# taz.de -- „Sløborn“-Fortsetzung bei ZDFneo: Schutzlos auf der Insel
       
       > Christian Alvart hat die zweite Staffel der Serie „Sløborn“ vom realen
       > Pandemie-Geschehen entkoppelt. Todesangst bekommt man trotzdem.
       
 (IMG) Bild: Herm, Evelin und Devid trauen ihren Augen nicht, was sie auf dem Festland erwartet
       
       Kinder und Jugendliche verschont das Virus. So kommt es, dass die
       Bevölkerung der fiktiven Nordseeinsel Sløborn in der zweiten Staffel der
       gleichnamigen Serie nicht nur dezimiert ist, sondern auch einen
       sensationell niedrigen Altersdurchschnitt hat. Im Grunde werden nur drei
       Haushalte geführt: Evelin Kern (Emily Kusche) muss gleichzeitig ihre
       Schwangerschaft und ihre drei jüngeren Brüder managen. Immerhin unterstützt
       sie der Schriftsteller Nikolai Wagner (Alexander Scheer).
       
       Anderenorts erfährt die partyaffine WG um den örtlichen Drogendealer Jan
       Fisker (Mads Hjulmand) immer mehr Zulauf aus dem Projekt „Neue Chance
       Sløborn e. V.“ für straffällige Jugendliche. Denen behagt die harte Arbeit
       auf dem neuen Bauernhof nicht, die Sozialarbeiterin Freja (Karla Nina
       Diedrich) für sie hat. Ihnen allen droht Gefahr von den Piraten, die die
       Insel jeden Dienstag heimsuchen.
       
       „Sløborn“, die erste Staffel, das war im Juli 2020 die Serie der Stunde,
       nämlich der (Corona-)Pandemie. Vor dieser staunte man nicht schlecht, wie
       sich deren Verlauf antizipieren ließ: die Gesichtsmasken und die
       Abstandsgebote; der virologisch gebotene Umgang mit infektiösen
       Verstorbenen und die Unmöglichkeit einer Trauerfeier; die
       [1][Verschwörungstheoretiker], die gegen die Eingriffe in ihre Grundrechte
       auf die Straße gingen … Aber was heißt hier Verschwörungstheoretiker?
       
       ## Eine Art „Herr der Fliegen“-Reboot
       
       Um schnell ein Gegenmittel zu finden, haben Forscher auf dem Festland
       tödliche Menschenversuche durchgeführt. Und die Regierung hat bei der
       Evakuierung der Insel als Infektionsherd die Kranken nicht von den (noch)
       Gesunden isoliert und so deren Infektion und Tod billigend in Kauf
       genommen: Staatsräson nach dem Weltbild von Verschwörungstheoretikern –
       oder einfach nur legitime Phantasie eines Genrefilmers wie Christian
       Alvart.
       
       Der Umstand, dass die fiktionale Serie damals nicht etwa im Giftschrank
       des „Staatsfernsehens“ gelandet ist, hat den realen „Querdenkern“ natürlich
       nicht zu denken gegeben. Wohl aber offenbar Christian Alvart und dem ZDF
       selbst. Sieht man nämlich nun diese zweite Staffel „Sløborn“, muss man
       annehmen, dass ihnen die brennende Aktualität der ersten Staffel im
       Nachhinein dann doch ein bisschen, nun ja, zu heiß geworden ist. Und sie
       ihre Serie deshalb vom realen Pandemiegeschehen lieber gleich komplett
       entkoppelt haben.
       
       Übrig geblieben ist so eine Art „Herr der Fliegen“-Reboot, wie man es
       zuletzt auch schon in Serien wie „The Wilds“ und [2][„Yellowjackets“]
       gesehen hat. Zwei Fraktionen, die einander gegenüberstehen. Disziplin und
       Ekstase. Eifersüchteleien und Machtkämpfe. Gruppendynamik und Eskalation
       von Gewalt.
       
       Am Anfang tackert Freja noch rührig die Visitenkarte ihres Vereins an jede
       handgeschriebene Bitte, die Rechnung für das in der Notsituation
       beanspruchte Lebensmittel oder Fahrrad an diesen zu schicken. Später ist
       sie zur Westentaschen-Diktatorin mutiert, lässt einen ihrer Jugendlichen in
       Ketten legen und hängt ihn an einen Traktor, bevor sie dessen Anlasser
       betätigt. Kinder und Jugendliche verschont das Virus. Die Pandemie kann für
       sie trotzdem tödliche Folgen haben.
       
       10 Jan 2022
       
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