# taz.de -- Oversized Wollmützen: Bohne auf der Birne
       
       > Je weniger Winter, desto mehr Wollmütze. Ob beim Lockdown-Tee im Park
       > oder beim Quarantäne-Dinner – die übergroße „Beanie“ ist immer dabei.
       
 (IMG) Bild: Ja, sie wärmt! Frau in Hamburg trägt eine Wollmütze
       
       Die charmanteste Wollmützenträgerin aller Zeiten ist ganz sicher Audrey
       Hepburn. In der Anfangsszene von „Charade“ frühstückt sie als Regina
       Lampert auf einer Schweizer Skihütte, mit dem Rücken zum Berg und mit einer
       schwarzen, auf den allerletzten Millimetern ihres hübschen Hinterkopfes
       sitzenden, viel zu großen Wollmütze.
       
       Als ein kleiner Junge sie aus seiner Wasserpistole bespritzt, kommt seine
       Mutter. Die trägt eine Wollmütze mit Bommel und wird von der Hepburn
       gefragt: „Kann der nicht mal was Konstruktives machen? Eine Lawine
       lostreten oder so?“
       
       Was damals noch gleichzeitig existierte, ist heute einer starken
       Eintönigkeit zugunsten der bommelfreien Mütze, der sogenannten „Beanie“,
       gewichen. Mützentrends lassen sich heutzutage nach folgender Faustregel
       bestimmen: je weniger Winter, desto höher die Wollmütze. Und so ist die
       Beanie das Accessoire dieses und vielleicht auch schon des letzten und
       vorletzten Winters. So viel oversized Wollmütze wie diesen Winter war aber
       selten und das schon seit ca. Mitte Oktober.
       
       Die Beanies werden jetzt nicht mehr auf 3.000 Metern getragen, sondern im
       ICE, im Museum, im Supermarkt, beim Lockdown-Tee im Park genauso wie beim
       Pandemie-Wodka in der Kneipe oder beim Dinner mit befreundetem Hausstand in
       der eigenen Quarantänegemeinschaft. Also immer. Die Beanie ist natürlich
       nicht einfach eine zu groß geratene Wollmütze, die man vergessen hat,
       abzusetzen, sondern ein Trend, der beiläufig aussehen soll, obwohl er
       penibel geplant ist.
       
       Die Beanie leitet sich aus dem Englischen für Bohne ab, womit die Kopfform
       gemeint ist, die im Deutschen Birne heißt. Beanies gab es mal mit Propeller
       obendrauf, so oder ohne trugen sie Skater, Snowboarder und Rapper – und
       heute eben alle.
       
       Wichtig bei der Beanie ist nicht nur, dass das Ding nach oben hin so
       aussieht wie eine Sahnehaube oder eine Bierschaumkrone, die umzukippen
       droht. Genauso wichtig ist auch, dass der unten umgeschlagene Teil
       ebenfalls irre oversized ist, damit das Logo des Herstellers entsprechend
       oversized drauf passt. Auf dass es noch vom Matterhorn aus auf dem Kopf
       eines Passagiers in der Hamburger U-Bahn zu sehen ist, der grade überlegt,
       ob er seine Sitznachbarin mit einer Wasserpistole bespritzen soll oder doch
       lieber eine Lawine lostreten.
       
       Würde man Wollmützenträger*innen fragen, warum sie diese Mützen
       ständig aufhaben, wäre „weil sie wärmt“ wohl die überraschendste Antwort.
       
       13 Feb 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Doris Akrap
       
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