# taz.de -- Bund-Länder-Treffen zur Coronalage: Rasches Handeln angesagt
       
       > Angesichts der vierten Pandemiewelle einigen sich Bund und Länder auf
       > einen einheitlichen Kurs. Eine Impfpflicht im Gesundheitsbereich rückt
       > näher.
       
 (IMG) Bild: Die Stiko empfiehlt allen Erwachsenen ab 18 Jahren eine Auffrischungsimpfung
       
       BERLIN taz | Als am frühen Donnerstagabend Bundeskanzlerin Angela Merkel
       vor die Hauptstadtpresse tritt, wählt sie drastische Worte. „Die Lage ist
       hochdramatisch“, sagt die Nochbundeskanzlerin. „Es ist wirklich absolute
       Zeit zu handeln.“ Es sei „ganz, ganz wichtig, dass wir uns jetzt
       unterhaken“, bekundet auch ihr designierter Nachfolger Olaf Scholz. „Wir
       werden, um durch den Winter zu kommen, einschneidende Maßnahmen sehen, die
       es bisher nicht gegeben hat.“
       
       Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Berlins
       Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) schauen nicht minder
       finster. Bei ihrem gemeinsamen Auftritt nach dem Bund-Länder-Treffen wollen
       alle vier demonstrieren, wie ernst die Situation ist. Rasches gemeinsames
       Handeln ist angesagt.
       
       Angesichts der dramatischen Entwicklung der Coronapandemie in Deutschland
       wächst die Nervosität. Monatelang hatten die Regierungschefinnen und -chefs
       der Länder solch ein Bund-Länder-Treffen nicht mehr für nötig gehalten,
       obwohl das Robert-Koch-Institut und zahlreiche Wissenschaftler:innen
       schon im Sommer vor einer erneuten Zuspitzung der epidemischen Lage gewarnt
       hatten. Doch nun wird es verdammt brenzlig.
       
       „Wir sind in dieser Pandemie sehr, sehr nah an dem Punkt, [1][an dem wir
       nie kommen wollten]: dass in deutschen Krankenhäusern entschieden werden
       muss, wen man noch behandeln kann“, sagt Wüst. Oberstes Gebot müsse jetzt
       sein, „diesen Notstand mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu
       verhindern“. Deswegen wird das schwarz-gelbe NRW auch nicht im Bundesrat
       gegen die am Donnerstag im Bundestag mit den Stimmen der Ampelparteien
       Bundestag beschlossenen Änderungen des Infektionsgesetzes stimmen.
       
       Bei ihrer Videokonferenz am Donnerstag mit Merkel, Olaf Scholz sowie
       weiteren geschäftsführenden Bundesminister:innen berieten die
       Ministerpräsident:innen über ein weitreichendes Maßnahmenpaket zur
       Bekämpfung der Pandemie. Dazu gehört das schnelle Hochfahren der
       Impfkapazitäten, zum Beispiel durch die Wiedereröffnung der Impfzentren.
       Benötigt werde „ein nationaler Kraftakt beim Impfen“, sagte Wüst.
       
       ## Erstimpfung für Kinder, Drittimpfung für alle
       
       Auch Kindern zwischen 5 und 11 Jahren soll, sobald eine entsprechende
       Empfehlung der Ständigen Impfkommission vorliegt und der erforderliche
       Impfstoff zur Verfügung steht, rasch eine Impfung angeboten werden.
       Außerdem werden alle geimpften Bürger:innen über 18 Jahre zur
       „Booster“-Impfung aufgerufen. In einem ersten Schritt sollen alle über
       60-Jährigen gezielt angeschrieben werden.
       
       Laut dem Beschluss, auf den sich Länder und Bund verständigt haben, rückt
       eine Impfpflicht für den Gesundheits- und Pflegebereich näher. Es sei
       „erforderlich, dass Angehörige von Heil- und Pflegeberufen und alle
       Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krankenhäusern sowie in
       Behinderteneinrichtungen aufgrund des engen Kontakts zu vulnerablen
       Personen verpflichtet werden, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen“,
       heißt es darin. Die Länder bitten den Bund, dies schnellstmöglich
       umzusetzen.
       
       Überzeugt zeigte sich die Bund-Länder-Runde von der Notwendigkeit einer
       3G-Regel am Arbeitsplatz, die vom Arbeitgeber täglich kontrolliert und
       dokumentiert werden soll. Auch für den öffentlichen Personennahverkehr und
       die Züge des Regional- und Fernverkehrs sprach sie sich zusätzlich zur
       geltenden Maskenpflicht für die 3G-Regel aus, auch wenn sich hier aus der
       Sicht der Länder noch „hinsichtlich der praktischen Umsetzung einer solchen
       Vorgabe gewichtige Fragen“ stellen würden.
       
       ## Zugang nur noch für Genesene und Geimpfte
       
       Zudem haben sich die Ministerpräsident:innen nun auf
       bundseinheiltich Schwellenwerte bei der Hospitalisierungsrate geeinigt. Die
       gibt an, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohner:innen in den letzten
       7 Tagen wegen Corona in ein Krankenhaus aufgenommen wurden. Bisher hatte
       jedes Bundesland eigene Grenzwerte für verschärfte Maßnahmen festgelegt.
       
       Nun soll in jedem Bundesland, in dem die Hospitalisierungsrate in den
       Schwellenwert 3 überschreitet, die 2G-Reglung gelten. Der Zugang zu
       Freizeit-, Kultur- und Sportveranstaltungen ebenso wie zu gastronomischen
       Einrichtungen und sonstigen Veranstaltungen in Innenräumen soll dann nur
       noch für Geimpfte und Genesene möglich sein. Dabei soll die Einhaltung der
       Zugangsregelungen „konsequent und noch intensiver als bisher kontrolliert“
       werden.
       
       Wird in einem Bundesland eine Hospitalisierungsrate von 6 erreicht, soll
       2G-plus gelten, also Geimpfte und Genesene müssen zusätzlich noch negativ
       getestet sein. Das gilt insbesondere für Diskotheken, Clubs und Bars.
       
       Noch weitergehende Maßnahmen sind möglich, wenn die Hospitalisierungsrate
       den Schwellenwert 9 überschreitet und somit im betroffenen Bundesland des
       öffentlichen Gesundheitssystems besonders hoch belastet ist. Dann darf das
       jeweilige Land – vorbehaltlich der Zustimmung des Landtags – „von den
       weitergehenden Möglichkeiten des Infektionsschutzgesetzes konsequent
       Gebrauch machen“. Das kann dann auch Ausgangsbeschränkungen mit
       einschließen.
       
       Aktuell liegt die Hospitalisierungsrate laut Robert-Koch-Institut im
       Bundesschnitt bei 5,3, allerdings mit großen regionalen Unterschieden. Am
       niedrigsten ist sie in Hamburg mit 1,62, am höchsten in Thüringen mit
       18,54.
       
       Die Vereinbarungen des Bund-Länder-Treffens dürften, falls die
       Ministerpräsident:innen sie ernst nehmen, auch Auswirkungen auf die
       festgefahrenen Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder
       haben. Die Arbeitgeberseite hat bislang die Forderung der Gewerkschaften
       nach einer überdurchschnittlichen Lohnerhöhung von mindestens 300 Euro für
       die Beschäftigten im Gesundheitswesen und der Pflege rigoros
       zurückgewiesen, da „temporäre Belastungen, die jetzt in der Pandemie
       entstanden sind“, nicht herangezogen werden könnten, „um dauerhafte
       Forderungen zu begründen“, wie es Niedersachsens Finanzminister Reinhold
       Hilbers, der Verhandlungsführer, formuliert hat.
       
       Nun allerdings heißt es in dem Bund-Länder-Beschluss, dass vor dem
       Hintergrund der besonderen Belastungen „die Rahmenbedingungen und
       Entlohnung in der Pflege dauerhaft und stetig zu verbessern sind“. Viele
       der pflegerisch Tätigen seien „an ihre physischen und psychischen
       Belastungsgrenzen und oftmals darüber hinaus gegangen“. Daher soll es für
       sie als „Anerkennung des Einsatzes in der aktuell sehr herausfordernden
       Situation“ auch einen erneuten Pflegebonus geben. Die hierfür
       erforderlichen Finanzmittel soll der Bund bereitzustellen.
       
       18 Nov 2021
       
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