# taz.de -- Facebook sperrt Hamburger NGO: „Demokratischer Schaden“
       
       > Nachdem die NGO Goliathwatch Kritik an Facebook veröffentlicht hat, ist
       > ihre Facebook-Seite gesperrt. Eine Handhabe dagegen gibt es nicht.
       
 (IMG) Bild: Daumen runter: Facebook hat die Seite der Hamburger NGO Goliathwatch gesperrt
       
       HAMBURG taz | Seit dem 12. Februar ist die Facebook-Seite der Hamburger
       Organisation Goliathwatch nicht mehr erreichbar. Facebook begründete die
       Sperrung in einer Mail an Goliathwatch damit, dass die Organisation
       angeblich „betrügerisch, irreführend oder gesetzeswidrig Informationen“
       verbreitet hätte. Thomas Dürmeier, Geschäftsführer von Goliathwatch, kann
       die Begründung nicht nachvollziehen. Einen konkreten Anlass habe es nicht
       gegeben. „Klar, wir haben uns kritisch geäußert, aber ist das verboten? In
       was für einer Welt leben wir denn?“, sagt er der taz.
       
       [1][Goliathwatch] berichtet über Wirtschaft und Menschenrechte und
       kommentiert aktuelle Entwicklungen. Das erklärte Ziel: mehr Demokratie
       anstelle der Macht von Großkonzernen. Einer der Goliaths, an denen der
       Verein sich neben Google abarbeitet, ist der Facebook-Nachfolgekonzern Meta
       Europe.
       
       „[2][Facebook] nutzt ein Geschäftsmodell, dass mit demokratischen und
       menschenrechtskonformen Standards nicht übereinstimmt“, sagt Dürmeier.
       „Facebook stellt den Profit durch Werbemaßnahmen über einen fairen
       demokratischen Diskurs.“ Gründer Mark Zuckerberg behaupte, er wolle
       Menschen verbinden, spalte in Wahrheit aber. „Das ist paradox.“
       
       Dürmeier meint, Goliathwatch habe sich auf Facebook vergleichsweise
       moderat geäußert. Die NGO hatte die Entwicklungen um die ehemalige
       Facebook-Mitarbeiterin und Whistleblowerin [3][Frances Haugen] geteilt,
       auch die Facebook-Kritik von [4][Jan Böhmermann] war auf der Seite geteilt
       worden.
       
       Böhmermann folgen auf Facebook eine Millionen Menschen, Goliathwatch knapp
       500. Das könne ein Grund dafür sein, warum Böhmermann, anders als
       Goliathwatch, weiter kritisch seine Meinung äußern könne, meint Dürmeier.
       „Wir sind in diesem Falle David. Wäre der Account von Böhmermann dicht,
       würde das einen großen medialen Aufschrei nach sich ziehen.“
       
       Kurz vor Weihnachten hatte Goliathwatch eine [5][Protestaktion vor dem
       Facebook-Sitz in Hamburg initiiert und die Spaltung von Facebook
       gefordert]. Das dürfte dem Konzern nicht geschmeckt haben. „Facebook will
       seine Kritiker und uns mundtot machen. Transparenz? Fehlanzeige. Nur weil
       wir uns für faire digitale Wahlwerbung eingesetzt haben und europaweit
       schärfere Kartellpolitik wie in den USA einfordern, werden wir verbannt“,
       meint Dürmeier. „Wir müssen den demokratischen Schäden und den
       Menschenrechtsverletzungen durch die Firmenpolitik von Mark Zuckerberg
       endlich wirksame gesetzliche Grenzen setzen.“
       
       Auf den Widerspruch gegen die Sperrung hat Facebook bislang nicht reagiert.
       Goliathwatch erwägt, juristische Schritte einzuleiten. Die NGO steht dazu
       bereits im Austausch mit der [6][Gesellschaft für Freiheitsrechte], einem
       gemeinnützigen Verein mit Sitz in Berlin, der durch strategische Klagen
       Menschen- und Freiheitsrechte durchsetzen will.
       
       „Der Gesetzgeber muss endlich eine unabhängige Beschwerdestelle
       einrichten“, fordert Dürmeier. Wie die freiwillige Beschwerdestelle von
       Facebook zusammengesetzt wurde, falle weit hinter Schutzstandards für freie
       Öffentlichkeit zurück.
       
       Auch der Datenschutzbeauftragte der Stadt Hamburg, Thomas Fuchs, sieht die
       Praktiken des Meta-Konzerns äußerst kritisch. „Wir können zu dem konkreten
       Fall nichts sagen, da uns der Grund der Sperrung nicht bekannt ist“, so
       Fuchs zur taz.
       
       Grundsätzlich gelte aber, dass Facebook als besonders marktstarkes soziales
       Netzwerk Betroffene vor einer Sperrung informieren und Gelegenheit zur
       Stellungnahme geben müsse. „Insgesamt ist die Transparenz von Facebook
       sowohl bei der Löschpraxis als auch beim Datenschutz unzureichend. Deswegen
       ist es gut, dass hier auf europäischer Ebene weitere Vorgaben für sehr
       große Online-Plattformen geplant sind.“
       
       Eine Stellungnahme zu der Sperrung seitens Facebook erhielt die taz bis zum
       Redaktionsschluss trotz mehrfacher Nachfrage nicht.
       
       1 Mar 2022
       
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