# taz.de -- Europäisches Lieferkettengesetz: Firmen kontra Verbände
       
       > Mehr als 100 Unternehmen fordern ein Gesetz zur Einhaltung der
       > Menschenrechte in der ganzen Wertschöpfung. Nun ist die EU am Zug.
       
 (IMG) Bild: Hier wird für Ikea produziert: Das Möbelhaus hat sich für das Lieferkettengesetz ausgesprochen
       
       BERLIN taz | Es geht hin und her. Mehr als 100 Unternehmen sprechen sich
       für ein [1][europäisches Lieferkettengesetz] aus. In ihrer am Dienstag
       veröffentlichten Erklärung fordern sie, „alle Firmen in der Europäischen
       Union“ zum Schutz der Menschenrechte und Umwelt zu verpflichten.
       Wirtschaftsorganisationen wie der Bundesverband der Deutschen Industrie
       (BDI) warnen dagegen vor Regelungen, die Unternehmen zu sehr binden.
       
       Eine wichtige Etappe in der Auseinandersetzung steht am 23. Februar an.
       Dann wird die EU-Kommission wohl ihren Vorschlag zur „nachhaltigen
       Unternehmensführung“ veröffentlichen. Damit will sie unter anderem
       erreichen, dass Beschäftigte, die weltweit Produkte für europäische Firmen
       fertigen, einigermaßen erträgliche Arbeitsbedingungen vorfinden, etwa die
       Löhne zur Existenzsicherung ausreichen und Mindesturlaub gewährt wird.
       
       Unter den Befürwortern des EU-Lieferkettengesetzes finden sich kleine und
       große Firmen, etwa der Möbelhersteller Ikea, der Lebensmittelkonzern Danone
       und das Transportunternehmen Hapag-Lloyd. Sie achten teilweise stärker auf
       die ökologischen und sozialen Menschenrechte bei Zulieferern und fürchten
       Kostennachteile gegenüber den Konkurrenten, die dies nicht tun.
       
       ## Gesetz gilt nicht für alle
       
       Die „zivilrechtliche Haftung“ gehört ebenfalls zu den Forderungen. Die EU
       solle ermöglichen, dass Firmen vor Gericht auf Schadenersatz verklagt
       werden können, wenn die Menschenrechte in ihren Lieferketten verletzt
       werden.
       
       Manchen Wirtschaftsorganisationen auch in Deutschland geht so etwas zu
       weit. So schrieb der BDI im Zuge der Beratungen über das
       EU-Lieferkettengesetz an die Kommission, die zivilrechtliche Haftung müsse
       ausgeschlossen werden. Außerdem seien nur „Direktlieferanten“ hiesiger
       Unternehmen in die Regulierung einzubeziehen. Das entsprechende Schreiben
       liegt der Initiative Lieferkettengesetz vor, einem Zusammenschluss von
       Entwicklungs-, Bürgerrechts- und Umweltorganisationen. Die Initiative
       kooperiert mit den 100 Unternehmen, die sich eine konsequente
       EU-Regulierung wünschen.
       
       Johanna Kusch, Sprecherin der Initiative, forderte am Dienstag eine
       EU-Regulierung, die über [2][das deutsche Lieferkettengesetz] hinausgeht.
       Dieses hat der Bundestag im vergangenen Jahr beschlossen. Es bindet
       allerdings nur hiesige Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten –
       manche Firmen mit Menschenrechtsproblemen müssen sich also nicht an die
       Verpflichtungen halten.
       
       8 Feb 2022
       
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