# taz.de -- Tickets für die Berlinale: Da tut sich nix mehr
       
       > Wer in diesem Jahr zur Berlinale will, kann nur noch online Tickets
       > erwerben. Die Jagd auf die besten Filme gleicht eher einer Lotterie.
       
 (IMG) Bild: Es könnte so schön sein, trotz Omikron!
       
       Auch wir, also mein Mann, unsere Kinder und ich, haben überlegt, ob wir
       i[1][m Moment wirklich ins Kino gehen] sollen. Aber nach Wochen von
       Homeoffice und Homeschooling wegen Quarantäne geht es inzwischen nicht mehr
       nur um physische Gesundheit. Wir sind traurig. Wir sind müde. Und wir haben
       Hunger.
       
       Der achtjährige Sohn und die dreizehnjährige Tochter wissen nicht einmal
       mehr, wie oft wir im letzten Winter vor Corona im Theater, im Kino und im
       Konzert waren. Beide sind vollständig geimpft, wir Erwachsenen sogar
       geboostert. Wir vermeiden so gut es geht öffentlichen Nahverkehr. Und wir
       wissen, dass die Kinos gut durchlüftet sind.
       
       Also ringen wir uns durch, wenigstens zwei oder drei Tage Berlinale
       mitzunehmen, am liebsten wie früher: je drei oder vier Filme hintereinander
       weg. Aber das erweist sich leider als unmöglich. Denn wer bei dieser
       Berlinale Tickets will, darf sich nicht mehr an den Kartenschaltern am
       Potsdamer Platz oder in den Kinos anstellen und nebenbei noch [2][ein
       bisschen mit Cineast*innen plaudern].
       
       So sinnvoll es ist zurzeit, Kinosäle nur halb zu besetzen: Es macht einfach
       keinen Spaß, unter diesen Bedingungen Tickets zu kaufen. Jeden Tag
       pünktlich um 10 Uhr beginnt der Run auf die Vorstellungen in drei Tagen,
       alle anderen sind eh schon weg. Wer nur etwas zu spät kommt, geht leer aus.
       
       ## Wartelisten gibt es auch nicht
       
       Und auch, wer für drei Vorstellungen am selben Tag buchen möchte, hat
       eigentlich ohne Gehilfen keine Chance. Denn in Sekunde 10 nach 10 Uhr
       morgens sind nach dem endlich erfolgreichen Erwerb der ersten beiden
       Tickets bereits alle anderen Tickets für eine weitere Vorstellung
       ausgebucht – und Wartelisten gibt es auch keine.
       
       Und das gilt nicht nur für die beliebten Filme im Wettbewerb oder die
       deutschen Filme mit bekannten Schauspieler*innen, das gilt ebenso für
       indonesische Dokumentarfilme über vergessene Maler aus Bahrain mit
       Überlänge. Und wie wir es in den nächsten Tagen um 10 Uhr schaffen sollen,
       Tickets für die folgenden zu erwerben, steht ebenfalls noch in den Sternen,
       denn nicht immer hat eine*r von uns Zeit, am Rechner zu sitzen.
       
       „Mach dich locker“, sagt der Ressortleiter in der Morgenkonferenz, als ich
       mich bitterlich beschwere. Er ist ein alter Berlinale-Hase. „Da geht im
       Lauf des Tages immer mal wieder was. Das ist wie Lotterie.“ Ich mache mich
       locker, obwohl ich außer einer Plastiknelke auf dem Rummelplatz noch nie
       irgendwas gewonnen habe. Immer mal wieder schaue ich auf der Website der
       Berlinale nach, aber meine Favoriten sind und bleiben ausverkauft. Um 13.35
       Uhr schreibt der Ressortleiter: „Du hattest recht. Heute tut sich nix mehr
       an der Kartenfront!“
       
       Um 14.40 Uhr dann: „Es gibt wieder Tickets.“ Als ich es nach meiner kurzen
       Kaffeepause sehe, ist es schon wieder zu spät. „Es gab alles noch mal, aber
       völlig ohne Vorankündigung. Wie soll man da auf Jagd gehen?“
       
       Ich jedenfalls kann nicht von früh bis spät die Website der Berlinale
       beobachten.
       
       11 Feb 2022
       
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