# taz.de -- Wissenschaft für alle: Jeder kann Expertin sein
       
       > Im Jahr 2031 ist die Wissenschaft volksnah und verständlich.
       > Unsicherheiten und Abwägungen wurden abgeschafft, jetzt gibt es nur noch
       > Fakten.
       
 (IMG) Bild: Wir schreiben das Jahr 2031 und jeder kann bauernschlaue Expertin sein
       
       Früher wollten alle wissen, was sie erwartet, heute haben die meisten schon
       von der Gegenwart genug. Wir blicken trotzdem [1][einmal im Monat immer
       ein Jahr voraus].
       
       Wir schreiben das Jahr 2031. Der Blick auf die Wissenschaft hat sich
       wohltuend verändert. Die ist viel volksnäher geworden und hat kaum noch
       etwas von dem enigmatischen Geraune für Eingeweihte, das uns Laien noch vor
       wenigen Jahren stets so verwirrte. Den Umschwung haben wir [2][der
       Coronapandemie] (2020–2028) zu verdanken. Im Verlaufe der nicht enden
       wollenden Seuche fingen die Menschen aus Angst, Ungeduld oder Renitenz an,
       geschmeidigere Informationswege zu gehen.
       
       Vorbei die Zeit, da man scheel angesehen wurde, nur weil man einem
       pensionierten Hals-Nasen-Hodenarzt in pandemischen Fragen mehr Glauben
       schenkte als pseudorenommierten „Fachleuten“, die sich ja bekanntlich immer
       gern mit Ausflüchten wie „Wir wissen das noch nicht genau“ oder „Aufgrund
       neuer Erkenntnisse haben wir unsere Ansichten geändert“ aus der
       Verantwortung zu stehlen trachten.
       
       ## Jetzt herrscht bauernschlaue Hemdsärmeligkeit
       
       Denn die Leute wollen nun mal Fakten. Mit ihren Eiertänzen können die
       besagten Spezialisten daher gerne als Jongleure im Zirkus Larifari
       auftreten, aber bitte nicht mehr in der Öffentlichkeit. Schließlich weiß
       doch jedes Kind: Was zu kompliziert klingt, kann nur zu umständlich erklärt
       worden sein.
       
       Nun regiert bauernschlaue Hemdsärmeligkeit und jeder kann Expertin sein.
       Bäckerin, Virologe, Journalistin – das alles sind keine geschützten
       Berufsbezeichnungen. Ausbildungen sind Schnee von gestern, so können auch
       Vakanzen schneller und flexibler besetzt werden. Vom Tellerwäscher zum
       Philosophen – das Wollen bestimmt das Sein.
       
       Das beste Beispiel ist mein polnischer Futurologe Zbigniew. Er stammt aus
       Thorn wie sein großes Vorbild Nikolaus Kopernikus. Kennengelernt habe ich
       ihn als meinen Urologen und davor war er Klempner. Jetzt hat er erneut
       umgesattelt, weil ihn, so seine Worte, „die Zukunft mehr interessiert als
       ausgeleierte Urogenitaltrakte“.
       
       Sein geliebtes Ultraschallgerät hat Zbigniew in die neue Tätigkeit
       integriert und analysiert damit die Jahresringe frisch gefällter Bäume und
       die Handlinien seiner ehemaligen Patienten. Aus deren sterilem Mittelstrahl
       liest er überdies gesellschaftliche Entwicklungen ab, und mithilfe der
       Sterne sagt er relevante tektonische Verschiebungen sowie die
       Fußballweltmeister der kommenden hundert Jahre voraus.
       
       Das Wetter in der nahen Zukunft entnimmt er Presse, Funk und Fernsehen.
       „Futurologie ist kein Hexenwerk“, merkt er dazu bescheiden an. „Nur eine
       Mischung aus hartem Handwerk, Recherche, gesundem Menschenverstand und
       einer Prise Intuition.“
       
       1 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Deutschland-in-der-siebten-Welle/!5762586
 (DIR) [2] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uli Hannemann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Zukunft
 (DIR) Wissenschaft
 (DIR) Schwerpunkt Utopie nach Corona
 (DIR) Pandemie
 (DIR) Kolumne Zukunft
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Kolumne Zukunft
 (DIR) Kolumne Zukunft
 (DIR) Fußball-EM 2024
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Renten in der Zukunft: Klassentreffen
       
       Im Jahr 2034 ist klar: wir arbeiten alle bis wir 82 sind, Millionen
       Menschen können keine Treppen mehr steigen und man trifft sich nur noch
       digital.
       
 (DIR) Blick in die Zukunft: Nostradamus-Vorhersagen
       
       Im Jahr 2033 ist alles anders. Das hatten uns schon so manche Vorbilder
       vorausgesagt. Unser Autor hält sich dabei am liebsten an den
       Star-Sterndeuter.
       
 (DIR) Kaputtes Klima, mehr Artenvielfalt: Umgekrempelte Biodiversität
       
       Im Jahr 2032 wird in unseren Breiten heimisch, was woanders sonst verdorren
       würde. Menschen gehen wegen der Hautkrebsgefahr kaum mehr aus dem Haus.
       
 (DIR) Ost und West: Und der Zukunft zugewandt
       
       Im Jahr 2030 soll Deutschland nun wieder geteilt werden – auf Probe. In
       vierzig Jahren soll dann entschieden werden, was sich besser bewährt hat.
       
 (DIR) Digitalisierung in Deutschland: Endlich Fortschritt
       
       Nein, dass irgendwann überall hierzulande schnelles WLAN und guter Empfang
       zur Verfügung stünden, ha, das wäre übertrieben. Aber es tut sich was!
       
 (DIR) Sport und Politik in der Zukunft: Harmonisch und störungsfrei
       
       Lukaschenko freut sich auf die EM in Belarus und alle freuen sich mit.
       Dieses Mal geht es beim Blick in die Zukunft um den Weltsport im Jahr 2028.