# taz.de -- Ost und West: Und der Zukunft zugewandt
       
       > Im Jahr 2030 soll Deutschland nun wieder geteilt werden – auf Probe. In
       > vierzig Jahren soll dann entschieden werden, was sich besser bewährt hat.
       
 (IMG) Bild: Dystopische Zukunft: Teilung auf Probe
       
       Wir schreiben das Jahr 2030. Vierzig Jahre, also in etwa so [1][lange, wie
       es die DDR gab], gibt es sie nun nicht mehr. Doch das soll sich ändern –
       darüber ist man sich in Ost und West ungewohnt einig. Die kommenden vierzig
       Jahre sollen probeweise wieder im zweistaatlichen Modus ablaufen, ehe man
       sich 2070 erneut zusammensetzen wird, um die in der Zwischenzeit jeweils
       gemachten Erfahrungen gemeinsam auszuwerten: Wie hat sich die Trennung
       angefühlt, was war gut, was war weniger gut und wie soll es in Zukunft
       weitergehen: getrennt oder vereint?
       
       Die Wahnidee eines harmonischen Miteinanders ist jedenfalls vorerst
       geplatzt. Der Versuch, die unpassenden Puzzleteile mit dem Hammer zu fügen,
       konnte ja nur scheitern; die eh nur aus einer Sektlaune heraus entstandene
       Verbindung stellt sich als erwartbar unglücklich heraus. Das Arrangement
       glich einer Zwangsehe: hier die abgezockte Braut, dort der unerfahrene
       Bräutigam.
       
       Und es bringt nun mal nichts, den Partner mit Gewalt nach eigenen
       Vorstellungen umformen zu wollen, weil es uns nicht zusagt, wie er ist. So
       etwas kann nie gutgehen, das hätten wir uns früher überlegen sollen. Die
       andere Person, die andere Nation sein zu lassen, wie sie ist, sie trotzdem
       zu lieben und zu respektieren und gleichzeitig nie sich selbst zu verraten
       – so handelt ein erwachsenes Land.
       
       ## Eines Tages vielleicht ein Wir?
       
       Wo es aber nach vierzig Jahren Ehe noch immer kindischem Gezänk den Vorzug
       gibt, sollte es sich überlegen, ob es nicht alleine besser dran ist,
       beziehungsweise auf „Stinder“ unverbindlichere Verbindungen mit anderen
       Staaten eingeht, die sich auf Sex und Wirtschaftsbeziehungen beschränken.
       Es muss nicht immer [2][gleich eine Wiedervereinigung] sein.
       
       „Das ist im Grunde wie bei uns zu Hause“, stellt meine Hausnymphe
       Apocalypso fest. „Frieden herrscht nur, wenn der eine – so wie du in
       unserem Fall – die Überlegenheit der anderen bedingungslos anerkennt. Sonst
       ist die Trennung praktisch vorgezeichnet.“
       
       Die ist immerhin einvernehmlich. Schnell sind die Güter aufgeteilt – VW
       hier [3][und Tesla dort] –, etablieren sich die neuen Hauptstädte Bonn und
       Bautzen. Mithilfe polnischer, israelischer und US-amerikanischer Fachkräfte
       entsteht ein hindernisartiges Deeskalationstool, hier antifaschistischer
       und dort antikapitalistischer Schutzwall genannt, bewacht von beiden
       Seiten. In diesem Punkt zeigt sich auf einmal lange nicht gesehene
       Eintracht – vielleicht gibt es ja doch mehr Gemeinsamkeiten, als man
       dachte, wird aus „[4][Die da“ eines Tages doch noch mal ein „Wir“.] In
       vierzig Jahren wird es sich zeigen.
       
       27 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /DDR/!t5008124
 (DIR) [2] /Wiedervereinigung/!t5021942
 (DIR) [3] /Tesla/!t5009860
 (DIR) [4] /Podcast-Lokalrunde/!5759391
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uli Hannemann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Zukunft
 (DIR) Deutsche Einheit
 (DIR) DDR
 (DIR) West
 (DIR) Ost-West
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Kolumne Zukunft
 (DIR) Verschwörungsmythen und Corona
 (DIR) Romantik
 (DIR) Rechtsextremismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Blick in die Zukunft: Nostradamus-Vorhersagen
       
       Im Jahr 2033 ist alles anders. Das hatten uns schon so manche Vorbilder
       vorausgesagt. Unser Autor hält sich dabei am liebsten an den
       Star-Sterndeuter.
       
 (DIR) Kaputtes Klima, mehr Artenvielfalt: Umgekrempelte Biodiversität
       
       Im Jahr 2032 wird in unseren Breiten heimisch, was woanders sonst verdorren
       würde. Menschen gehen wegen der Hautkrebsgefahr kaum mehr aus dem Haus.
       
 (DIR) Wissenschaft für alle: Jeder kann Expertin sein
       
       Im Jahr 2031 ist die Wissenschaft volksnah und verständlich. Unsicherheiten
       und Abwägungen wurden abgeschafft, jetzt gibt es nur noch Fakten.
       
 (DIR) Verschwörungstheorien unterm Tannenbaum: „Im Zweifel ein Gespräch beenden“
       
       Sonja Marzock von der Beratungsstelle „entschwört“ berät Menschen, deren
       Umgebung Verschwörungstheorien rund um Corona anhängt. Tipps zum Fest.
       
 (DIR) Ursprünge der Impfskepsis: Eine deutsche Besonderheit
       
       In deutschsprachigen Ländern herrscht Misstrauen gegenüber der Impfung. Das
       ist auf die Romantik zurückzuführen – aber auch auf Politikversagen.
       
 (DIR) Gewaltbereite Netzwerke im Osten: Aufgeilen am schwachen Staat
       
       In Ostdeutschland erstarkt der Rechtsextremismus nicht wegen
       Impfpflichtdebatten. Sondern weil der Staat ihn verharmlost und sich
       zurückzieht.