# taz.de -- Windrush-Skandal in Großbritannien: (Zu) späte Entschädigung
       
       > Tausende Einwander*innen wurden Opfer von britischer Behördenwillkür.
       > Nun zeigt ein Bericht: Entschädigt wurde nur wenige von ihnen.
       
 (IMG) Bild: Demonstration in London für Gerechtigkeit im Windrush-Skandal
       
       LONDON taz | Großbritannien hat seit 2018 an nur 5 Prozent der Opfer von
       Rassismus und Behördenwillkür im sogenannten Windrush-Skandal
       Entschädigungen gezahlt. Das geht aus dem Bericht eines
       Parlamentsausschusses hervor. Eine unabhängige Untersuchung hatte 2018
       festgestellt, dass Vorgehensweisen bei Abschiebungen zwischen den Jahren
       2012 und 2018 rassistisch waren. Deswegen sollte das Innenministerium an
       bis zu 15.000 Menschen Entschädigungen auszahlen.
       
       Bei den Betroffenen handelt es sich [1][vor allen um Migrant:innen aus
       englischsprachigen Karibikstaaten]. Der Windrush-Skandal, benannt nach dem
       1948 [2][offiziell ersten Schiff, das Migrant:innen aus der Karibik zur
       Arbeit nach England gebracht hatte], betrifft auch zahlreiche
       Einwander:innen aus anderen Ländern des ehemaligen britischen Empires.
       Wenn sie bis zum 1. 1. 1973, dem Beitrittsdatum zu Europäischen
       Gemeinschaft, eingereist waren, galten sie als Staatsbürger:innen des
       Vereinigten Königreichs. Das Innenministerium verlangte dennoch von ihnen
       Beweise, ihre Legalität im Land zu dokumentieren. Viele konnten das
       Jahrzehnte nach ihrer Ankunft in Großbritannien nicht eindeutig
       nachliefern. Es kam zu Festnahmen und Abschiebungen, verwehrtem Wohn- und
       Arbeitsrecht und verweigerter medizinische Versorgung.
       
       Nachdem der Skandal aufgeflogen war, hatte Innenministerin Priti Patel
       Entschädigungen für alle Betroffenen versprochen. Doch wie sich zeigt,
       haben viele diese bisher nicht erhalten. Die meisten der Betroffenen sind
       über 50 Jahre alt. 23 Personen seien inzwischen ohne die Wiedergutmachung
       verstorben, heißt es nun im Bericht.
       
       Unter den Entschädigungberechtigten bestehe zudem großes Misstrauen
       gegenüber dem Ministerium. Aus diesem Grund hätten demnach sogar nur 20
       Prozent von ihnen einen Antrag gestellt. Manchmal seien
       Antragsteller:innen zudem gebeten worden, Arbeit zu dokumentieren,
       obwohl ihnen das Arbeiten wegen der Maßnahmen der Einwanderungsbehörden
       verwehrt war. Das habe sie erneut zu Opfern gemacht, erklärt der Ausschuss.
       Er fordert, dass die Entschädigungen deswegen von einer anderen Stelle
       bearbeitet würden. Als erster Schritt solle eine Grundentschädigungssumme
       in Höhe von 10.000 Pfund an alle Berechtigten ausgezahlt werden und mehr
       rechtliche Hilfe angeboten werden.
       
       Das Innenministerium gab an, dass Änderungen im letzten Dezember bereits zu
       einer rascheren Bearbeitung geführt hätten. So sei unter anderem die Zahl
       der Sachbearbeiter:innen weiter erhöht worden. Angehörige von
       inzwischen Verstorbenen könnten ebenfalls Entschädigungen beantragen.
       
       25 Nov 2021
       
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