# taz.de -- AfD-nahe Erasmus-Stiftung: AfD-Stiftung von Rechten durchsetzt
       
       > Die Bundesregierung schätzt das Umfeld der Erasmus-Stiftung teilweise als
       > rechtsextrem ein. Brisant: Die Stiftung hat Anspruch auf staatliche
       > Gelder.
       
 (IMG) Bild: Hofft mit dem Wiedereinzug der AfD in den Bundestag auf Millionen: Vorsitzende Erika Steinbach
       
       BERLIN taz | Die Bundesregierung sieht zahlreiche Organisationen im Umfeld
       der AfD-nahen Erasmus-Stiftung als rechtsextrem an. Das geht aus der
       Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag hervor,
       die der taz vorliegt. In der Anfrage mit dem Titel „Verbindungen,
       Aktivitäten und Akteurinnen und Akteure der Desiderius-Erasmus-Stiftung“
       hatten die Abgeordneten Konstantin von Notz und Kai Gehring das
       Innenministerium nach Einschätzungen zu Netzwerken und Publikationen im
       Dunstkreis der sogenannten Neuen Rechten gefragt, die teilweise
       Überschneidungen zum Personal der Erasmus-Stiftung aufweisen oder in denen
       dieses publiziert.
       
       Unter den abgefragten Organisationen sind unter anderem das
       „Ein-Prozent“-Netzwerk, Götz Kubitscheks [1][„Institut für Staatspolitik“],
       aber auch die offiziell aufgelöste völkische AfD-Parteiströmung „Der
       Flügel“. Abgefragt wurden auch extrem rechte Publikationen wie das „Compact
       Magazin“ und „Sezession“, welche die Bundesregierung beide der Neuen
       Rechten zuordnet. Unter dem Sammelbegriff versteht sie laut Antwort
       Einzelpersonen und Gruppierungen, die ein „antiegalitäres Weltbild“ eint,
       das an „antidemokratische Strömungen der Weimarer Republik“ anknüpft, der
       sogenannten „Konservativen Revolution“.
       
       In und für einen Teil dieser Organisationen waren und sind ehemalige und
       aktuelle Vorstands- und Kuratoriumsmitglieder der Erasmus-Stiftung tätig.
       So wurde etwa das Kuratoriumsmitglied der Erasmus-Stiftung, Karl Albrecht
       Schachtschneider, vom Historiker und Experten für die Neue Rechte Volker
       Weiß zum inneren Kreis der Kampagne „Ein Prozent“ gezählt. Laut Antwort der
       Bundesregierung betreibt der vom Verfassungsschutz beobachtete Verein „Ein
       Prozent“ die „pauschale Herabwürdigung von MigrantInnen“ – etwa in dem man
       sie für Kriminalität und Krankheiten verantwortlich mache.
       
       Wie die Bundesregierung Mitglieder solcher Organisationen einschätze?
       Antwort: „Funktionäre, Mitglieder und nachdrückliche Unterstützer
       rechtsextremistischer Kern-, Teil- und Nebenorganisationen werden dem
       Rechtsextremismus zugeordnet.“ Ähnliche Deutungen finden sich zu weiteren
       Organisationen, zu denen Mitglieder der Stiftung Bezüge aufweisen.
       
       In der Wochenzeitschrift Junge Freiheit, welche Expert*innen als
       [2][Sprachrohr einer radikal-nationalistischen Opposition] und der Neuen
       Rechten einschätzen, ist Erasmus-Kuratoriumsmitglied Karlheinz Weißmann
       Kolumnist und regelmäßiger Autor. Laut Bundesregierung hat die Junge
       Freiheit „einzelnen rechtsextremistischen Autoren ein Forum gegeben“ und in
       Beiträgen „fanden sich mitunter rechtsextremistische Argumentationsmuster
       oder positive Kommentare zu rechtsextremistischen Organisationen, Personen
       oder Publikationen.“
       
       ## Keine staatlich alimentierte rechte Kaderbildung
       
       Auch wenn die Befunde nicht wirklich überraschen, stellen sich die Fragen
       nach neurechten Netzwerken und deren Verbindungen zur Erasmus-Stiftung
       derzeit umso drängender: Die AfD-Stiftung könnte künftig mehrere Millionen
       Euro Steuergelder erhalten. Diese Förderung steht ihr als anerkannter
       parteinaher Stiftung mit dem Wiedereinzug der AfD in den Bundestag zu.
       Bislang werden die Fördermittel im Haushaltsausschuss des Bundestages
       beschlossen, ohne klare gesetzliche Regelung.
       
       Die Grünen sehen sich durch die Antworten der Bundesregierung darin
       bestätigt, die AfD-nahe Erasmus-Stiftung von der Finanzierung für
       parteinahe Stiftungen auszuschließen. Der Abgeordnete Konstantin von Notz
       sagte der taz: „Der aktuelle Verfassungsschutzbericht warnt vor einer
       ‚Kulturrevolution von rechts‘, welche die ‚Neue Rechte‘ herbeizuführen
       versucht.“ Alle Demokrat*innen seien in der Verantwortung, darauf
       hinzuwirken, dass der Demokratieförderung dienende öffentliche Mittel nicht
       zur Zersetzung demokratischer Diskurse und Institutionen eingesetzt werden,
       so von Notz: „Die Antworten der Bundesregierung haben die Problematik der
       bisherigen Praxis der Mittelvergabe noch einmal aufgezeigt.“
       
       Die Grünen wollen sich weiter für ein Stiftungsgesetz einsetzen, so von
       Notz: „Wir brauchen klare und nachvollziehbare gesetzliche Regelungen zur
       Finanzierung der politischen Stiftungen, die hohen rechtsstaatlichen
       Standards genügen.“
       
       Ähnliches fordert eine [3][breite zivilgesellschaftliche Initiative],
       initiiert von der Bildungsstätte Anne Frank. Der Deutsche Gewerkschaftsbund
       über Fridays for Future bis zum Zentralrat der Juden fordern schon seit
       Monaten ein Stiftungsgesetz. Sie befürchten staatlich alimentierte rechte
       Kaderbildung und mehr Geld für Hetze gegen Geflüchtete, für Antisemitismus,
       Sexismus, Homophobie und Geschichtsrevisionismus. Ein Stiftungsgesetz
       müsse die Mittelvergabe an [4][demokratische Kriterien knüpfen]. Wie und ob
       das geht, ist allerdings strittig und [5][Gegenstand einer Debatte].
       
       ## Erasmus-Stiftung will harmlos wirken
       
       Die Erasmus-Stiftung selbst räumt unterdessen in den eigenen Reihen auf, um
       nach außen harmlos zu wirken. So bestätigte Steinbach der taz am
       Donnerstag, dass Jan Moldenhauer, regelmäßiger Referent und Autor des
       Instituts für Staatspolitik, frisch aus dem Vorstand ausgeschieden ist.
       Vergangenen Samstag wurde ein neuer Vorstand gewählt – ohne Moldenhauer,
       wie es von Steinbach heißt: „Aufgrund massiver Zerwürfnisse ist Moldenhauer
       von niemandem mehr vorgeschlagen worden.“
       
       Moldenhauer hatte in der Vergangenheit – analog zum Flügelkampf innerhalb
       der AfD – auch in der Stiftung deutlich kritisiert, dass diese sich an den
       [6][Einstufungen des Verfassungsschutzes ausrichte]: Bereits im vergangenen
       Jahr hat die Stiftung mit Erik Lehnert den Geschäftsführer des Instituts
       für Staatspolitik aus dem Vorstand geworfen, nachdem der Verfassungsschutz
       Kubitscheks Institut als rechtsextremen Verdachtsfall einstufte –
       mittlerweile gilt der als Thinktank der Neuen Rechten um den
       Rechtsextremisten Björn Höcke (AfD) geltende Verein als gesichert
       rechtsextreme Bestrebung. Mit einer inhaltlichen Abgrenzung ging das
       wohlgemerkt nicht einher.
       
       Auch wenn Steinbach nun versucht, zu offensichtliche Verbindungen in die
       extreme Rechte zu kappen, fällt das der Stiftung im eigenen Milieu schwer:
       Bestes Beispiel dafür ist etwa die Nachfolge Lehnerts. Auf ihn folgte der
       AfD-Landtagsabgeordnete Thore Stein, der sich seinerseits mit [7][Bezügen
       ins nationalistische bis extrem rechte Milieu von schlagenden
       Burschenschaften] hervortut.
       
       ## Verschwörungsideologe, Faschist, Mann von Schönhuber
       
       Die Liste problematischer Funktionsträger*innen in der Stiftung ließe
       sich beliebig verlängern: Der stellvertretende Vorsitzende Klaus Peter
       Krause leugnet die menschengemachte Klimakrise und raunt im Zusammenhang
       mit der Coronapandemie von Mächten, welche die Weltherrschaft an sich
       reißen wollen. Der sächsische AfD-Landtagsabgeordnete und Polizist
       Sebastian Wippel, Beisitzer im Vorstand, darf [8][laut Landgericht Görlitz
       als Faschist] bezeichnet werden und wünschte [9][Angela Merkel den Tod
       durch Terror].
       
       Der Junge-Freiheit-Kolumnist Karlheinz Weißmann gilt als Vordenker der
       Neuen Rechten und hat sogar das Institut für Staatspolitik mitgegründet.
       Vorstandsmitglied Hans Hausberger wollte schon in den 1990ern den
       rechtsradikalen Republikanern [10][bei der Stiftungsgründung helfen] und
       stellte sich damals als „Mann von Schönhuber“ dar. Rechtsextremist Franz
       Schönhuber war Gründer der Republikaner und ehemaliges Waffen-SS-Mitglied.
       
       Wer aktuell sonst noch so im Kuratorium der Erasmus-Stiftung sitzt, will
       Steinbach auf Anfrage der taz nicht verraten – weil diese sonst mit
       Bedrohungen rechnen müssten, wie sie behaupten. Auch ansonsten gibt sich
       die angeblich gemeinnützige Stiftung bedeckt: Veranstaltungen findet man
       derzeit keine auf der Website.
       
       8 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kubitscheks-Institut-fuer-Staatspolitik/!5801552
 (DIR) [2] https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/230020/die-junge-freiheit-sprachrohr-einer-radikal-nationalistischen-opposition
 (DIR) [3] /AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5799973
 (DIR) [4] /AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5797924
 (DIR) [5] /Geldsegen-fuer-AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5801836
 (DIR) [6] /Streit-in-AfD-naher-Erasmus-Stiftung/!5696793
 (DIR) [7] https://idas.noblogs.org/?p=3320
 (DIR) [8] https://www.saechsische.de/schultze-darf-wippel-faschist-nennen-5171247.html
 (DIR) [9] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/afd-eklat-in-dresden-abgeordneter-wuenscht-merkel-den-terrortod/14482646.html?ticket=ST-10801293-9KenFB4oD7OxzjMADLQk-ap5
 (DIR) [10] /Angst-der-AfD-vor-dem-Verfassungsschutz/!5542441
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
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