# taz.de -- Musical am Theater Lübeck: Melodische Werftenkrise > Mit dem Sting-Musical „The last Ship“ bringt das Theater Lübeck die > Werftenkrise auf die Bühne. Das Stück wirft wichtige Fragen auf, hat aber > Längen. (IMG) Bild: Klare Rollenverteilung: Dem Werfchef stellen sich in „The last ship“ die Werftarbeiter entgegen HAMBURG taz | Ein Sting-Musical? Da denkt man womöglich an Bühnendarstellungen von Hits wie „Englishman in New York“ oder „Fields of Gold“. Tatsächlich wird in Lübeck aber Musik vorgetragen, die nur für „The Last Ship“ geschrieben wurde: Das Musical ist aus einer Schaffenskrise Stings heraus entstanden, also: in einer Zeit, in der sich der britische Musiker intensiv mit seinem Geburtsort, der Werftstadt Wallsend auseinandersetzte. Und darum dreht sich auch „The Last Ship“ – um Werften, Seefahrt und das Gemeinschaftsgefühl der Arbeiter. „Odysseus, willkommen auf Ithaka“, sagt ein alter Freund zur Hauptfigur Gideon, der einst sein Zuhause verließ, um nicht das Leben eines Werftarbeiters wie sein Vater führen zu müssen. Auf den Rückkehrer warten jedoch keine Freier, die er vertreiben muss. Stattdessen geht es um eine Wirtschaftskrise: Nach ausbleibenden Investitionen soll der Bau des Schiffes mit dem sprechenden Namen Utopia abgebrochen werden, obwohl nur noch wenige Tage bis zur Fertigstellung benötigt werden. Angeordnet wird die Zerlegung des Schiffes, um noch die Rohstoffe verkaufen zu können. Die von Entlassung bedrohten Arbeiter, für die jedes gebaute Schiff als Sinnstiftung fungiert, proben den Aufstand. Gegen den Willen des Werftleiters Newlands machen sie sich an die Vollendung der Utopia. Malte Lachmanns Inszenierung beginnt und endet mit Aufnahmen der Stadt Lübeck auf der großen Leinwand. Schon die Rahmung stellt klar, dass die Konflikte, die hier verhandelt werden, [1][nicht nur im englischen Wallsend stattfinden.] ## Reicht Arbeit als Sinnstiftung? Das erlaubt „The Last Ship“ interessante Fragen mit Nachdruck aufzuwerfen: Gerade in einer Zeit, in der viel von einer ökologischen Wende der Wirtschaft die Rede ist und [2][große Werften Insolvenzanträge stellen], sind sie hochaktuell: Wie kann man Menschen, die nach Jahrzehnten ihren Job aufgeben müssen, neue Perspektiven bieten? Wie sehr kann unsere Arbeit als Sinnstiftung dienen? Und ist eine extreme Identifikation mit einer beruflichen Tätigkeit überhaupt erstrebenswert? Dennoch weist die fast dreistündige Aufführung einige Längen auf. Abgesehen vom Titelsong hinterlassen wenige der mal Englisch, mal Deutsch vorgetragenen melancholisch-pathetischen Passagen einen nachhaltigen Eindruck. [3][„The last ship“, Theater Lübeck,] Großes Haus, am 6.3. um 16 Uhr, sowie am 12. und 19.3. um 19.30 Uhr 26 Feb 2022 ## LINKS (DIR) [1] /Insolvenz-norddeutscher-Werften/!5825412 (DIR) [2] /Insolvenz-der-MV-Werften/!5825381 (DIR) [3] https://www.theaterluebeck.de/produktionen/the-last-ship_2021-22.html ## AUTOREN (DIR) Lenard Brar Manthey Rojas ## TAGS (DIR) Werften (DIR) Arbeitsplätze (DIR) Industriepolitik (DIR) Theater (DIR) Lübeck (DIR) Seefahrt (DIR) Meyer-Werft (DIR) Schiffbau (DIR) Geschlechter ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Museumsbesuch mit Kapitän: Der letzte Wikinger Als Hochseefischer befuhr Wolfgang Gewiese mehr als 40 Jahre lang den Nordatlantik. Wir besuchen mit ihm eine Ausstellung über den Mythos Seefahrt. (DIR) Personalabbau bei der Meyer-Werft: Härtefallhilfe ändert nichts Die Meyer-Werft bekommt 14 Millionen Euro „Härtefallhilfe“. Arbeitsplätze werden trotzdem wie geplant abgebaut. (DIR) Werftenkrise in MV und Bremerhaven: Insolvent, aber mit neuen Chancen Die Insolvenz trifft 2.200 Mitarbeiter bei den MV Werften an der Ostsee und bei Lloyd in Bremerhaven. Viele hoffen auf einen klimafreundlichen Neustart. (DIR) Theater-Wiederentdeckung: Eva und die Schwachdenker Verdienstvolle Schatzgräberarbeit: Das Theater Lübeck bringt Anna Gmeyners 90 Jahre alte Geschlechterkampf-Satire „Automatenbüffet“ auf die Bühne.