbe es einen Schub für die Umwelt, die zusätzlich die Staatskasse
       aufbessert.
       
       Sicher ein Knackpunkt für die SPD, aber für Grün-Gelb sollte das Thema eine
       Art Glaubwürdigkeitsprüfung sein. Es wäre eine der größten Innovationen in
       der deutschen Verkehrspolitik nach jahrzehntelangem Stillstand.
       
       26 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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