# taz.de -- G20-Gipfeltreffen in Rom: Klimaneutralität verspätet
       
       > Die G20-Staaten unterstreichen das 1,5-Grad-Ziel bei der Erderwärmung.
       > Auf ein Datum bei der Klimaneutralität legen sie sich aber nicht fest.
       
 (IMG) Bild: Rückkehr nach Rom versprochen: Staatenlenker*innen am Trevi-Brunnen
       
       ROM taz | Wenigstens ein verbürgtes Resultat hat der G20-Gipfel, der am
       Wochenende in Rom über die Bühne ging: In die Ewige Stadt wiederkommen
       wollen so gut wie alle. Am Sonntagmorgen jedenfalls brachten die Staats-
       und Regierungschefs den üblichen Touristenritus hinter sich, über die
       Schulter eine Münze in den Trevi-Brunnen zu werfen – und sich auf diese
       Weise, so will es der Aberglaube, eine baldige Rückkehr nach Rom zu
       sichern.
       
       Weniger substantielle Ergebnisse zeichneten sich dagegen auf den
       Hauptfeldern ab, die Gegenstand der Diskussionen und der eher bescheidenen
       Beschlüsse waren, vorneweg der [1][Klima- und Energiepolitik]. Ein globaler
       Temperaturanstieg um 1,2 Grad Celsius ist bisher zu verzeichnen, 2,7 Grad
       Aufheizung drohen der Erde. „Die Zukunft der Menschheit und des Planeten
       steht auf dem Spiel“, warnte denn auch [2][Prinz Charles], der am Sonntag
       eine Gastrede hielt, „das ist buchstäblich unsere letzte Chance“.
       
       Gemessen an dieser Ansage halten sich die G20-Resultate von Rom in sehr
       bescheidenen Grenzen. Zwar erklärte Italiens Regierungschef Mario Draghi in
       seiner abschließenden Pressekonferenz am Sonntagnachmittag, die G20 könnten
       einen „Erfolg“ verbuchen.
       
       Doch vor allem China und Indien, die bei den CO2-Emissionen ganz vorne
       mitspielen, sperrten sich erfolgreich gegen verbindliche Abmachungen. Zwar
       einigten sich die Delegationen nach nächtelangem Gezerre darauf, in der
       Abschlusserklärung das 1,5 Grad-Ziel für die Erderwärmung festzuschreiben.
       Doch bei der Frage, wann denn die CO2-Neutralität erreicht werden sollte,
       scheiterte der Versuch, das Jahr 2050 festzuschreiben.
       
       Im Vorfeld hatten China und Russland das Jahr 2060 favorisiert, während
       Indien sich gleich gar nicht festlegen wollte. Am Ende hieß es wolkig, das
       Ziel solle nun „bis oder etwa bis Mitte des Jahrhunderts“ erreicht werden.
       Es solle eine signifikante Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen
       erreicht werden, jedoch „unter Berücksichtigung der nationalen Umstände“.
       Vorher habe es in diesem Punkt keinerlei kollektive Verpflichtung gegeben,
       bemerkte Draghi hoffnungsfroh.
       
       Auch bei der Energiepolitik kam bloß die Verpflichtung heraus, nicht mehr
       den Bau von Kohlekraftwerken „im Ausland“ zu subventionieren – was die
       Staaten an der weit wichtigeren Errichtung und dem Betrieb der
       Dreckschleudern im eigenen Land allerdings nicht hindert.
       
       ## Corona bekämpfen – als Absichtserklärung
       
       Am Freitag schon hatten sich die Finanz- und
       Gesundheitsminister*innen mit der globalen Bekämpfung von Covid und
       mit dem Impffortschritt befasst. Dieses Thema wurde dann auch Gegenstand
       der ersten Runde im Plenum der Staats- und Regierungschef*innen.
       
       Etwa 70 Prozent der Bevölkerung in den reichen Nationen, so die dort
       gezogene Bilanz, sind mittlerweile geimpft. In Afrika dagegen werden gerade
       einmal drei Prozent erreicht. Für Italiens Ministerpräsident Mario Draghi
       handelt es sich da um „moralisch inakzeptable Differenzen, die den globalen
       Wiederaufschwung unterminieren“. Deshalb machte sich der G20-Gipfel das von
       der WHO ausgegebene Ziel zu eigen, weltweit bis Ende 2021 eine Impfquote
       von 40 Prozent und dann im Jahr 2022 von 70 Prozent zu erreichen.
       
       Wie dieses Ziel jenseits des Bekenntnisses zu ihm erreicht werden soll,
       blieb jedoch offen. Operative Ansagen zur Verteilung der Impfdosen
       jedenfalls gab es nicht.
       
       Einig waren sich die G20-Leader dagegen auf dem Feld der globalen
       [3][Mindeststeuer] für Großunternehmen, die in Zukunft unabhängig von der
       Frage, wo sie ihren Firmensitz haben, dort 15 Prozent Steuern auf ihre
       Gewinne abführen müssen, wo sie diese erwirtschaftet haben. US-Präsident
       Joe Biden lobte den Beschluss als historische Wende „für Arbeitnehmer,
       Steuerzahler und Unternehmen in Amerika“, die „neue Regeln für die globale
       Ökonomie schafft“. Auch Kanzlerin Angela Merkel – zum letzten Mal bei einem
       großen internationalen Gipfel dabei – feierte den „großen Erfolg“, der „ein
       klares Gerechtigkeitssignal“ sei. Weltweit etwa 130 Milliarden Euro
       jährlich soll die Mindeststeuer einbringen.
       
       Wie immer beim G20-Gipfel gab es zudem viele bilaterale Treffen, bei denen
       Konflikte auf den Tisch kamen, zwischen den USA und China über Taiwan oder
       zwischen Großbritannien und Frankreich über den Streit um Fischereirechte.
       Wenigstens eine Begegnung zeitigte einen Erfolg: Die EU und die USA
       einigten sich darauf, ihren Handelsstreit, der mit der Verhängung von
       US-Zöllen auf Aluminium und Stahl aus Europa durch Bidens Vorgänger Donald
       Trump ausgelöst worden war, zu beenden.
       
       Und freuen durfte sich Joe Biden noch über ein weiteres Resultat: Papst
       Franziskus hatte dem Katholiken zugesichert, er dürfe weiter die Kommunion
       empfangen, auch wenn konservative US-Bischöfe das angesichts der liberalen
       Haltung Bidens zur Abtreibung anders sehen. Am Samstagabend begab sich der
       US-Präsident gleich in Rom in eine Kirche zur Messe inklusive Kommunion.
       
       31 Oct 2021
       
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 (DIR) Michael Braun
       
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