# taz.de -- Winterspiele in Peking 2021: Diplomatischer US-Olympia-Boykott
       
       > Zu den Spielen im kommenden Februar werden keine Regierungsvertreter
       > entsandt, teilte das Weiße Haus am Montag mit. US-Athleten dürfen aber
       > teilnehmen.
       
 (IMG) Bild: Der Olympiaturm in Peking
       
       WASHINGTON afp/rtr | Die US-Regierung hat wegen Chinas
       Menschenrechtsverletzungen einen diplomatischen Boykott der Olympischen
       Winterspiele in Peking verkündet. Zu den Spielen im kommenden Februar
       werden keine Regierungsvertreter entsandt, teilte das Weiße Haus am Montag
       mit. US-Athleten dürfen aber teilnehmen.
       
       China begehe einen „Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ an
       den [1][muslimischen Uiguren] in der Provinz Xinjiang und auch andere
       Menschenrechtsverletzungen, erklärte die Pressesprecherin des Weißen
       Hauses, Jen Psaki. Die Sportlerinnen und Sportler seien von dem Boykott
       nicht betroffen. „Die Athleten des Teams USA haben unsere volle
       Unterstützung. Wir werden zu 100 Prozent hinter ihnen stehen und sie von zu
       Hause aus anfeuern.“
       
       Das US-Außenministerium stellte anschließend klar, dass in Peking sehr wohl
       diplomatisches Personal anwesend sein werde, „um unseren Athleten, Trainern
       und Personen, die mit dem US-Olympiateam in Verbindung stehen, zu
       versichern, dass sie in Sicherheit sind“. Dies stelle „ein anderes Thema
       als die offizielle diplomatische Vertretung dar“, sagte Sprecher Ned Price.
       
       Das Internationale Olympische Komitee (IOC) erklärte, es respektiere die
       Ankündigung eines diplomatischen Boykotts der Winterspiele durch die USA.
       „Die Anwesenheit von Regierungsvertretern und Diplomaten ist eine rein
       politische Entscheidung für jede Regierung, die das IOC in seiner
       politischen Neutralität voll respektiert“, sagte ein IOC-Sprecher der
       Nachrichtenagentur AFP in Lausanne.
       
       ## IOC: „Die Spiele stehen über der Politik“
       
       Die US-Ankündigung habe „deutlich“ gemacht, „dass die Olympischen Spiele
       und die Teilnahme der Athleten über der Politik stehen und das begrüßen
       wir“, erklärte das IOC weiter.
       
       In einer ersten Reaktion auf die Entscheidung erklärte der Sprecher der
       chinesischen Botschaft in Washington auf Twitter, der Boykott werde keine
       Auswirkungen auf die Spiele haben und „niemand würde sich darum kümmern, ob
       diese Leute kommen oder nicht“.
       
       Das englischsprachige nationalistische chinesische Propangablatt Global
       Times schrieb wiederum auf Twitter: „Um ehrlich zu sein, sind die Chinesen
       erleichtert über diese Nachricht, denn je weniger US-Beamte kommen, desto
       weniger Viren werden eingeschleppt“.
       
       Konservative US-Politiker begrüßten die Entscheidung aus dem Weißen Haus.
       Der ehemalige Außenminister der USA unter Präsident Donald Trump, [2][Mike
       Pompeo], rief hingegen zu einem vollständigen Boykott der Olympischen
       Spiele auf.
       
       Auch die Menschenrechtlerin und China-Direktorin von Human Rights Watch,
       Sophie Richardson, lobte Biden für den Schritt. Sie forderte jedoch weitere
       international koordinierte Maßnahmen über den Boykott hinaus, um die
       „Verantwortlichen“ für die Menschenrechtsverstöße in China „zur
       Rechenschaft zu ziehen“.
       
       Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen und Forschern sind in
       Xinjiang mehr als eine Million Uiguren und andere Muslime in Hunderten
       Haftlagern eingesperrt. Sie werden dort nach Angaben der Aktivisten zur
       Aufgabe ihrer Religion, Kultur und Sprache gezwungen und teilweise auch
       misshandelt. Exil-Uiguren werfen Peking auch Morde, Verschleppungen, Folter
       und Zwangssterilisationen vor.
       
       Washington hatte monatelang um eine Entscheidung über seine Haltung zu den
       Olympischen Spielen gerungen. Biden sieht das wirtschaftlich und
       militärisch aufstrebende China als größte geopolitische Herausforderung des
       21. Jahrhunderts an und will der Regierung in Peking entschieden
       entgegentreten. Zugleich sucht er die Zusammenarbeit bei Themen wie dem
       Klimaschutz. Der diplomatische Boykott der Winterspiele ist daher [3][Teil
       eines komplexen diplomatischen Balanceakts].
       
       ## Neuseelands Diplomaten kommen wegen Corona nicht
       
       Auch Neuseeland will keine diplomatischen Vertreter im Februar nach Peking
       schicken. Wie Vize-Premier Grant Robertson am Dienstag erklärte, sei aber
       eher die anhaltende Pandemie einer der Hauptgründe für die Entscheidung:
       „Wir haben China gegenüber bei zahlreichen Gelegenheiten unsere Besorgnis
       über Menschenrechtsfragen deutlich gemacht – erst kürzlich hat die
       Ministerpräsidentin mit Präsident Xi darüber gesprochen“, sagte Robertson
       laut dem staatlichen Fernsehsender TVNZ.
       
       „China weiß sehr wohl, wie wir zu den Menschenrechten stehen, aber wir
       hatten uns bereits entschieden, nicht teilzunehmen“, erklärte Neuseelands
       stellvertretender Ministerpräsident. China sei bereits über die
       Entscheidung im Oktober informiert worden.
       
       Sowohl die australische als auch die japanische Regierung haben
       angekündigt, in der Frage der Entsendung eines diplomatischen Vertreters
       noch beraten zu wollen. Japans Ministerpräsident Fumio Kishida erklärte am
       Dienstag, sein Land werde bei der Entscheidung eine Reihe von Faktoren
       berücksichtigen. Dazu zählten der Zweck der Olympischen Spiele, die
       diplomatische Situation und Japans eigene nationale Interessen, so Kishida.
       
       Das kanadische Außenministerium teilte mit, Kanada sei „zutiefst
       beunruhigt“ über die Berichte über Menschenrechtsverletzungen in China.
       „Wir wurden über die Entscheidung der USA informiert und werden diese
       Angelegenheit weiterhin mit unseren Partnern und Verbündeten diskutieren“,
       erklärte das Ministerium. Der einzige Staatschef, der Chinas Einladung zu
       den Spielen bisher angenommen hat, ist der russische Präsident Wladimir
       Putin.
       
       7 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
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