# taz.de -- Neustart für die Saar-Grünen: Langjähriger Dominator abgestraft
       
       > Das Oppositionslager setzt sich gegen den ehemaligen Anführer Hubert
       > Ulrich durch. Spitzenkandidatin wird die 31-jährige Juristin Lisa Becker.
       
 (IMG) Bild: „Es gibt kein Zurück in die alten Zeiten.“ Lisa Becker bei einer Rede Anfang Januar in Saarbrücken
       
       FRANKFURT/MAIN taz | „Es gibt kein Zurück in die alten Zeiten.“ Lisa Becker
       klingt erleichtert. Die Dominanz des langjährigen Ex-Landeschefs der
       Saar-Grünen, [1][Hubert Ulrich], scheint überwunden. In Spiesen-Elversberg
       hat die 31-Jährige bei der Grünen-Wahlkreisversammlung am Samstag 33 von 45
       Stimmen erhalten. Sie kandidiert nun als Nummer eins in „ihrem“ Wahlkreis.
       
       Und seit zwei Wochen ist Becker auch bereits Grünen-Spitzenkandidatin auf
       der Landesliste. In einer Kampfabstimmung hatte sie sich mit 111 zu 80
       Stimmen gegen die Vize-Landesvorsitzende Kiymet Göktas aus Saarlouis
       durchgesetzt, einer Ulrich-Vertrauten. Über die Landesliste zieht im
       Saarland aber nur ein Fünftel der Abgeordneten in den Landtag ein.
       Entscheidend sind die Wahlkreise.
       
       Die Wahl am Samstag war die letzte von vier wichtigen Wahlgängen. Nur in
       Saarlouis siegte Göktas, alle anderen wichtigen Positionen erstritten
       Mitglieder der Ulrich-Opposition. Den aussichtsreichen Platz zwei im
       Wahlkreis Neunkirchen erhielt der Sprecher der Grünen Jugend, Santino Klos.
       Der 18-Jährige gehört wie auch die Spitzenkandidatin im Wahlkreis
       Saarbrücken Anne Lahoda zum „Grünen-Bündnis-Saar“, in dem sich die
       parteiinterne Opposition gegen Ulrich formiert hatte.
       
       ## Frühere Grünen-Chefin nennt Neustart „historisch“
       
       Als „historisch“ begrüßte denn auch die frühere Bundesvorsitzende der
       Grünen, Simone Peter, die Entwicklung. Sie kennt die trüben Verhältnisse in
       ihrem einstigen Landesverband aus ihrer Zeit als Umweltministerin im
       Saarland.
       
       Über drei Jahrzehnte gab der heute 64-jährige Ulrich den Dominator bei den
       Saar-Grünen: Gegen die Stimmung in der Partei hatte er 2009 eine
       Jamaika-Koalition mit CDU und FDP eingefädelt. Immer wieder sorgte er für
       Negativschlagzeilen. Mal hatte Ulrich günstig erworbene Dienstwagen mit
       Profit verkauft, mal musste er einräumen, eine Spende von einem bekannten
       Unternehmer und FDP-Politiker angenommen zu haben.
       
       Nach dem Misserfolg bei der Landtagswahl 2017 zog er sich aus der
       Landespolitik zurück, um vier Jahre später ein spektakuläres Comeback
       hinzulegen. Er ließ sich zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl
       wählen. Die parteiinterne Opposition focht die Wahl jedoch an und bekam vor
       den Parteigerichten Recht. Die zweite Landesliste, ohne Ulrich, scheiterte
       aber am Bundeswahlleiter, weil man Ulrichs Delegierte aus Saarlouis bei der
       Wahl ausgeschlossen hatte. Die Grünen standen so im Saarland [2][nicht auf
       den Wahlzetteln zur Bundestagswahl].
       
       Für dieses Desaster macht das Grüne-Bündnis-Saar Ulrich verantwortlich. Er
       selbst wirft seinen Gegnern „undemokratische Machenschaften“ vor. Ein
       Ulrich-Porträt im Online-Auftritt des Saarländische Rundfunks trägt
       allerdings den Titel: „Der Totengräber“.
       
       ## Becker wirbt um enttäuschte Grünen-WählerInnen
       
       Lisa Becker, die neue Nummer eins der Saar-Grünen, sieht nun gute Chancen,
       nach der Wahl am 27. März in den Landtag einzuziehen. Die Juristin, die
       beim Landkreistag arbeitet, bekommt es allerdings mit neuer Konkurrenz zu
       tun. Auf der Liste „Bunt.Saar“ kandidieren [3][von Grünen und Linken
       enttäuschte KlimaschützerInnen]. Becker sagte dazu der taz: „Ich denke,
       wenn sie wieder das Original wählen können, werden viele bei uns ihr Kreuz
       machen.“
       
       16 Jan 2022
       
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